Sonntag, 28. April 2024

Archiv


Das Digitale Logbuch: Erst kauen, dann hören

Neulich auf einer Party hat mir ein Freund die Vorzüge von Hörgeräten demonstriert. Als Schwerhöriger trägt er den Hightech-Knopf zwar ständig im Ohr, hat aber auch eine Fernbedienung, mit der sich das Gerät rauf- und runterregeln lässt.

Vom Mirko Smiljanic | 24.01.2009
    Sitzt mein Freund in einer Quasselrunde, möchte aber seine Ruhe haben, fährt er klammheimlich den Regler runter: Er hört nichts mehr, und wer nichts hört, kann auch nichts mehr sagen. Schön und gut, habe ich ihm gesagt, die Methode ist effektiv, aber nicht wirklich up to date! Ganz andere Möglichkeiten bietet da zum Beispiel das Energy Harvesting der TU Chemnitz, bei dem Hörgeräte ihre Energie aus der unmittelbaren Umgebung beziehen. Unmittelbare Umgebung heißt in diesem Fall: Winzige Energiewandler produzieren aus der Kaubewegung des Mundes elektrischen Strom. So, und jetzt versetzen wir uns noch einmal in die Quasselrunde. Sie möchten nichts hören, also sagen Sie nichts, es wird kein Strom produziert, das Hörgerät schaltet sich ab.

    Nach einer halben Stunde möchten Sie aber doch mal mitreden, also bewegen Sie den Mund etwas, essen vielleicht ein paar Häppchen, das Hörgerät springt an, Sie hören und können mitreden! Zugegeben, es ist ein archaisches Prinzip, bei dem sich das Leistungsprinzip unserer Gesellschaft widerspiegelt: Nur wer kaut, kann hören! Nur wer was zu beißen hat, kann mitreden! Aber das Prinzip funktioniert, gesteuert sozusagen von der emotionalen Basis. Langweile gleich wenig reden gleich nichts hören. Umgekehrt gilt: Interessante Leute animieren zum Reden und damit zum Hören. Einziges Problem: Allzu lange darf man seinem Gegenüber nicht zuhören, sonst wird dessen Stimme immer leiser und leiser. Abhilfe könnte ein Kaugummi sein, das zukünftig also nicht nur vor Karies schützt, sondern auch vor Informationsverlust. Ständiges Kauen sieht zwar seltsam aus, erfüllt aber seinen Zweck: Ich kaue, also höre ich!