Dresdner Musikfestspiele

Religion + Politik = Gewalt?

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Intrada-Vokalensemble © Dmitri Kalinin, PhotoXPress
24.05.2017
Aufstand und Verrat, religiöse Ekstasen und Hinrichtungen – wenn man das Programm des Moskauer Intrada-Vokalensembles in Farben umsetzen wollte, würden Schwarz und Rot dominieren – aufgehellt allenfalls durch ein wenig Ikonen-Gold.
Dass sich politischer Machtmissbrauch und religiöser Fanatismus zu fatalen und oft tödlichen Mixturen verquicken, dafür gibt es in Vergangenheit wir Gegenwart hunderte Beispiele. Dennoch scheint die russische Geschichte besonders voll davon, und entsprechend intensiv, oft von elementarer existenzieller Wucht erfüllt, ist die Widerspiegelung dieser Ereignisse im Werk russischer Literaten, Maler oder Musiker.
Das Moskauer Intrada-Vokalensemble unter Ekaterina Antonenko präsentiert in Dresden eine Auswahl solcher Werke, die in den Jahren der Sowjetunion entstanden sind und insofern nicht nur Vergangenes, sondern als weitere Schicht auch die komplizierte Auseinandersetzung der Künstler mit ihrer Gegenwart reflektieren. Wucht und Zartheit, Anklage und Ergebung durchziehen schon Schostakowitschs episch ausladende Poeme op. 88, entstanden noch unter dem Regime Stalins und 1952 sogar mit dem nach dem Diktator benannten Staatspreis gewürdigt. Was indessen ein politischer Irrtum gewesen sein könnte, denn das Widerstandspotenzial dieser zehn Gedichte aus den vorrevolutionären Jahren um 1900 ließ und lässt sich auch auf Schostakowitschs damalige Gegenwart "umschreiben". Doppelgesichtig deutbar erscheinen auch die Kompositionen Schtschedrins und Swiridows, ehe sich Alfred Schnittke mit seinen knapp gefassten geistlichen Gesängen von 1983 mit ruhiger Gelassenheit in die Tradition christlicher Glaubenswahrheiten stellt und damit nach allen emotionalen Wechselbädern für einen versöhnlichen Abschluss sorgt.
Dresdner Musikfestspiele
Annenkirche Dresden
Aufzeichnung vom 20. Mai 2017
Dmitrij Schostakowitsch
"Zehn Poeme auf Texte revolutionärer Dichter" für gemischten Chor a cappella op. 88
Rodion Schtschedrin
"Die Hinrichtung Pugatschows" für gemischten Chor mit Soli und drei Knabenstimmen
Georgij Swiridow
Drei Chöre aus der Musik zur Tragödie "Zar Fjodor Iwanowitsch" von Alexej Tolstoi
Alfred Schnittke
"Drei geistliche Gesänge" für gemischten Chor a cappella

Intrada Vokalensemble
Leitung: Ekaterina Antonenko