Auf der Hut sein …

Diesmal geht es um die Redensarten: Auf der Hut sein, Etwas auf dem Kasten haben, Der versteht davon soviel wie das Nilpferd vom Filetstricken, Am Esel ins Theater reiten, Aussehen wie die alte Fasnacht u.a.
Das ist ja ein Tohuwabohu

Eigentlich handelt es sich um eine Angeberei Gebildeter, denn – Hand aufs Herz – wer beherrscht schon Hebräisch. Daher stammt das geheimnisvolle Wort für "Chaos" aber, genauer gesagt aus dem Schöpfungsbericht im ersten Buch Mose. Martin Luther übersetzte die eigentlich drei Wörter sehr richtig mit "wüst und leer". Es gibt allerdings auch noch mythologische Hintergründe: "Tohu" war nach jüdischer Überlieferung ein grüner Streifen, der die Erde umgab und verfinsterte, "Bohu" waren Abgründe, gefüllt mit schlammigen Steinen, durch die Wasser rieselte.

Auf der Hut sein

Heute trägt man nur noch selten Hut, eher Kappen und Schirmmützen, dabei entweicht die meiste Wärme über unser Haupt, das wir besser in Hut halten sollten. Indirekt hängen "auf der Hut sein" und der Hut tatsächlich zusammen, denn beides geht auf verwandte, uralte Wurzeln zurück, die beide mit dem Schutz zusammenhängen. Wer aber etwas schützt, ob es sein Haupt, seine Herde oder sein Heerhaufen ist, der ist auf der Hut, was im Mittelhochdeutschen "huot" auch "Aufsicht" oder Fürsorge" bedeutet, wovon wiederum hüten kommt. Der Hut und die Hut dienen also beide dem Schutz und der Aufmerksamkeit. Wer auf der Hut ist, der passt auf, der hält Wache und ist schlicht vorsichtig.

Etwas auf dem Kasten haben

Unser Kopf ist ein Gefäß, jedenfalls die knöcherne Masse außenherum, innen aber wandern mehr oder weniger frei die Gedanken auf neuronalen Bahnen, wo sie einander in Blitzeseile besuchen und befruchten. Das Drumherum hat sich schon viele scherzhafte Bezeichnungen gefallen lassen müssen, und ähnlich ist auch der Kasten in der Redewendung gemeint. Der Kopf wird als Aufbewahrungsort des Hirns und der Weisheit verstanden, und wer da etwas drin hat, der ist klug, beschlagen, gebildet. Das "auf" ist wahrscheinlich witzig gemeint, schließlich hat man den Kopf auch "auf" den Schultern.

Der versteht davon soviel wie das Nilpferd vom Filetstricken

"Sich auf etwas verstehen" ist ein alter Ausdruck für "etwas können". Das Nilpferd hat nun aber ziemlich säulenartige Beine und Füße, mit denen das komplizierte Erstellen durchbrochener Kettenwirkware ganz unmöglich wäre. Es handelt sich also um einen besonders gesuchten Vergleich, einen scherzhaften Ausdruck für "nichts von etwas verstehen".

Am Esel ins Theater reiten

Diese bislang nur wenig verbreitete Redensart aus dem Augsburger Raum erfand Familie Leopold, genauer die Mutter, als sie die Kinder fragte, ob sie lieber ins Theater wollten oder auf dem Esel reiten. Wer Kinder kennt, weiß, was deren Augen schon antworteten: beides! Daraus entwickelte sich ein sich rasch verbreitender Ausdruck für "alles haben wollen".

