"Choice of Voice" - Singen nach Wunsch

Von Jörg Oberwittler · 20.05.2011
Bei "Choice of Voice" ist der Name Programm: Für jeden Song entscheiden die sieben Mitglieder neu, welche Stimme sie übernehmen wollen. Hier singen auch schon mal Frauen die tiefe Bass-Stimme oder der Tenor die hohe Sopran-Lage.
Mit dieser Auftrittsform ist die A-cappella-Gruppe aus Bielefeld einmalig in der Region Ostwestfalen-Lippe und tritt nicht nur auf Konzerten, sondern auch auf Hochzeiten, Taufen und Geburtstagen auf. Chor-Mitglied Ruth Brelage-Norda:

"Weil, wir wollen uns auch so ein bisschen abheben von anderen Chören und so ein bisschen anders aussehen. Ja, und dann hat einer mal pinke Schnürsenkel und der nächste hat einen pinken Schal. Oder eine Blume im Haar habe ich eigentlich immer noch bei Auftritten."

Bereits die Konzert-Outfits, die Ruth Brelage-Norda da beschreibt, machen deutlich: Diese Sieben sind kein gewöhnlicher Chor. Heye Voss, der künstlerische Leiter:

"'Choice of Voice' heißt letztlich, dass wir keine traditionellen Stimmlagen festlegen. Also, bei uns ist niemand nur Bass oder nur Sopran, sondern jeder kann sich das in jedem neuen Stück wiederum zurechtsuchen, in welcher Stimme er singen möchte."

Oktaviert versteht sich, sprich um eine Oktave nach oben oder unten versetzt und damit an die jeweilige Stimmlage angepasst. Heye Voss ist der künstlerische Leiter der Gruppe: Dunkelblonde, lange Haare, Pferdeschwanz, eckige Brille, schwarzes T-Shirt. Mit achtundzwanzig Jahren gehört der Pädagogikstudent zu den Jüngsten in der Gruppe. Und die versteht sich wegen ihrer kleine Größe und des ungewöhnlichen Auftrittskonzepts eher als "A-cappella-Gruppe" denn als Chor. Heye Voss:

"Dadurch haben wir halt die Möglichkeit gefunden, ganz neue Klangzusammenhänge zu schaffen. Also, wir werden auch Stücke haben, wo eine Frau und ein Mann die gleiche Stimme singen, und es wird trotzdem klingen. Es ist halt ein bisschen anders, also der Hörer erkennt es vielleicht nicht unbedingt so, aber es passt."

Ob der Song "She" der Punkrock-Band Greenday aus den Neunzigern, der Swing-Klassiker "Bei mir bist du schön" aus den Fünfzigern oder ein Volkslied aus Afrika: Jeder bringt seine Lieblingsstücke ein. Die Stimmung bei den Proben – immer dienstags in der Bielefelder Laborschule – ist familiär-herzlich. Zur Begrüßung gibt's eine Umarmung, zum Einsingen stellen sich alle in einen Kreis.

Heye Voss beeindruckt eher mit Kompetenz und Engagement als mit Autorität. Abends setzt sich der Pädagogikstudent, der auch mal Musik studiert hat, noch an den Schreibtisch, um Songs für die Gruppe umzuschreiben. Und sogar Mouth Percussion hat er ins Programm aufgenommen.

Marc: "Nee, keine Instrumente, mit dem Mund. Beat Box…" (stolpert übers Wort), Ruth (von hinten eingeworfen): "Beat Boxing", Marc: "Mouth Percussion. Ich wollte nicht ins Mikro spucken" (lacht). – Autor: "Wie hört sich das denn an? Machen Sie das gleich auch?" Heye: "Bei einigen Stücken ist das auch mit drin, ja."

Der Rocksong "My Immortal" sitzt noch nicht ganz, zeigt aber den Anspruch, den die Gruppe seit ihrem Start verfolgt. 1998 waren die Gründer zu fünft aus einem Gospelchor ausgetreten. Alexander:

"Weil der Gospelchor zum Schluss eine Größe von ungefähr neunzig bis hundert Personen hatte. Das war uns definitiv zu groß. Für mich hat das einen extremen Reiz, so eine Stimme alleine zu singen bzw. in so einer kleinen Formation, wo man sich selber viel hört. Wo man letztlich auch dafür verantwortlich ist, die Stimme richtig zu singen, oder eben zu zweit zusammen zu singen."

Für Gründungsmitglied Alexander Matthias ist klar: In so einer kleinen Formation muss jeder Ton sitzen, darf niemand vor dem Auftritt krank werden. Mit sieben Leuten hat die Gruppe ihre ideale Besetzung gefunden und mit Heye Voss, der seit 2007 dabei ist, einen kreativen Leiter. Zur ausgefeilten Choreografie hat der Rockmusikfan noch kleine "rockige" Extras eingeführt. Zum Beispiel Headbanging und Haare-Schütteln beim Höhepunkt eines Songs. Wie das aussieht, zeigen sie in einem eigenen Kanal auf der Internetplattform Youtube. Heye Voss:

"Wir haben uns halt irgendwann angefangen zu filmen bei Auftritten, um eine Erinnerung daran zu haben halt. Leute, die uns noch nie gesehen haben live, die können dann wenigstens einmal das Video sehen und sagen: 'Ah, okay. Ja doch, nicht schlecht. Okay, können wir drüber nachdenken, ob wir was mit Euch machen.'"

Mit ihren liebevoll inszenierten Auftritten werden "Choice of Voice" sogar für Taufen, Geburtstage und Hochzeiten gebucht. Heye Voss hofft, dass es auch in Zukunft so gut weitergeht, wie bisher.

"Das letzte Jahr war für uns persönlich sehr erfolgreich, hat uns sehr gepusht, noch mal zu sagen: 'Wir machen auf jeden Fall weiter.' Es hat uns noch mal bestätigt, dass wir den Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, seit anderthalb Jahren, dass der richtig ist. Und dass der uns hilft, und dass der uns Spaß macht und eine gute Reputation verschafft."

"Wir haben ja – ich weiß nicht, ob er das erwähnt hat – diesen Auftritt in Köln, wo wir uns bei diesem landesweiten A-cappella-Wettbewerb beteiligen. Hat er nicht erzählt? A-cappella-Contest. Das gibt's seit einigen Jahren. Und da werden wir im Juni teilnehmen und hoffen, dass wir da ganz gut abschneiden. Ja, hoffen, dass das so weitergeht, dass wir so Auftritte bekommen. Wobei das speziell bei mir nicht ganz so zu beliebten Dingen gehört, weil ich immer so aufgeregt bin."

Zuvor wird Conny Ritter, die auch schon mal den Bass singt, allerdings auch im Mai noch mal aufgeregt sein: Am 28. Mai tritt "Choice of Voice" in Hameln auf.

Und das Doppelkonzert am Samstag, 28. Mai, zusammen mit dem Gospelchor "Salt 'n' Light" wird in der "Kirche zum Heiligen Kreuz" in Hameln zu sehen und zu hören sein. Los geht's um 18 Uhr.


Zur Website von Choice of Voice