Zypries: Neues Gesetz schützt Verbraucher "wirklich wirksam" vor Telefonwerbung

Von Hanns Ostermann |
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat den Gesetzentwurf zum Verbraucherschutz bei Telefonwerbung verteidigt. Sie gehe davon aus, dass vor allem die 14-tägige Widerspruchsfrist bei Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements sowie Lotto-Verträgen die Verbraucher "wirklich wirksam" schütze, sagte Zypries.
Hanns Ostermann: Die Stimmen sind freundlich, die uns da am anderen Ende der Leitung in Beschlag nehmen wollen, und die Angebote, die gemacht werden - sie klingen verlockend. Gut beraten ist trotzdem jeder, der die Offerten am Telefon mit Vorsicht genießt, er könnte sich auf ein teures Geschäft einlassen. Schon jetzt ist diese Form der Werbung verboten, es sei denn, wir Verbraucher stimmen ausdrücklich zu. Trotzdem will das Kabinett jetzt der Werbung am Telefon noch engere Grenzen setzen, ein entsprechender Gesetzesentwurf wird heute im Bundeskabinett beschlossen, am Telefon von Deutschlandradio Kultur ist die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries von der SPD. Guten Morgen, Frau Zypries!

Brigitte Zypries: Guten Morgen, Herr Ostermann!

Ostermann: Trotz der Gesetzeslage, die bislang gilt, nehmen die lästigen Anrufe zu. Wie soll denn künftig stärker abgeschreckt werden?

Zypries: Ja, Sie haben völlig recht, das ist ein großes Ärgernis, diese Anrufe, und wir können sie vor allen Dingen in drei Bereichen verzeichnen: bei Zeitungen und Zeitschriften, bei Toto/Lotto und bei Telekommunikation. Das sind die drei Gebiete, wo wir echte Probleme haben. Ansonsten, muss man sagen, funktionieren die telefonisch geschlossenen Verträge ja gut. Wir wollen deshalb ein Maßnahmepaket heute beschließen. Wir wollen zum einen sagen, künftig muss jeder, der anruft, seine Rufnummer zeigen. Es geht nicht, dass man anonym anruft und der Kunde sich dann gar nicht wehren kann. Deswegen sagen wir, es gibt ein Bußgeld, wenn man künftig seine Rufnummer bei solchen Werbeanrufen unterdrückt. Was für meine Begriffe aber viel wirksamer sein wird noch als diese Bußgeldandrohung, ist die Tatsache, dass wir sagen: Auch die Zeitungsverträge, die Zeitschriftenverträge und die Toto/Lotto-Verträge, die am Telefon geschlossen wurden, können künftig innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Das geht im Moment nicht. Da haben wir eine Gesetzeslücke, denn ansonsten sind alle sogenannten Fernabsatzverträge innerhalb von 14 Tagen widerrufbar, nur diese zwei Gruppen sind da ausgenommen, und ich vermute, dass das auch damit zusammenhängt, dass es so viele unerlaubte Anrufe gibt.

Ostermann: Und dann sprachen Sie von einer dritten Maßnahme?

Zypries: Die dritte Maßnahme bezieht sich auf die Verträge, wo im Hintergrund etwas geschaltet wird, bei Telekommunikation zum Beispiel, da merkt der Verbraucher ja gar nicht, dass etwas umgestellt wird. Das gilt aber auch für Gas oder für Strom oder für Wasser, überall wird irgendwo was gedreht und man merkt es selber gar nicht. Und da, sagen wir, muss künftig eine schriftliche Kündigung vorliegen, ein schriftliches Einverständnis, dass der Anbieter gewechselt wird.

Ostermann: Bleiben wir bei dem ersten Fall, den Sie geschildert haben, künftig soll die Rufnummer meines Gesprächspartners gezeigt werden, sie darf nicht mehr unterdrückt werden. Frau Zypries, aber wie kann ich denn diese Nummer herausbekommen, wenn mein Gesprächspartner - es könnte ja auch eine Frau sein - das nicht gemacht hat? Da steckt doch der Teufel wie üblich im Detail.

Zypries: Das ist völlig richtig, und deswegen habe ich auch gesagt, ich glaube, dass die anderen Maßnahmen, die die Firmen wirtschaftlich treffen, mit Widerruf und schriftlichen Bestätigungen, dass die sehr viel wirksamer sein werden. Ich gebe Ihnen recht, wenn jemand es nicht machen darf, seine Rufnummer unterdrücken, aber es trotzdem tut, dann ist es irgendwie schwierig. Dann muss man halt im Gespräch versuchen, rauszufinden, wer derjenige ist. Und man kann natürlich auch sehr deutlich jetzt künftig sagen, sagen Sie mal, Ihre Rufnummer ist unterdrückt, Sie wissen, dass das bußgeldbewährt ist.

