Das Feature

Am Fuß des Vulkans oder Briefe aus Catania

Von Alban Nikolai Herbst · 23.07.2004
Catania, die zweitgrößte Stadtregion Siziliens, gilt als gefährlich. Touristen machen gern einen Bogen um die Stadt. Der Flughafen Fontanarossa, keine fünfzehn Busminuten vom Zentrum entfernt, lädt zum Verweilen auch wirklich nicht ein: Außer dem Ätna, der die Szenerie nicht nur malerisch, sondern bisweilen als massive, mattgraue Drohung beherrscht, sieht man überall Abriss, Dreck, hochgetürmte Mietskasernenghettos.
In den letzten Jahren ist Catania auch industriell stark gewachsen, so als solle die einstige Pracht zum Verschwinden gebracht werden. Deshalb wollen die meisten Urlauber gleich wieder weg, weiter nach Syrakus im Süden, nach Giardini Naxos oder Taormina im Norden. Badeurlaub, da fühlt man sich heimisch. Und ahnt nicht, was man verpasst. Catanias Charakter kann jeden Spaziergang zum architektonischen Abenteuer werden lassen. Zudem wird die von Erdbeben und Vulkanausbrüchen, von Krieg, Korruption, Mafia heimgesuchte "città in bianco e nero" abends von einem Licht erfüllt, das die Grenzen von Wirklichkeit und Illusion verschwimmen lässt.

In Briefen an eine ferne Geliebte erzählt Alban Nikolai Herbst von Gerüchen und Farben, vom Meer, dem schwarzen Öl des Kaffees, vom Lärm und vom Elend, von stolzen Frauen und Verzicht.