Staatsbegräbnis 1

Eine Hör-Collage von Ludwig Harig · 01.04.2007
Das Hörspiel entstand aus dem Wort- und Tonmaterial der Rundfunkberichterstattungen über das Staatsbegräbnis von Bundeskanzler Konrad Adenauer am 25. April 1967. Die knapp zwei Jahre nach Adenauers Tod realisierte Produktion machte in der ARD Programmgeschichte.
Zunächst ausgestrahlt beim Koproduzenten WDR, anschließend zweimal im Programm des federführenden Produzenten SR, dann mehrfach übernommen auch von anderen Sendern, wollte der Luchterhand Verlag 1972 das Hörspiel auf einer Schallplatte veröffentlichen, bekam aber eine Absage aus der SR-Honorarabteilung mit dem Hinweis, dass es sich "um eine Produktion mit eindeutiger politischer Zielsetzung handelt. Einer Abgabe derartiger Produktionen zur Schallplattenproduktion kann der Saarländische Rundfunk aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen". Der Vorgang ging durch die Presse.

Wolfram Schütte schrieb in der Frankfurter Rundschau: "Da Harigs Hörcollage ein satirisch-politisches Stück Aufklärung war, ebenso zwei- wie mehrdeutig gegenüber dem Originalmaterial wie eindeutig im Hinblick auf das kritische Ziel, ist es zwar höchst verwunderlich, daß der Saarländische Rundfunk so etwas überhaupt je produziert hat, aber sehr verständlich, daß er es jetzt im Archiv verschwinden lassen will".

1974 veröffentlichte die Edition Klaus Ramm auf LP eine nachproduzierte Fassung, die in den Hörspielprogrammen gesendet werden konnte. Die literarische Methode Harigs ist die Montage der Trauer-Ansprachen, "die nicht nur dem Gedächtnis des Toten, sondern vor allem der Aufmerksamkeit der Lebenden galten. Ich habe diese Reden und Ansprachen gehört und gelesen und schließlich auf eine bestimmte Art und Weise analysiert, um herauszufinden, was da eigentlich gesagt worden war. Meine Analyse war eine Sprachanalyse dieser Eigentlichkeit, und wie bei einer naturwissenschaftlichen Analyse auch bestand meine Aufgabe darin, die Elemente eines Ganzen zu isolieren, um ihre Beschaffenheit zu prüfen" (Ludwig Harig).

Der Literaturwissenschaftler Jörg Drews schreibt über das Hörspiel rückblickend: "Verblüffend war und ist vor allem die Mediengerechtigkeit seines Vorgehens, das absolute Up-to-date-Sein seiner Methode."

Regie : Johann M. Kamps
Prod: SR/ WDR 1969
Länge: 64 '

Ludwig Harig, geb. 1927. 1955 erste literarische experimentelle Publikationen. Romane, Essays, Übersetzungen vor allem der Werke Raymond Queneaus. Hörspiele, u.a. ‚Das Fußballspiel' (DS/SWF 1966), 'Ein Blumenstück' (HR/SR/SDR/SWF 1968), 'Ein Fest für den Rattenkönig' (WDR 1981), 'Drei Männer im Feld' (WDR 1986, ausgezeichnet mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden)