Der Sputnik-Schock

Von Dirk Lorenzen · 04.10.2007
Für die USA war es eine schwere Niederlage: Die technologisch vermeintlich rückständige Sowjetunion schoss mit der Sputnik den ersten Satelliten ins All und musste deshalb über eine extrem starke Rakete verfügen. Allen war damit klar, dass so eine Rakete auch Bomben in die USA tragen könnte.
Sputnik-Piepsen

Eine Metallkugel so groß wie ein Basketball, gut 80 Kilogramm schwer, vier Antennen. In 600 Kilometern Höhe kreist sie um die Erde und funkt ein stetiges Piepsen zu Boden...

"Soeben ist der erste künstliche Erdsatellit in der Sowjetunion erfolgreich gestartet worden. Nach vorläufigen Angaben hat die Rakete dem Satelliten die erforderliche Geschwindigkeit von acht Kilometern pro Sekunde verliehen. Jetzt beschreibt der Satellit elliptische Flugbahnen um die Erde."

Konnte man die Eil-Meldung der sowjetischen Nachrichtenagentur Tass am Abend des
4. Oktober 1957 zunächst noch als Propaganda abtun, so ließ das genau zu den berechneten Zeiten empfangene Piepsen keinen Zweifel: Die technologisch vermeintlich rückständige Sowjetunion verfügte über eine extrem starke Rakete, die einen Satelliten ins All bringen konnte. Allen war klar, dass so eine Rakete auch Bomben in die USA tragen könnte. Der Sputnik-Schock traf die Amerikaner ins Mark.

Sputnik-Piepsen

Mit dem Start von Sputnik beginnt das Raumfahrtzeitalter: Zum ersten Mal kreist ein von Menschen erbauter Gegenstand um die Erde. Unser Planet hat einen zweiten Mond, Sputnik ist das russische Wort für Begleiter.

Der Chef des sowjetischen Raketenprogramms Sergej Koroljow war damals im Westen völlig unbekannt. Sein US-Kollege Wernher von Braun verdankte dem Sputnik-Start seinen Durchbruch. An jenem 4. Oktober hatte von Braun dem frisch berufenen US-Verteidigungsminister Neil McElroy gerade sein Testgelände gezeigt, als die Sputnik-Sensation bekannt wurde:

"Ich bot dem Minister sofort an, in 60 Tagen einen amerikanischen Satelliten ins All zu bringen. Zwei Tage nach McElroys Amtsantritt bekam ich ein sehr kurzes Telegramm: "Legen Sie los - McElroy."

So erinnerte sich Wernher von Braun an jenen denkwürdigen Abend. Seine 60-Tage-Frist konnte von Braun nicht ganz einhalten. Erst Ende Januar 1958 schossen die Amerikaner ihren ersten Satelliten ins All. In den folgenden Monaten wurden die bis dahin recht verzettelten US-Raumfahrtaktivitäten in der neuen mächtigen Weltraumbehörde NASA gebündelt.

Doch am 12. April 1961 folgte der nächste Schock: Mit dem Russen Juri Gagarin kreiste der erste Mensch um die Erde. Dem Amerikaner Alan Shepard gelang drei Wochen später nur ein kleiner Hüpfer an den Rand des Weltraums, kein echter Raumflug. Am 25. Mai 1961 hielt US-Präsident John F. Kennedy vor dem US-Kongress eine außerordentliche Rede zur Lage der Nation. Er sagte der sowjetischen Vormachtstellung im All den Kampf an:

Die dramatischen Vorgänge im Weltraum in den zurückliegenden Wochen hätten alle sehr beeindruckt, so wie es Sputnik 1957 getan habe. Und dann schwört Kennedy die Amerikaner darauf ein, endlich einmal erster im Weltraum zu werden:

"Bis zum Ende jenes Jahrzehnts wolle man einen Menschen auf den Mond und wieder sicher zurück zur Erde bringen."

Die Finanzmittel für die NASA wurden daraufhin vervielfacht. Zeitweilig arbeiteten zigtausende Menschen für das Apollo-Mond-Programm. Am 21. Juli 1969 betrat der US-Astronaut Neil Armstrong als erster Mensch den Mond.

Es sei ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein Riesensprung für die Menschheit, funkte Armstrong zur Erde. Für die USA war es vor allem ein entscheidender Sieg im Kalten Krieg. Zum ersten Mal hatte man die Sowjetunion im All klar überflügelt - und damit den Schock überwunden, den knapp zwölf Jahre zuvor eine piepsende, die Erde umkreisende Metallkugel ausgelöst hatte...

Sputnik-Piepsen