Genie am Schachbrett
Der deutsche Jude Emanuel Lasker war von 1894 bis 1921 Schachweltmeister - länger als jeder andere. Jetzt könnte er einen Nachfolger bekommen: Raphael Lagunow spielt Schach bei TuS Makkabi Berlin und tritt bei der EU-Jugendmeisterschaft an.
Wenn der neunjährige Raphael Schach spielen will, muss er nicht lange suchen: Seine Schwester Elina hat im letzten Jahr die Deutschen Meisterschaften bei den unter 12-jährigen Mädchen gewonnen, sein Vater ist ein internationaler Schachmeister und auch seine Mutter hat als Jugendliche regelmäßig an Schachturnieren teilgenommen.
"Wenn wir spielen, ist natürlich Mama viel besser als ich, aber wir spielen immer Blitz, in fünf Minuten und dann denkt Mama immer zu lange nach und dann verliert sie immer nach Zeit, obwohl ich immer nach Stellung schlechter stehe."
Was hierzulande vielleicht noch manchen erstaunen mag – Schach gilt eher als Hobby oder Sport für Jungen und Männer – war für Raphaels Mutter Julia schon als Kind eine Selbstverständlichkeit:
"Es war einfach faszinierend, es wurde überall gespielt, auf den Bänken, draußen, zuhause, die Großväter haben gegen die Enkel gespielt, wenn man einander eingeladen hat, wurde Schach gespielt, Schach war eigentlich überall präsent und das war auch der Grund, warum auch die weiblichen Familienmitglieder da auch mitreden konnten, also Schach war sozusagen in aller Munde, unabhängig vom Geschlecht oder der Nationalität."
Keine Frage: Das Schach spielen im Hause Lagunow ist keine jüdische, sondern eine russische Tradition, zumal Julia Lagunows Mann Alexander kein Jude ist. Der 43-Jährige, der in Nowosibirsk aufgewachsen ist und seine Frau vor 20 Jahren bei einem internationalen Schachturnier in Ungarn kennengelernt hat, kannte zwar schon als Kind die Regeln des Brettspiels, aber dass aus dem Hobby eine Leidenschaft wurde, war eigentlich ein Zufall:
"Durch einen Umzug in eine größere Wohnung, die mein Vater gekriegt hat und die lag im vierten Stock, und im ersten Stock hatten wir einen Schachklub, da sind wir mit meinem älteren Bruder öfter hingelaufen. So ist es dazu gekommen. Dazu kam noch, das Ganze hat im Sommer 78 abgespielt und das war ja dieses denkwürdige Match zwischen Karpow und Kortschnoi, wo quasi das ganze Land auf dem Kopf stand vor Aufregung."
Seitdem hat Alexander Lagunow die Begeisterung für Schach nicht losgelassen. Wenn es nach ihm ginge, könnten Elina und Raphael durchaus etwas mehr trainieren, obwohl sie schon jetzt zu den Besten ihrer Jahrgänge in Deutschland gehören. Wer Raphael nach seinen Hobbys fragt, erfährt, dass er nicht nur gern Fußball spielt, sondern auch große Lust auf eine Spielekonsole, einen Nintendo, hätte. Denn Raphael hat nicht immer Lust, zu trainieren:
"Wenn jetzt mein Vater sagt: Willst Du nicht lieber Schachaufgaben machen, dann sag ich: Nein, ich spiel lieber, weil Schach macht mir auch manchmal nicht immer Spaß, ja nur manchmal, also meistens."
Und was sagt Raphaels Vater dazu?
Raphael: "Also, wenn er mich dazu ein bisschen zwingt, dann mach ich irgendwie fünf Schachaufgaben und dann geh ich wieder spielen, danach wieder fünf Schachaufgaben und danach wieder spielen, ja."
Und Raphaels Mutter: Hat sie nicht manchmal Angst, dass ihre Kinder zu sehr auf Schach fixiert sein könnten?
