Feature von 2009: Die Influenzapandemie und das Medikament Tamiflu

Von der Abwehr des Feindes

52:21 Minuten
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© EyeEm / Romans Drics
Von Michael Lissek · 18.04.2020
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Das Feature „Von der Abwehr des Feindes“ entstand vor elf Jahren. Sein Thema: Pandemie. Covid 19 gab es damals noch nicht, wohl aber Katastrophenszenarien und auch Geschäfte mit der Angst. Das ist nur ein Aspekt des Themas Pandemie, aber um ihn zu zeigen, wiederholen wir dieses Feature aus dem Jahr 2009 und wir erinnern an ein Medikamt, das damals hoch im Kurs stand: Tamiflu.
Und so haben wir das Feature im Jahr 2009 angekündigt – nicht ahnend, auf welche Weise es heute aktuell werden würde:
Seit die "mexikanische", "neue" oder vulgo "Schweinegrippe" grassiert, spricht man, wenn man von Grippeschutz spricht, nur noch von der (nötigen oder unnötigen) Impfung. Dabei war ein anderer Feind-Abwehrer vor gar nicht langer Zeit talk of the town: Das Medikament TAMIFLU, entwickelt von der amerikanischen Biotech-Firma GILEAD, vertrieben vom schweizer Pharmariesen ROCHE. Ein sogenannter "Neuraminidasehemmer", von dem man sich versprach, er könne ein noch unbekanntes Pandemie-Virus wirkungsvoll bekämpfen.TAMIFLU erschien notwendig. Denn im Jahr 2004 hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Warnung herausgegeben, es sei nach SARS und der VOGELGRIPPE nicht mehr die Frage, OB eine Influenza-Pandemie ins Haus stehe, sondern nur noch WANN. Also kaufte man weltweit TAMIFLU in großen Mengen. In Österreich
mit dem Ziel, 50% der Bevölkerung zu versorgen; in Deutschland sollten immerhin 30% gerettet werden. In den USA gab man unter Präsident Bush gar 8 Milliarden $ für die Pandemievorbereitungen aus.
."Von der Abwehr des Feindes" setzt sich auf die Spur der Pandemie-Panik und des Verkaufs des Grippemittels TAMIFLU. Die Sendung fragt nach den Profiteuren – und den strukturellen Ähnlichkeiten zwischen Pandemie-Angst und Terror-Warnung. Denn eines ist klar: Wie der Terrorismus kann auch das Virus jederzeit zuschlagen; wir wissen nur nicht wann. Und wir wissen nicht wo. Und daß ein Hauptakteur der "homeland-security" der USA, Donald Rumsfeld, auch bei der Vermarktung von TAMIFLU seine Finger im Spiel hatte, läßt aufhorchen...
Michael Lissek, geboren 1969, Produzent von Radio-Features und Autor von Texten und Büchern. Seit März 2017 Redakteur bei SWR2. Für Deutschlandradio u.a.: ‚Hölle im Kopf’ (DKultur/WDR 2008), ‚Zwei Seiten Leben. Drei Trauerredner’ (DKultur/SWR 2013), ‚Was geht ihnen durch den Kopf? – Ein Messer’ (SWR/DKultur/ORF 2014).