Ernährung

Veganismus ist nur eine Marotte und kein Megatrend

Vegane Spätzle
Warum nicht einmal vegane Spätzle, wie hier in München? © picture allilance/dpa/Foto: Amelie Geiger
Eine Kolumne von Udo Pollmer · 19.01.2018
Vegane Spätzle, vegane Burger, vegane Würstchen – seit Jahren scheinen die rein pflanzlichen Lebensmittel auf einem unaufhaltsamen Siegeszug zu sein. Doch die Euphorie täuscht: Wenn man sich die Zahlen anschaut, ist der Trend nur ein Sturm im Wasserglas, meint Udo Pollmer.
Hätten Sie’s gewusst? Berlin ist die Hauptstadt – der Veganer! Dort wurde am häufigsten der Begriff "vegan" gegoogelt. Diese Methode, die Zahl der Anhänger zu ermitteln, ist durchaus sinnvoll, schließlich liefern Umfragen eher Lippenbekenntnisse. Wer sich für Veganes interessiert, ist meistenteils jung, internetaffin und stets auf der Suche nach Neuem, um seine Lebensweise noch besser anpreisen zu können. Allein die beiden Begriffe "Hauptstadt" und "Veganer" liefern bei Google 400.000 Treffer. "Vegane Kochbücher sind Bestseller", vermeldet die Szene, "der Umsatz von Fleischalternativen explodiert und in den Medien wird das Thema so häufig aufgegriffen wie nie zuvor". Wenn das kein Beweis ist.
Doch nun zu den nüchternen Zahlen: Berlin ist Spitzenreiter, weil dort pro Monat 23 von 10.000 Berlinern im Internet nach veganen Inhalten gesucht haben. 23 von 10.000 sind gut zwei Promille. Zieht man die alten Leut‘ ab, die nicht googeln und sich für Veganes einen feuchten Staub interessieren, und deshalb in der Statistik gar nicht auftauchen, sowie jene Zeitgenossen, die aus beruflichen Gründen oder Neugier vegane Inhalte suchen, dann liegen wir vielleicht bei ein Promille – andernorts sind‘s noch weniger. Das straft die Angaben der Verbände Lügen, in Deutschland würden bereits 1,3 Millionen Veganer leben. In Wirklichkeit ist es nicht mal ein Promille. Und es werden täglich weniger.

Selbst preisgekrönte Gasthäuser schließen

Weil Veganismus kein Megatrend, sondern nur eine Marotte war, machen vegane Restaurants reihum dicht, die Umsätze mit Sojawurst gehen in die Knie. Im letzten Sommer schloss das letzte rein vegane Restaurant in der Metropole Frankfurt/Main seine Pforten. Nicht einmal preisgekrönte Gasthäuser können sich halten. Sie schließen nicht etwa, weil sie nicht kochen können – sondern weil der Mensch im Gegensatz zum Rind keinen Pansen hat. Hochmut kommt vor dem Fall. Der Berg aus Salatköpfen kreißte und heraus kroch eine Made.
Nun investieren Hersteller veganer Sojawürste in Startups, die künstliches Fleisch züchten wollen. Ziel ist, im Reagenzglas aus Stammzellen neues Gewebe zu erhalten. Daran arbeitet bereits die Pharmaindustrie mit Hochdruck. Auf die Organe aus der Petrischale wartet ein gigantischer Markt: menschliche Ersatzteile nach Maß, die bei Versagen ausgetauscht werden. In diesen Labors versammeln sich die besten Köpfe hinter verschlossenen Türen – und weniger in veganen Startups, um dort Klopse aus Zellbrei zu formen. Sollte wider Erwarten bei der Erzeugung von gewachsenem Fleisch tatsächlich ein Fortschritt gelingen, wird das Knowhow von der Pharmabranche einkassiert.

Je mehr in-vitro-Hamburger, desto größer der Bedarf an Föten

Dabei hat das Fleisch aus dem Reagenzglas ein Problem, das zumindest eingefleischte Fleischesser abstößt: Für die Nährlösung der Stammzellen wird gewöhnlich das Serum von Föten verwendet, meist von Rindern. Zwar gibt es auch sogenannte serumfreie Zellkulturen, doch de facto wird bis heute vor allem mit Kälberföten gearbeitet. Dafür werden trächtige Tiere geschlachtet, ihre Föten getötet und deren Blut aufbereitet. Damit wurden auch jene Hamburger in Holland hergestellt, die allerorten als Musterbeispiel für in-vitro-Fleisch und als Ende der Massentierhaltung gefeiert werden. Je mehr in-vitro-Hamburger produziert werden, desto größer der Bedarf an Föten.
In Berlin hat die Grüne Woche ihre Pforten geöffnet. Den Besucherandrang nutzten vegane Aktivisten bisher gern als Bühne – ohne allerdings wie andere Aussteller dafür Standgebühr zu bezahlen. Die Landwirte – also jene Menschen, die dafür arbeiten, dass wir alle satt werden – werden nicht etwa als Urproduzenten der Waren geachtet, sondern als Mörder beschimpft. Um ihren Schmähungen Nachdruck zu verleihen, kommen die veganen Damen gern auf die symbolträchtige Idee, sich öffentlich auszuziehen und sich mit Blut oder Ketchup zu bespritzen. Vielleicht bekommen die Berliner neben ein paar Gratis-Häppchen auch menschliches Frischfleisch geboten.
Zu jenen Zeiten, als es noch keine Tierhaltung durch Landwirte gab, da wurde auch dieses gerne gegessen. Mahlzeit!
Literatur
Vebu/proveg: Vegan-Trend: Daten und Fakten zum Veggie-Boom. Vebu.de
Warenvergleich.de: Ernährungs-Atlas 2018: Berlin ist Hauptstadt der Veganer. Pressemeldung Januar 2018
Faust B: Vegane Welle bald am Ende? Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung, 6. Nov. 2017
Anon: Nächstes Veggie-Restaurant schliesst! Tag24.de, 3. Nov. 2017
Letztes veganes Restaurant in Frankfurt schließt! Extratipp.com 16. Juli 2017
Mrasek V: Künstliches Fleisch: Stammzell-Burger statt Massentierhaltung. Deutschlandfunk 31.01.2017
Kabisch J: Fleisch aus der Retorte. Le Monde diplomatique, 7. Dez. 2017
Fleming A: Ohne ein einziges Tier zu töten. Zeit Online Zeit Online, 25. Dezember 2017
Müßgens C: Ersetzt das einmal die Massentierhaltung? Frankfurter Allgemeine Online vom 5. Jan. 2018
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