"Das ist schon die richtige Frage, die Sie mir stellen. Ich bin kein absoluter Schachgegner, weil ich selbst früher Schach gespielt habe, aber sehe meine Aufgabe darin, aufzupassen, dass meine Kinder nicht nur Schach machen, sondern einfach breiter in der Entwicklung sind, die spielen auch jeder eine Musikinstrument, und dass sie auch wissen, dass es Bücher gibt und nicht nur Computer, und dass die Schule auch nicht zu kurz kommt, was ja auch bei sehr guten Schachspielern oft der Fall ist, darin seh ich primär meine Aufgabe."
In den nächsten Tagen allerdings ist vor allem Schach angesagt. Am Dienstag beginnt im österreichischen Mureck die Jugendmeisterschaft der EU, an der auch Raphael teilnimmt. "Gewinnen werde ich dieses Turnier sicher nicht", ist der Neunjährige überzeugt. Aber wer weiß, bei der deutschen Meisterschaft lief es für Raphael auch anders als geplant:
"Nach der zweiten Runde, nachdem ich dort verloren hatte, dachte ich: Ach nee, jetzt werd ich mal wieder Fünfter, aber dann ging wieder alles gut und dann haben mir auch andere Spieler geholfen, indem sie zum Beispiel den Favoriten besiegt haben und ich hab den besiegt, der den Favoriten besiegt hat, ja, und dann war alles wieder gut."
Auch Alexander Lagunow muss ein wenig schmunzeln, wenn er an die deutsche Meisterschaft zurückdenkt:
"Ich war leider nicht dabei bei dieser deutschen Meisterschaft, aber was mir erzählt wurde: Er hat einfach gute kämpferische Fähigkeiten dort bewiesen, ja. Er stand fast in jeder Partie sehr, sehr verdächtig, um nicht zu sagen schlecht teilweise, hat sie aber trotzdem fast alle gewonnen, nur ein Remis und eine Partie verloren und neun Partien gewonnen, ein tolles Ergebnis, also die Konkurrenz war schlechter."
In Mureck in der Steiermark wird die Konkurrenz wohl größer sein, schließlich sind Kinder und Jugendliche aus 27 Ländern dabei, aber das ist manchmal auch ein Ansporn für Raphael. Außerdem will er in Österreich ja nicht nur Schach spielen. Wenn das Wetter mitmacht, wollen er und seine Eltern, die ihn begleiten, auch mal baden oder in die Berge gehen. Denn schließlich soll die Reise nach Österreich nicht nur Arbeit sein, sondern auch ein wenig Urlaub.
"Wenn wir spielen, ist natürlich Mama viel besser als ich, aber wir spielen immer Blitz, in fünf Minuten und dann denkt Mama immer zu lange nach und dann verliert sie immer nach Zeit, obwohl ich immer nach Stellung schlechter stehe."
Was hierzulande vielleicht noch manchen erstaunen mag – Schach gilt eher als Hobby oder Sport für Jungen und Männer – war für Raphaels Mutter Julia schon als Kind eine Selbstverständlichkeit:
"Es war einfach faszinierend, es wurde überall gespielt, auf den Bänken, draußen, zuhause, die Großväter haben gegen die Enkel gespielt, wenn man einander eingeladen hat, wurde Schach gespielt, Schach war eigentlich überall präsent und das war auch der Grund, warum auch die weiblichen Familienmitglieder da auch mitreden konnten, also Schach war sozusagen in aller Munde, unabhängig vom Geschlecht oder der Nationalität."
Keine Frage: Das Schach spielen im Hause Lagunow ist keine jüdische, sondern eine russische Tradition, zumal Julia Lagunows Mann Alexander kein Jude ist. Der 43-Jährige, der in Nowosibirsk aufgewachsen ist und seine Frau vor 20 Jahren bei einem internationalen Schachturnier in Ungarn kennengelernt hat, kannte zwar schon als Kind die Regeln des Brettspiels, aber dass aus dem Hobby eine Leidenschaft wurde, war eigentlich ein Zufall:
"Durch einen Umzug in eine größere Wohnung, die mein Vater gekriegt hat und die lag im vierten Stock, und im ersten Stock hatten wir einen Schachklub, da sind wir mit meinem älteren Bruder öfter hingelaufen. So ist es dazu gekommen. Dazu kam noch, das Ganze hat im Sommer 78 abgespielt und das war ja dieses denkwürdige Match zwischen Karpow und Kortschnoi, wo quasi das ganze Land auf dem Kopf stand vor Aufregung."
