Abrechnung mit Mao

Von Klaus Belde · 25.01.2006
Vor 25 Jahren endete der Schauprozess gegen die so genannte Viererbande. Chinas neue Führung wollte mit dem Verfahren die Geister der Vergangenheit bannen. Mao Zedong hatte das Land zwar geeint, es mit seinen politischen Experimenten aber fast in den Abgrund gestürzt. Da er wegen seiner symbolischen Bedeutung nicht selbst attackiert werden sollte, stand seine Witwe mit ihren engsten Mitarbeitern vor Gericht.
Es war ihr letzter Auftritt, und sie spielte die Rolle ihres Lebens. Beim Schauprozess gegen die so genannte Viererbande gab Jiang Qing, Witwe des chinesischen KP-Chefs Mao Zedong, die revolutionäre Rachegöttin. Sie schleuderte Zornesblitze gegen die neuen Machthaber, die in ihren Augen das Vermächtnis des Großen Vorsitzenden verrieten. Und sie verhöhnte die Zeugen, die ihr Mitschuld an den Exzessen der Kulturrevolution gaben.

Der zweite Hauptangeklagte Zhang Chunqiao hatte sich für eine andere Rolle entschieden. Maos einstiger Propagandachef und Herrscher über die Revolutions-Metropole Shanghai folgte dem Prozess-Geschehen schweigend und mit spöttischem Gesicht. Bußfertig zeigten sich nur die beiden weniger prominenten Mitglieder des Quartetts, Yao Wenyuan und Wang Hongwen. Als am 25. Januar 1981 die Urteile verkündet wurden, kamen beide mit Haftstrafen davon. Jiang Qing und Zhang Chunqiao aber wurden zum Tode verurteilt.

Mit dem Tribunal gegen die Gruppe um die Mao-Witwe und einige andere Linksradikale wollten Chinas neue Parteiführer einen Schlussstrich unter die Kulturrevolution ziehen. Was im Ausland zuweilen wie ein buntes Massen-Spektakel wirkte, war tatsächlich ein zehnjähriger Kampf um die Macht. Im Frühjahr 1966 hatte Mao Zedong den Angriff auf die eigene Partei eröffnet, die seine verlustreichen politischen Experimente nicht länger mittragen wollte.

Offiziell endete die Kulturrevolution erst mit dem Tode Mao Zedongs im September 1976. Wirtschaftsprobleme und ein drohender Krieg mit der Sowjetunion hatten Mao aber noch in seinen letzten Lebensjahren bewegt, sich wieder auf die zuvor bekriegten Pragmatiker in der Parteiführung zu stützen. Die Linksradikalen um seine Frau Jiang Qing dagegen fielen in Ungnade.

Maos Tod war für die Pragmatiker das Signal, selbst die Macht zu übernehmen und die linke Rest-Fraktion ins Gefängnis zu werfen. Eine enorme Propagandakampagne wurde entfesselt, um die Verbrechen der angeblichen Haupt-Übeltäter anzuprangern. Im November 1980 trat dann ein Sondergerichtshof in Peking zusammen. Die Gruppe um Jiang Qing wurde angeklagt, widerrechtlich die Macht an sich gerissen zu haben. Zur Last gelegt wurde ihr außerdem die Verfolgung einer dreiviertel Million Menschen und der Tod von fast 35.000 Verfolgten. Tatsächlich ließen sich die Schäden der zehnjährigen Wirren kaum beziffern.

Der Name des Urhebers der Kulturrevolution, Mao Zedong, wurde von dem Gericht nicht erwähnt. Um den Anschein eines gerechten Verfahrens zu erwecken, gab man sich aber jede erdenkliche Mühe. Teile des Prozesses wurden im Fernsehen übertragen. Die Angeklagten saßen in halbhohen Holzkäfigen, alle Beteiligten des Tribunals waren mit großen Schildern kenntlich gemacht.

Die Todesurteile gegen die beiden Hauptangeklagten wurden später in lebenslängliche Haft umgewandelt. Jiang Qing starb im Mai 1991, angeblich durch Selbstmord. Die 77-Jährige lebte zuletzt unter Bewachung in einem Anwesen in Peking. Ihr Mitstreiter Zhang Chunqiao wurde 88 Jahre alt. Er starb im April 2005, nachdem man ihn schon einige Zeit vorher wegen Krankheit aus der Haft entlassen hatte. In beiden Fällen gaben die Behörden den Tod erst mit zweiwöchiger Verspätung bekannt.