Ein einsamer Held

30.10.2007
Der Norweger Roald Amundsen hatte Anfang des 20. Jahrhunderts als Erster den Südpol erreicht. Er war schon zu Lebzeiten eine Legende, aber sein Leben endete 1928 tragisch - bei einer Rettungsaktion in der Arktis. Der Schriftsteller Tor Bormann-Larsen hat nun eine Biographie über den Entdecker geschrieben.
Anfang des 20. Jahrhunderts galt er, und er gilt es bis heute, als einer der berühmtesten Entdecker aller Zeiten. Er hatte als Erster den Südpol erreicht, und er war auch der Erste, der den Nordpol überflog. Die Rede ist von dem Norweger Roald Amundsen.

Schon zu Lebzeiten eine Legende endete Amundsens Leben tragisch aber einem Helden angemessen: Er starb 1928 bei einer Rettungsaktion in der Arktis, seine Leiche wurde nie gefunden. Auf die Spuren dieses dramatisch-tragischen Lebens hat sich der norwegische Sachbuchautor Tor Bomann-Larsen mit seiner Amundsen-Biographie "Amundsen – Bezwinger beider Pole - Die Biographie" begeben. Dabei konnte Bomann-Larsen biographische Quellen benutzen, wie zum Beispiel Hunderte von Briefen, die der Öffentlichkeit bisher unbekannt waren - mit mehr als verblüffenden Resultaten.
Die Welt kannte Roald Amundsen als den einsamen Helden, jene perfekte Figur für unsere Schulbücher. In dieser Biographie nun lernen wir einen Amundsen mit sehr menschlichen, allzu menschlichen Zügen kennen. Da stellt sich heraus, Amundsen war eigentlich ein autokratischer Egomane, ein gerissener Geschäftsmann und ein Meister in der Vermarktung seiner eigenen Person, und, wenn man so will, ein Hochstapler und Lebemann. Amundsen war eigentlich ständig bankrott, woraus ihn immer wieder wie im Märchen nur Sponsoren retteten.

Seine lebenslange Sucht, Rekorde zu brechen, verschlang Unsummen der norwegischen Regierung, die er immer wieder "veruntreute", um seine private One-Man-Show anzukurbeln. Wobei die Rekorde nur als finanzielle Quelle für sein ausgiebiges Jet-Set-Leben dienten, das sich ausschließlich um zwei Frauen drehte. Wunderbar sind jene Fotos, die Bomann-Larsen von den beiden Geliebten Amundsens recherchiert hat; da wird die Schulbuch-Legende Amundsen plötzlich zu Fleisch und Blut.

Diese Biographie liest sich wie ein Super-Krimi. Der Leser erlebt Amundsen, wie der mit falschem Bart und Sonnenbrille wieder einmal auf der Flucht oder auf dem Weg zu einer seiner Geliebten war.

Der Grundton des Buches ist bestimmt von Humor und treffsicherer Psychologie. Immer wieder bringt Bomann-Larsen existenzielle Grundsituation treffsicher auf den Punkt, zum Beispiel sei es Amundsen nicht darum gegangen, die Welt zu entdecken, sondern darum, dass die Welt ihn entdecke. Weiterhin zeichnet sich dieses Buch auch durch eine große und sehr wichtige kultur-kritische Dimension aus, die zeigt, wie unsere Geschichtsschreibung in der Vergangenheit Helden-Figuren aufgebaut hat.

Und nicht zu vergessen: Dieses Buches ist wirklich literarisch zu nennen, dafür auch ein großes Kompliment an den Übersetzer Karl-Ludwig Wetzig. "Amundsen - Bezwinger beider Pole. Die Biographie" von Tor Bomann-Larsen ist eine der besten Biographien, die je geschrieben wurden.

Rezensiert von Lutz Bunk

Tor Bomann-Larsen: Amundsen - Bezwinger beider Pole. Die Biographie
Aus dem Norwegischen übersetzt von Karl-Ludwig Wetzig.
marebuchverlag 2007
704 Seiten, 29,90 Euro.