Seitdem hat Alexander Lagunow die Begeisterung für Schach nicht losgelassen. Wenn es nach ihm ginge, könnten Elina und Raphael durchaus etwas mehr trainieren, obwohl sie schon jetzt zu den Besten ihrer Jahrgänge in Deutschland gehören. Wer Raphael nach seinen Hobbys fragt, erfährt, dass er nicht nur gern Fußball spielt, sondern auch große Lust auf eine Spielekonsole, einen Nintendo, hätte. Denn Raphael hat nicht immer Lust, zu trainieren:
"Wenn jetzt mein Vater sagt: Willst Du nicht lieber Schachaufgaben machen, dann sag ich: Nein, ich spiel lieber, weil Schach macht mir auch manchmal nicht immer Spaß, ja nur manchmal, also meistens."
Und was sagt Raphaels Vater dazu?
Raphael: "Also, wenn er mich dazu ein bisschen zwingt, dann mach ich irgendwie fünf Schachaufgaben und dann geh ich wieder spielen, danach wieder fünf Schachaufgaben und danach wieder spielen, ja."
Und Raphaels Mutter: Hat sie nicht manchmal Angst, dass ihre Kinder zu sehr auf Schach fixiert sein könnten?
"Das ist schon die richtige Frage, die Sie mir stellen. Ich bin kein absoluter Schachgegner, weil ich selbst früher Schach gespielt habe, aber sehe meine Aufgabe darin, aufzupassen, dass meine Kinder nicht nur Schach machen, sondern einfach breiter in der Entwicklung sind, die spielen auch jeder eine Musikinstrument, und dass sie auch wissen, dass es Bücher gibt und nicht nur Computer, und dass die Schule auch nicht zu kurz kommt, was ja auch bei sehr guten Schachspielern oft der Fall ist, darin seh ich primär meine Aufgabe."
In den nächsten Tagen allerdings ist vor allem Schach angesagt. Am Dienstag beginnt im österreichischen Mureck die Jugendmeisterschaft der EU, an der auch Raphael teilnimmt. "Gewinnen werde ich dieses Turnier sicher nicht", ist der Neunjährige überzeugt. Aber wer weiß, bei der deutschen Meisterschaft lief es für Raphael auch anders als geplant:
"Nach der zweiten Runde, nachdem ich dort verloren hatte, dachte ich: Ach nee, jetzt werd ich mal wieder Fünfter, aber dann ging wieder alles gut und dann haben mir auch andere Spieler geholfen, indem sie zum Beispiel den Favoriten besiegt haben und ich hab den besiegt, der den Favoriten besiegt hat, ja, und dann war alles wieder gut."
Auch Alexander Lagunow muss ein wenig schmunzeln, wenn er an die deutsche Meisterschaft zurückdenkt:
"Ich war leider nicht dabei bei dieser deutschen Meisterschaft, aber was mir erzählt wurde: Er hat einfach gute kämpferische Fähigkeiten dort bewiesen, ja. Er stand fast in jeder Partie sehr, sehr verdächtig, um nicht zu sagen schlecht teilweise, hat sie aber trotzdem fast alle gewonnen, nur ein Remis und eine Partie verloren und neun Partien gewonnen, ein tolles Ergebnis, also die Konkurrenz war schlechter."
In Mureck in der Steiermark wird die Konkurrenz wohl größer sein, schließlich sind Kinder und Jugendliche aus 27 Ländern dabei, aber das ist manchmal auch ein Ansporn für Raphael. Außerdem will er in Österreich ja nicht nur Schach spielen. Wenn das Wetter mitmacht, wollen er und seine Eltern, die ihn begleiten, auch mal baden oder in die Berge gehen. Denn schließlich soll die Reise nach Österreich nicht nur Arbeit sein, sondern auch ein wenig Urlaub.