Austritt aus der Weltkulturbehörde

Von Monika Köpcke · 31.12.2009
Den Frieden durch die Zusammenarbeit der Völker im Bereich Erziehung, Wissenschaft und Kultur fördern, war das erklärte Ziel der UNESCO. Doch der Kalte Krieg und der Nord-Süd-Gegensatz vergifteten die Zusammenarbeit, sodass die Vereinigten Staaten am 31. Dezember 1984 aus der Weltkulturbehörde austraten.
Am 28. Dezember 1983 erhielt der Generalsekretär der UNESCO einen Brief aus dem Büro des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan. Darin hieß es:

"Negativ bewerten wir die Tatsache, dass die UNESCO die Grundsätze der freien Marktwirtschaft und des freien Informationsflusses angegriffen und sich der Misswirtschaft schuldig gemacht hat."

Mit Wirkung vom 31.12.1984, so weiter, werde die USA deshalb aus der UNESCO austreten. Damit verlor die Organisation eines ihrer wichtigsten Mitgliedsländer, das schon bei der Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg Pate gestanden hatte.

Da Kriege zuerst in den Köpfen der Menschen entstehen, muss der Frieden durch die weltweite Zusammenarbeit auf den Gebieten der Erziehung der Wissenschaft und der Kultur gefördert werden, so die britische Erziehungsministerin im November 1945 auf der Gründungsversammlung der UNESCO. Anfangs wurde die Organisation diesem Anspruch durchaus gerecht: Viele Kulturdenkmäler hätten ohne ihre Hilfe nicht erhalten werden können, sie bildete Tausende von Lehrern aus, die sich in Alphabetisierungskampagnen engagierten. Großbritannien, Frankreich und die USA gaben in den ersten Jahren den Ton an. Doch seit den 50er- und 60er-Jahren geriet der Westen durch die Aufnahme des Ostblocks und der unabhängig gewordenen Kolonialstaaten in die Minderheit. 1974 wurde zum ersten Mal ein Schwarzafrikaner, der Senegalese Amadou-Mahtar M'Bow, zum Generalsekretär der UNESCO gewählt. Karl Moersch, Beauftragter der Bundesrepublik für die UNESCO, urteilte 1985 über ihn:

"Er ist ein unglaublich intelligenter Mann, der eine große Karriere gemacht hat im französischen Bildungssystem. Aber er ist ein Mann, der auch sehr viele Ressentiments gegen Amerikaner hat. Und es ist eine Riesenschwierigkeit von Leuten aus Afrika und der Dritten Welt, eine besondere Vorstellung von amerikanischer Effizienz zu verstehen, übrigens auch von europäischer."

M'Bow verstand sich als Anwalt der Interessen Afrikas. Nicht schöngeistiger Austausch, sondern ideologisch aufgeladene Diskussionen über die südafrikanische Apartheidspolitik, über Abrüstung oder auch einen Ausschluss Israels prägten die Versammlungen. Die ansonsten so liberale "Washington Post" schrieb damals:

"Mit dem Amtsantritt von M'Bow ist die UNESCO von einem Drittwelt-Kommunismus-Kollektiv gekapert worden, das anscheinend weniger an der Durchführung guter Alphabetisierungsprogramme als an ideologischen Debatten und am Luxusleben interessiert ist."

Was liberale wie konservative Kräfte Amerikas gleichermaßen erboste, war M'Bows Konzept einer neuen Weltinformationsordnung. Damit wollte er die Vormacht einiger weniger, meist amerikanischer Nachrichtenagenturen brechen, um vor allem den Staaten der Dritten Welt mehr Einflussmöglichkeiten einzuräumen. Westliche Kritiker sahen darin einen Angriff auf die Pressefreiheit. Auch M'Bows fragwürdige Geschäftsführung brachte die Amerikaner auf. Immer wieder bedachte er Freunde und Verwandte mit Posten seines aufgeblähten Beamtenapparates. Als die UNESCO im November 1983 gegen die Stimmen der Amerikaner ihr Budget um vier Prozent aufstockte, platzte den USA der Kragen. Ihr Austritt war eine Katastrophe für die Organisation, da sie damit auf einen Schlag ein Drittel ihrer Beiträge verlor.

""Our responsibilities are clear. The Unites States will return to UNESCO.”"

Am 12. September 2002 kündigte der amerikanische Präsident George W. Bush vor den Vereinten Nationen die Rückkehr der USA in die UNESCO an. M'Bows Nachfolger hatten während der vergangenen 18 Jahre die Organisation von ideologischem Ballast, Misswirtschaft und Korruption befreit. Doch nicht nur deshalb kehrten die USA zurück.

""But the purposes of the Unites States should not be doubted. The Security Council resolutions will be enforced or action will be unavoidable.”"

Bushs Rede sollte die Vereinten Nationen auf den bevorstehenden Krieg gegen den Irak einstimmen. Die Rückkehr in die UNESCO zu diesem Zeitpunkt entschärfte die Kritik der Völkergemeinschaft an nationalen Alleingängen der USA. Und sie war wohl auch getragen von der Einsicht, dass Kriege gegen Fundamentalismus und Terrorismus mit militärischen Mitteln allein nicht zu gewinnen sind, sondern auch einer Offensive in Kultur und Bildung bedürfen.