Aussehen wie die alte Fasnacht

Die Sache ist komplizierter, als sie erst einmal aussieht, denn sicher ist die Vorstellung verbreitet und schon alt, dass kaum etwas so alt aussieht wie die vergangene Fasnacht: vorbei ist vorbei. Es gibt aber den Begriff "Alte Fasnacht" oder auch "Bauernfasnacht" im Gegensatz zur "Herrenfasnacht". Die kam zustande, weil die Fastenzeit und der Ostertermin zusammengehören. Ostern aber ist seit alters ein beweglicher Feiertag, der am ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond begangen wird. Die Fasnacht nun sollte vor dem Fasten gefeiert werden, das 40 Tage vor Ostern üblicherweise begann. 1091 aber nahm man die Sonntage der Fastenzeit vom Fasten aus, beließ es aber bei den 40 Fasttagen, wodurch die Fasnacht sechs Tage früher lag. Das fand man am Hochrhein nicht lustig. Störrisch oder treu hielt man an der Tradition fest, wodurch nun eine "alte Fasnacht" entstand gegenüber der neu festgelegten. Die Anhänger der "alten Fasnacht" kamen im Vergleich zu dem sonst gefeierten Termin immer zu spät, weshalb sich eine Reihe von Redensarten herausbildete: "Hinterher kommen wie die alte Fasnacht", "zu spät kommen wie die alte Fasnacht" und eben "aussehen wie die alte Fasnacht", die in den Augen der Fortschrittlichen Spötter lächerlich war, altmodisch und obsolet; mit einem Wort, alles andere als eine Schönheit.

Trick siebzehn

Schon Karl Marx verwendete das Wort "Trick" in unserem Sinne für "Kniff". Der Ausdruck stammt aus dem Englischen, wo er im Kartenspiel "Stich" bedeutet. Im Whist soll ein "trick" ein besonderer Stich sein. Dessen Höchstpunktzahl sei siebzehn. Allerdings verwundert, dass der Ausdruck "trick seventeen" im Englischen nicht existiert. Offensichtlich handelt es sich um eine scherzhafte Erweiterung, um einen besonders erfolgreichen Geheimtrick zu bezeichnen, dessen Erfolg gewiss ist. Der "Trick siebzehn" ist auch vergleichsweise jung und könnte sich auf die positive Bedeutung des entsprechenden Lebensalters beziehen oder auf das Kartenspiel "17 und 4". Bei uns daheim sagte man, wenn jemand etwas ganz besonders schlau anstellen wollte, dabei aber scheiterte: "Trick siebzehn – mit Selbstüberlistung!"

Jemand schaut wie der Eicheldaus, wenn’s donnert

Im Osten hört man den Ausdruck ab und zu, im Erzgebirge und in Sachsen ist er immerhin noch lebendig, aber was steckt hinter der seltsamen Rückung? Einerseits gehört die Redensart zu den vielen scherzhaften Wendungen kurioser oder absurder Art. "Aussehen wie der Aff’ auf dem Schleifstein" oder "Schauen wie der Ochs vorm neuen Scheunentor". Es wird aber noch teuflischer, denn das Kartenspiel spielt hinein. Der Daus ist im deutschen Blatt eine Bezeichnung der höchsten Karte, des As’, und Eichel entspricht als Farbe dem Kreuz im französischen Blatt, so dass es sich also um die höchste Karte im Spiel handelt. Die heißt aber neben "Daus" auch "Sau" und oft wurde auf den Karten eine solche abgebildet. Bei der Schellensau ist das noch heute so, denn dort beißt ein Hund ein Wildschwein, dem er auf dem Rücken sitz. Man könnte also auch sagen: "Du schaust wie das Schwein auf der höchsten Karte, wenn es donnert." Das heißt natürlich "erschrocken / erstaunt / wie vom Donner gerührt". Gleichzeitig ist Daus aber auch ein verhüllender Name für den Teufel, wie man ihn noch im Ausruf "Ei, der Daus" verwendet. Der Teufel hat gleichzeitig mit dem Kartenspiel, da es die Menschen zu unnützem Tun verführt und um Gut und Geld und Verstand bringt, zu tun, genauso mit der Sau, schließlich fahren die ausgetriebenen bösen Dämonen, die Jesus in der Bibel einem Besessenen austreibt, in die Schweine, und schließlich gibt es eine enge Verbindung des Teufels mit dem Donner. Ganz versteckt bedeutet der Spruch also nicht nur, dass sich hier ein Karten-Schwein erschreckt, sondern dass der Teufel selbst erschrickt.