Fußball als Friedensstifter

Von Margarete Limberg · 19.04.2005
Unter dem Motto "Global Players - Fußball, Globalisierung und Außenpolitik" beschäftigten sich im Auswärtigen Amt Experten mit der Bedeutung des Fußballs für die Außen-, Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik. Sie untersuchten, wie Fußball als Friedensstifter fungieren kann und kriegstraumatisierten Kindern bei der Rückkehr in die Gesellschaft helfen kann.
Dass sich eine Veranstaltung im Auswärtigen Amt mit Fußball beschäftigt, ist auf den ersten Blick recht ungewöhnlich, leuchtet auf den zweiten indessen durchaus ein. Fußball ist wie keine andere Sportart global und hat mit Politik und speziell mit Außenpolitik mehr zu tun, als viele glauben, meint jedenfalls die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, die in diesem Zusammenhang von einer positiven Form der Globalisierung spricht:

"Bei beiden geht es um Strategie und Taktik, um die Wahrnehmung und Durchsetzung von Interessen. Diese sollten in einem fairen Wettbewerb ausgetragen und Fouls vermieden werden, damit man sich nicht eine gelbe oder rote Karte einfängt, auch demokratischen Umgang miteinander aufbauen. So gesehen ist Fußballförderung auch eine vertrauensbildende Maßnahme."

Der Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen und Beauftragte der UNO für das Jahr des Sports, der frühere Schweizer Bundespräsident Adolf Ogi, wurde geradezu euphorisch:

"Sport ist die beste Lebensschule. Im Fußball lerne ich zu gewinnen, ohne überheblich zu werden, ich lerne verlieren, ohne in Weltuntergangsstimmung zu machen, ich lerne den Gegner zu respektieren."

Man muss diese überschäumende Begeisterung nicht teilen. Aber dass Fußball gerade in Ländern der Dritten Welt durchaus segensreiche Wirkungen entfalten kann, das zeigen viele Beispiele aus Afrika, Lateinamerika und Asien. Noch einmal Staatsministerin Müller:

"Positiv angewandt kann man mit Fußballförderung in zerrütteten Regionen und Ländern, wie zum Beispiel Afghanistan, zu einem gemeinsamen Kämpfen für etwas auf unbelastete Art und Weise beitragen."

Der frühere Sportjournalist Holger Obermann, seit Jahren als Fußballentwicklungshelfer in zahlreichen Ländern der Dritten Welt unterwegs, hat in Afghanistan mit Kindern beeindruckende Erfahrungen gemacht:

"Wir haben Kinder erlebt, die zum ersten Mal wieder an den Ball getreten haben, Kinder, die zum ersten Mal wieder das Gefühl hatten, ich habe viele Freunde verloren, aber ich habe neue Freunde gewonnen."

In diesem erzkonservativen Land spielen auch Mädchen Fußball. Ein Projekt, das dem Außenministerium besonders wichtig ist, denn es legt Wert darauf:

Kerstin Müller: "… dass sich Toleranz und Gleichberechtigung nicht nur auf die Einbeziehung von verschiedenen Volksgruppen beziehen, sondern auch und gerade auf die Integration von Frauen und Mädchen in soziale Prozesse beziehen muss. Das Auswärtige Amt trägt dem unter anderem durch die Finanzierung seines Fußballprojekts in Afghanistan Rechnung, denn hierzu gehören Turniere der privaten Mädchenfußballvereine, ebenso wie ein viertägiges Seminar für Fußballtrainerinnen"."

Afghanistan ist ein Beispiel von vielen, Sri Lanka nach dem Tsunami ein anderes:

Holger Obermann: ""Auf der einen Seite herrschte großer Optimismus. Auf der anderen Seite war es eine sehr schwierige Aufgabe, mit Kindern zu arbeiten, die zum Großteil durch den Tsunami ihre Eltern verloren haben, im besten Falle noch Geschwister oder gute Freunde hatten. Und die Spielfeste, die wir veranstaltet haben, 2000 Kinder waren involviert, haben uns in allen Punkten bestätigt, dass diese Welt des Zueinanderfindens über den Umweg des Fußballs, mit der Jugend, mit Kindern zu arbeiten, ein ganz gradliniger Weg ist."

Schon 1952 hat das Auswärtige Amt Geld für die Sportförderung in Afrika, Lateinamerika und Asien bereitgestellt. Sie ist seit Jahrzehnten Bestandteil deutscher Entwicklungspolitik, aber lange hat man die Möglichkeiten im sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich unterschätzt.

Inzwischen gibt es erfolgreiche Fußball- Programme in den Slums Brasiliens und in Peru, in Südafrika und in Kalkutta. Im Norden Ugandas, wo einer der grausamsten Bürgerkriege herrscht und Kinder entführt und als Soldaten missbraucht werden, ist Fußball eines der Mittel, um die traumatisierten Jugendlichen wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

So bedeutsam das positive Potential des Fußballs auch sein mag, niemand konnte auf dieser Veranstaltung die negativen Begleiterscheinungen und Auswüchse ignorieren: Kommerzialisierung, Gewalt, Korruption, Diskriminierung und hemmungsloser Nationalismus. Dieser hat schließlich 1969 zu einem Fußball-Krieg zwischen Honduras und El Salvador geführt, bei dem 6000 Menschen ihr Leben verloren.