"35 Rum"

04.03.2009
Claire Denis' Film "35 Rum" entführt den Zuschauer in die Welt der Antillenfranzosen am Pariser Stadtrand. Dabei geht es der Regisseurin weniger um die Darstellung großer Action-Ereignisse als um die Beobachtung zwischenmenschlicher Beziehungen.
Claire Denis ist eher eine Beobachterin denn eine Erzählerin. Mit ihrer Kamera folgt sie ihren Helden und Heldinnen ein Stück des Weges, taucht ein in deren Alltag. In "35 Rum" nimmt sie uns mit in die Wohnung eines Mannes und einer jungen Frau.

Zunächst weiß man nicht genau, was die beiden verbindet. Doch Blicke und Berührungen, das gemeinsame Abendessen deuten eine große Vertrautheit an. Eher beiläufig erfährt man, dass es sich hier um Vater und Tochter handelt, die weder einander noch anderen ihre bedingungslose Nähe erklären möchten. Sie leben im eigenen Rhythmus in der gemeinsamen Wohnung, in der die Zeit still zu stehen scheint. Jedes Klingeln, ein feindlicher Angriff.

Auch wenn Claire Denis die Wohnung verlässt, behält ihr Film seinen wunderbaren Schwebezustand. Der Mann arbeitetet als Pariser Vorortszugführer, wie er kommen auch seine Kollegen von den Antillen. Man begleitet sie bei der Arbeit, beim Feiern, beim Nachhausefahren zum Pariser Stadtrand. Dort leben sie in einer Welt in der Welt, in der der Antillenfranzosen. Ganz selbstverständlich rückt Claire Denis die sogenannte Peripherie ins Zentrum.

Weitere Figuren werden den Weg von Vater und Tochter kreuzen: die Nachbarin, mit der sie eine gemeinsame Geschichte zu haben scheinen. Ein junger Mann, der ebenfalls im selben Wohnblock wohnt, und immer wieder sehnsüchtig auf die geschlossene Tür der beiden schaut.

Es ist der fließende Kamera- und Montagerhythmus, der die Figuren einander annähert. Verbindungen deuten sich an, doch bleibt alles offen, wird nichts festgelegt. Claire Denis gibt uns den Raum, die Geschichte des Films und die Geschichten der Figuren selbst zu erkunden und zusammenzusetzen.

Filmhomepage "35 Rum"