Zwölf Jahre Bürgerkrieg

Von Victoria Eglau · 24.03.2010
1980 brach in El Salvador ein zwölfjähriger, bewaffneter Konflikt aus. Gegenüber standen sich dort die massiv von den USA unterstützten Militärs und die linke Guerrilla-Bewegung FMLN. Heute vor 20 Jahren, am 24. März, wurde während einer Messe Erzbischof Oscar Arnulfo Romero von einem rechten Todeskommando erschossen.
"Ich möchte einen besonderen Appell an die Männer in der Armee richten. Vor allem an die Mitglieder der Nationalgarde. Brüder, die Menschen, die ihr tötet, gehören unserem Volk an. Es sind Bauern, die eure Brüder sind.”"

23. März 1980. Erzbischof Oscar Arnulfo Romero predigt in der Kathedrale von San Salvador. Wie die meisten seiner Predigten wird auch diese von einem katholischen Radiosender übertragen. Das ganze Land hört Romeros Aufforderung an die Soldaten, sich Tötungsbefehlen zu widersetzen.

""Über dem Befehl, zu töten, muss das Gesetz Gottes stehen, das sagt: du sollst nicht töten."

El Salvador im Jahr 1980: ein Land, in dem sich der Konflikt zwischen linken Guerilla-Organisationen und bewaffneter Staatsmacht immer weiter zuspitzte. Rechte Todesschwadronen verbreiteten ein Klima des Schreckens. El Salvador war ein pseudo-demokratischer Staat. Traditionell teilten sich dort das Militär und eine rechtskonservative Wirtschaftselite die Macht.

"Mit Wahlen, bei denen mehrere Kandidaten antraten, wurde eine Art Demokratie-Fiktion aufrechterhalten. Aber eigentlich regierten die Armee und ein gutes Dutzend Kaffeebarone das Land."

Erklärt der argentinische Politologe Carlos Vilas, der in den siebziger und achtziger Jahren in Mittelamerika lebte.

"Die soziale Ungerechtigkeit dort war groß, und die Regierungen waren autoritär. Einer kleinen Schicht sehr reicher Leute gehörte der größte Teil des Landes. Die Masse der Campesinos aber besaß kein Land, oder zu wenig, um zu überleben. Das erklärt, weshalb sowohl in Nicaragua, als auch in Guatemala und El Salvador revolutionäre Bewegungen entstanden."

In Nicaragua triumphierte 1979 die Sandinistische Revolution. In El Salvador gingen linke Guerilla-Gruppen in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre immer stärker auf Konfrontationskurs zum Staat. Zum Anwachsen der revolutionären Bewegungen trug die in Lateinamerika seit etwa 1960 von einem Teil der Katholischen Kirche entwickelte Befreiungstheologie bei, die die Entrechtung und Ausbeutung der Armen beenden wollte. Carlos Vilas:

"Ihre Verfechter erklärten in ihren Predigten den Kapitalismus der Großgrundbesitzer zur Sünde. Unterdrückung und Ungleichheit sagten sie, seien Sünde. Die Pflicht der Christen sei es, gegen die Sünde, also gegen diese wirtschaftlichen Strukturen, zu kämpfen."

Im Februar 1977, mit 59 Jahren, wurde Oscar Arnulfo Romero Erzbischof von San Salvador. Der Geistliche aus San Miguel im Osten El Salvadors war überzeugt von den Prinzipien der Befreiungstheologie. Die in den kommenden Jahren zunehmende staatliche Repression, unter der viele Campesinos, Arbeiter und Priester litten, verurteilte Romero in seinen Predigten mit immer deutlicheren Worten. Der Erzbischof prangerte Menschenrechtsverletzungen und Morde an, bezog offen Position gegen El Salvadors Armee und Regierung und kritisierte die Militärhilfe der USA. Carlos Vilas:

"”Mit der Zeit wurde Erzbischof Romero radikaler. Von seiner Warte aus unterstützte er den Kampf des Volkes. In Mittelamerika war die Kirchenhierarchie stets ein Stützpfeiler der traditionellen Ordnung und der Oligarchie gewesen. Dass ein Kirchenfürst sich offen auf die Seite der Armen stellte, als die Armen die Revolution wollten, hatte große Bedeutung. Deswegen wurde Romero ermordet.""

"Im Namen Gottes und im Namen dieses leidenden Volkes, dessen Klagen von Tag zu Tag lauter zum Himmel hinauf steigen, bitte ich Sie inständig, fordere ich Sie auf: Hören Sie auf mit der Repression."

Am 24. März 1980, einen Tag nach Romeros dringendem Appell an Regierung und Militärs, wurde der Erzbischof von einer Todesschwadron erschossen, während er in einer Krankenhauskapelle die Messe las. Dem Mord an Oscar Arnulfo Romero folgte ein zwölfjähriger Bürgerkrieg mit rund 75-tausend Todesopfern. Im vergangenen Jahr erkannte der salvadorianische Staat erstmals seine Verantwortung für das Verbrechen an.