Ostermann: Warum sind Sie - was jetzt die Säule zwei betrifft dessen, was Sie gerade erzählt haben -, warum sind Sie da nicht, was ja auch Verbraucher zum Teil gefordert haben, noch einen Schritt weitergegangen und haben beschlossen oder werden beschließen: Verträge werden erst dann wirksam, wenn sie schriftlich vom Kunden bestätigt sind, und zwar grundsätzlich?

Zypries: Ja, das ist eine Forderung, die für meine Begriffe über das Ziel hinausschießt. Ich habe ja eingangs schon gesagt, wir haben vor allen Dingen in diesen drei Bereichen Schwierigkeiten, ansonsten gar nicht. Es werden ja täglich Tausende von Verträgen telefonisch geschlossen. Wenn Sie schon Ihre Pizza telefonisch bestellen, dann ist das ja schon ein Vertrag da wollen Sie ja nicht hinterher noch ein Fax schicken, damit klar ist, die Pizza soll auch wirklich kommen.

Ostermann: Nein, aber da geht es ja auch nur um sechs oder acht Euro, wir reden ja über andere Beträge.

Zypries: Ja, aber wenn ich generell sage, dass Verträge schriftlich zu bestätigen sind, dann gilt es eben für alle Verträge, und dann gilt es auch für teurere Verträge, die man mündlich schließt, am Telefon schließt, beispielsweise, wenn man eine telefonische Bestellung für ein bestimmtes Gerät aufgibt.

Ostermann: Schon jetzt konnten ja Geldbußen ausgesprochen werden, aber haben die wirklich diesen abschreckenden Effekt, den Sie sich erhoffen? 50.000 Euro sind eine Menge Geld auf der einen Seite, aber für die, die es haben, wieder relativ wenig.

Zypries: Das ist wahr und deswegen nochmals: Das Wichtige ist, dass der Kunde künftig innerhalb von 14 Tagen immer sagen kann, ich will das Ganze nicht. Egal, aus welchen Gründen, auch wenn er es sich einfach nur anders überlegt hat, dann kann er sagen: Ich will diese Zeitung doch nicht. Und die Frist fängt erst an zu laufen, wenn der Vertrag begonnen hat, das heißt, wenn man das auch weiß. Man kann ja nicht sagen, nach vier Wochen liefere ich dir die erste Zeitung und die 14-Tage-Frist ist rum, so ist es nicht, sondern erst, wenn die Zeitung da ist, kann der Kunde sagen, nein, ich will das nicht, ich schicke das einfach zurück und gut ist. Und ich glaube, dass diese wirtschaftlichen Maßnahmen die wirksamsten sind, denn anders kann ich es mir wenigstens nicht erklären, dass wir nur in den Bereichen die Schwierigkeiten haben, aber eben nicht in allen anderen Bereichen.

Ostermann: Nun entwickelt sich vieles sehr schnell, auch die Technik geht weiter und möglicherweise auch die aggressiven Werbemethoden. Frau Zypries, wagen Sie eine Prognose, was die Haltbarkeit dieses Gesetzesentwurfes betrifft, der heute vom Kabinett verabschiedet wird unter Leitung des Außenministers Frank-Walter Steinmeier?

Zypries: Ich glaube, dass wir wirksame Maßnahmen getroffen haben, denn wir haben zum einen beim Fernabsatzrecht jetzt eben diese beiden bisher fehlenden Bereiche aufgenommen, damit ist das ganze Fernabsatzrecht jetzt innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen, alle Verträge, die dort geschlossen wurden, und wir haben mit der Verpflichtung, dass man eine schriftliche Kündigung vorlegen muss, im BGB - die Regelung nehmen wir ins BGB auf -, haben wir alle anderen Möglichkeiten auch abgedeckt, das heißt jetzt nicht nur Telekommunikation, wo inzwischen der Wechsel sehr häufig ist, sondern auch beispielsweise Strom, wo wir ja mit der Deregulierung der Märkte auch bald ein anderes Anbieterfeld noch kriegen werden. Auch Anrufe, die auf Stromwechsel zielen beispielsweise, sind dann jetzt davon umfasst.

Ostermann: Sie sind also sicher, die Haltbarkeit lässt sich sehen.

Zypries: Ja, das denke ich schon. Wir haben ja auch lange genug überlegt, muss man dazu sagen, wir haben es intensiv diskutiert und es gibt natürlich auch gerade aus der Wirtschaft viele Gegenstimmen, die sagen, das geht alles schon viel zu weit. Aber ich glaube, dass es die Verbraucher wirklich wirksam schützt.

Ostermann: Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries von der SPD im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Danke, Frau Zypries!

Zypries: Bitte!