App in den Urlaub

Von Sabrina Loi · 30.07.2012
Reiseführer? - Wichtig, aber oft zu schwer. Doch inzwischen geht es leichter mit einer Reiseführer-App fürs Smartphone. Zwischen drei und zehn Euro kosten die Apps, sind also etwas günstiger als Bücher und wollen auch noch mehr bieten. Ein Praxistest in Vancouver und San Francisco.
Mein erster Tag in Vancouver: Als erstes will ich mir einen Plan machen, was ich mir heute alles hier so ansehen kann. Also: Smartphone raus und los. Vom Aufbau her ähnelt die Reiseführerapp von Tripwolf einem ganz normalen Reiseführer in Buchform: Es gibt allgemeine Informationen zu Vancouver, es gibt eine Auflistung von Hotels und Restaurants und natürlich gibt es auch ganz viel zu den Sehenswürdigkeiten. Wenn ich jetzt auf die Kategorie "Kultur und Sehenswertes" klicke, kann ich verschiedene Filter einsetzen: Ich kann mir zum Beispiel nur die Museen anzeigen lassen oder die hohe Preiskategorie gleich ausschließen. Und vor allem, kann ich die Liste nach verschiedenen Kriterien sortieren, zum Beispiel nach der Entfernung zu mir. Einen guten Kilometer von mir entfernt ist der Canada Place.

"Während der Expo '86 war der vom Stararchitekten Ed Zeidler mit einem schneeweißen Zeltdach überbaute Pier der Pavillon Kanadas. Heute lässt es sich hier herrlich flanieren, den Kreuzfahrtschiffen zusehen und von der Spitze des Piers den Blick über den Hafen und die Berge genießen."

Unter dem Text sehe ich das Logo der Reiseführer-Marke von Marco Polo. Die Infos sind also aus einem klassischen Reiseführer übernommen. Außerdem gibt es hier noch Angaben zu den Öffnungszeiten, eine Telefonnummer und auch die Webseite des Canada Places ist verlinkt. Da könnte ich jetzt drauf klicken, aber ich habe hier keine Internetverbindung, kann also nicht online gehen. Für die Reiseführerapp brauche ich auch kein Internet, sonst würden ja im Ausland hohe Roaming-Gebühren anfallen. Nach dem Kauf wurden alle Daten auf mein Smartphone heruntergeladen. Auch das Kartenmaterial. Und wenn jetzt ich auf die Karte klicke, sehe ich auch sofort, wo der Canada Place ist. Ein bisschen raus zoomen und hier bin ich: Erstmal geradeaus und dann die dritte rechts. Sollte ich hin kriegen.

Hier am Canada Place habe ich einen sehr, sehr schönen Blick auf die Berge gegenüber und sehe auch die Wasserflugzeuge starten und landen - wie jetzt zum Beispiel - was einen ziemlichen Krach macht. Außerdem sehe ich hier direkt neben mir ein Glasgebäude mit einem schrägen Dach und Gras drauf. Was ist das? Handy mitsamt App wieder raus, die wirbt nämlich damit, dass sie auch augmented reality anbietet, also erweiterte Realität.

Wenn ich die Funktion jetzt aktiviere, dann geht die App auch direkt in den Kameramodus. Ich fokussiere jetzt das Gebäude damit und dann passiert gar nichts. Super. Letztendlich werden mir hier nur die Sachen im Bild angezeigt, die ich auch auf der normalen Karte sehe. Bleibt die Frage: Was ist das für ein Gebäude hier neben mir?

"Hi, could you help me? What's that building over there?"
"Oh, that's the convention center."
"Thank you!"

Das ist also das Kongresszentrum. Ich gebe zu: vielleicht nicht die größte touristische Attraktion der Stadt. Na gut, dann spaziere ich jetzt mal weiter und sehe mir das olympische Feuer an, das laut der Karte direkt hinter diesem Gebäude sein soll und dann heißt es auch schon: Neue Stadt, neue App, neuer Test.

***
Neue Stadt: San Francisco. Neue App: mTrip. Neuer Test. Wenn ich einen Reiseführer als Buch habe, mache ich da gerne Eselsohren rein oder klebe Zettel mit Notizen an die interessantesten Sehenswürdigkeiten. Bei meinem Smartphone geht das natürlich nicht, aber diese App von mTrip bietet eine ganz gute Alternative: Ich kann einzelne Orte zu meinen Favoriten hinzufügen und auch Notizen speichern.

Und vor allem kann die App mir individuelle Routen zusammenstellen. Dafür soll ich zunächst einstellen, wie lange ich hier bin und welche Art von Sehenswürdigkeiten ich bevorzuge: Monumente, Religiöses, Museen, Parks. Gute Frage. Ich belasse das jetzt erstmal bei den Standard-Einstellungen. Ah ja: Und schon sind drei Tage San Francisco von vorne bis hinten durchgeplant! Allein für heute stehen zehn Stopps auf meiner Route und als erstes wird mir vorgeschlagen, eine Runde mit einer dieser berühmten Straßenbahnen von San Francisco zu fahren: Den so genannten Cable Cars.

"Die Wagen sind Wahrzeichen und rollende Museen zugleich. Mehrmals schon sollten sie eingemottet werden. Jedes Mal gab es jedoch augenblicklich großen Protest. Seit 1955 ist es Gesetz: Der Betrieb der drei Linien kann nur mit Zustimmung der Wählermehrheit eingestellt werden - ein wirklich unwahrscheinlicher Fall."

Die Cable Cars zu finden war kein Problem: Diese App hat mir die Route genau berechnet - und das, obwohl sie auch ganz ohne Internet funktioniert! Dabei konnte ich mir sogar aussuchen, ob ich laufen oder öffentliche Verkehrsmittel nehmen wollte. Zur Orientierung in einer fremden Stadt ist das wirklich praktisch. Zu lesen gibt es auch genug: Die App gibt nicht nur Hinweise zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten sondern auch interessante Hintergrundinfos zu San Francisco:

"Nach New York ist San Francisco die dichtbesiedeltste Stadt der USA. Auf einer Fläche von rund 125 Quadrat-Kilometern wohnen rund 750000 Menschen - doch die Mehrheit ist zugereist, nur 35 Prozent stammen aus Kalifornien."

Die Infos sind ausführlich, die Orientierung funktioniert gut und was ich einfach super finde: Ich schleppe nichts mit mir rum! Der Reiseführer steckt im Smartphone und das Smartphone, das stecke ich jetzt wieder in meine Hosentasche. Und dann wird nur noch San Francisco genossen!

"All right, here: Fisherman's Wharf, Fisherman's Wharf."

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