Einigung zur Pkw-Maut

Dobrindts Schildbürgerstreich

EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Pressekonferenz zur Pkw-Maut-Einigung
EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Pressekonferenz zur Pkw-Maut-Einigung © picture alliance/ dpa/ Stephanie Lecocq
Von Jörg Münchenberg · 01.12.2016
Verkehrsminister Alexander Dobrindt und die EU-Kommission haben sich auf einen Kompromiss zur Pkw-Maut geeinigt. Das neue Mautkonstrukt stehe allerdings auf äußerst wackeligen Beinen, meint Jörg Münchenberg.
Ginge es nicht um die große Politik, europäisches Recht und viel Geld, könnte man die jüngste Wendung aus dem Hause Dobrindt gelassen zur Kenntnis nehmen. Wieder einmal geht es um die deutsche Pkw-Maut, die der Verkehrsminister mit allen Mitteln vor dem politischen Aus bewahren will. Schließlich hat es die CSU so ihren Wählern versprochen – und das soll jetzt auch umgesetzt werden.
Herausgekommen ist ein Kompromiss, der die Quadratur des Kreises erfüllen muss. Die Pkw-Maut darf Ausländer nicht diskriminieren, darauf pocht die EU-Kommission. Deutsche Autofahrer sollen nicht zusätzlich belastet werden, so hat es die Große Koalition in Berlin versprochen. Und das Konstrukt soll trotz des enormen und damit teuren Verwaltungsaufwandes auch noch zu Mehreinnahmen führen, so steht es im Koalitionsvertrag.

Zweifel an Wirtschaftlichkeit bleiben

Dass dieses Projekt aber nur auf dem Papier gelingt, kann kaum überraschen. Schon bei den ursprünglichen Mautplänen gab es erhebliche Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der deutschen Pkw-Maut. Nicht nur von Experten, auch der deutsche Finanzminister war von den Zahlenspielen aus dem Verkehrsministerium nicht wirklich überzeugt.
Mit der jetzt überarbeiteten Version dürften die Zweifel eher noch größer werden, denn für viele deutsche Autofahrer wird sich das neue Modell auf Euro und Cent auszahlen. Wer ein sauberes Auto nach Euro-6-Norm fährt, wird über die Kfz-Steuer stärker entlastet als die Vignette zuvor gekostet hat. Zudem wurden auch noch die Preise für die Kurzzeitvignetten auf Druck der Kommission gesenkt.

Unterm Strich weniger Einnahmen

Unter dem Strich bedeutet dies weniger Einnahmen. Und denkt man den ganzen Prozess weiter, wird der Kostendruck in Zukunft eher noch wachsen. Einfach weil die schmutzigen Autos nach und nach von der Straße verschwinden werden. Was dann wohl nur durch höhere Gebühren kompensiert werden könnte.
Das ganze Mautkonstrukt steht also auf äußerst wackeligen Beinen. Trotzdem gab es heute nur Gewinner: die Kommission, die Dobrindt maßgebliche Zugeständnisse abringen konnte. Und ein deutscher Verkehrsminister, der nun stolz von sich behaupten kann, er habe geliefert und die Quadratur des Kreises geschafft.
Aber selbst wenn am Ende tatsächlich ein kleiner Überschuss übrig bleiben sollte – von einem "substanziellen Beitrag der Pkw-Maut zur Infrastrukturfinanzierung", so wie das Dobrindt einmal vollmundig angekündigt hat, kann in jedem Fall keine Rede sein. Stoppen könnte diesen Schildbürgerstreich nur noch der Koalitionspartner SPD oder aber der Europäische Gerichtshof. Denn schließlich gilt: Auch bei dem neuen Ansatz soll die deutsche PKW-Maut allein von Ausländern finanziert werden.

Jörg Münchenberg, geboren 1966; studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Volkswirtschaftslehre in Freiburg, Kanada und Nürnberg-Erlangen. Seit 1997 beim Deutschlandfunk als Moderator und Redakteur zunächst in der Wirtschaftsredaktion; später Korrespondent für das Deutschlandradio im Berliner Hauptstadtstudio, seit Herbst 2012 europapolitischer Korrespondent in Brüssel.

Jörg Münchenberg
© Deutschlandradio - Bettina Fürst-Fastré
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