Zweifel am Willen zur Aufklärung

Von Tonia Koch · 15.03.2013
Jahrelang hatte es Missbrauch an den Schülern im Johanneum, einer katholischen Privatschule, gegeben. Die Opfer kämpfen noch immer um Anerkennung und Gerechtigkeit, doch die Schule sperrt sich. Nun ist auch eine Mediation gescheitert.
Vier Tage tagten die deutschen Bischöfe Mitte Februar in Trier. Und in diesen 4 Tagen versuchten die Vertreter von Opferinitiativen sexuellen Missbrauchs mit den Bischöfen ins Gespräch zu kommen. Doch eine Geste in Richtung der Opfer blieb aus. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, begründete die bischöfliche Zurückhaltung.

"Wir selbst können als Bischofskonferenz nicht anfangen, mit Einzelgruppen Gespräche zu führen, denn sonst würden solche Gruppen unsere Bischofskonferenz bestimmen und wir kämen nicht zu unseren Themen."

Bernd Held ist Mitglied einer Opfer-Initiative. Wie viele andere auch hatte er in Trier ausgeharrt. Aber nach den unmissverständlichen Worten des Kirchenhirten fühlt er sich wieder einmal in seinem Gefühl der Ohnmacht gegenüber der Institution Kirche bestätigt.

"Wir rennen seit drei Jahren gegen eine Wand und das immer und immer wieder."

Bernd Held hat eine Reihe von Schülern um sich geschart, die Opfer sexueller Übergriffe von Ordensgeistlichen geworden sind. Der Missbrauch fand am Johanneum, einer konfessionellen Privatschule im saarländischen Homburg statt. Die meisten Betroffenen hatten wie Bernd Held von Mitte der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre das Johanneum besucht. Ein Gymnasium und ein Internat, das zu dieser Zeit nur Jungen offen stand.

Bis heute wird die Schule von den Hiltruper Missionaren geführt. Genauer gesagt von einer Stiftung, in der jedoch die Missionare vom Heiligsten Herzen Jesu das Sagen haben. Bis heute wartet die Initiative Ehemaliger des Johanneums auf einen Aufarbeitungsprozess, der aus ihrer Perspektive diesen Namen auch verdient.

"Warum schreibt der Orden nicht, wie das andere Institutionen gemacht haben, die betreffenden Jahrgänge an und sagt, wir sind daran interessiert, wir möchten wissen, was damals passiert ist, bitte helft uns dabei. Schildert uns euer eigenes Empfinden, eure eigenen Erlebnisse, warum macht er das nicht?"

Der Orden selbst antwortet auf diese Frage nicht. In einer E-Mail des ehemaligen Missbrauchsbeauftragten, Pater Martin Kleer, der den Herz-Jesu-Missionaren seit dem vergangen Jahr vorsteht, heißt es, vom Orden selbst stünde niemand zu einem Gespräch zur Verfügung.

Auch der Vorsitzende der Stiftung des Johanneums, der Bonner Theologe Prof. Ulrich Berges, ebenfalls Mitglied der Ordensgemeinschaft, sieht nach eigenen Angaben "keine Veranlassung" für ein Interview. Schließlich verweist der Orden auf den Zweibrücker Rechtsanwalt Christoph Basler. Dieser ist Geschäftsführer einer Gesellschaft, die im Auftrag der Stiftung die Schule führt.

Basler hält ein aktives, ein offensives Entgegenkommen des Ordens gegenüber den Opfern weder für notwendig noch für machbar. Da die Anzahl der Schüler, die das Johanneum durchlaufen hätten, in die Tausende gingen und kaum noch persönliche Daten verfügbar seien, hätten die Schüler nur schwer kontaktiert werden können.

"Durch die breite Presse-Berichterstattung, die es ja lange Zeit gab, war jeder, der im Johanneum war, ausreichend informiert über die Vorwürfe und ich denke, jeder, der sich darin wiedergefunden hat und gesehen hat, ich habe ähnliches erlebt, der hatte dann die Möglichkeit, wenn er das wollte, sich bei den entsprechenden Stellen zu melden und hat es wohl teilweise auch getan. Aber den Vorwurf zu erheben, weil nicht alle angeschrieben wurden, sei nicht alles ans Tageslicht gekommen, das sei eine Strategie des Ordens gewesen, das zu unterbinden, das halte ich nicht für gerechtfertigt."

Der Orden bewegt sich auf dem Boden der von der Katholischen Kirche verabschiedeten Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsopfern. Das heißt, der Orden erkennt diejenigen Betroffenen als Opfer an, die sich bei ihm melden, einen Antrag auf Entschädigung stellen und deren Schilderungen, soweit noch möglich, durch Aussagen potenzieller Täter bestätigt werden.

Zwei Patres des Johanneums haben den Missbrauch an Kindern zugegeben. Diese Fälle wurden von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken jedoch nicht verfolgt, weil sie verjährt waren. Somit war Rom gefordert, disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen, was auch geschah. Einer der beiden Täter durfte nicht länger im Dienst in der Kirche stehen. Der zweite durfte sich Minderjährigen nicht mehr unbeaufsichtigt nähern. Den Opfern aber reiche die Verurteilung zweier Einzeltäter nicht aus, sagt Prof. Bernhard Haupert.

"Insgesamt müssten die Orden oder der Orden, um den es geht, so etwas wie ein Schuldbekenntnis ablegen und eine Verantwortung übernehmen, weniger eine juristische oder eine finanzielle, sondern ein Schuldbekenntnis, dass es gravierendes professionelles Fehlverhalten gegeben hat. Was unter anderem auch damit zusammen hängt, dass die Fragen eine Rolle spielen, die im Kontext von sexuellem Missbrauch wahrscheinlich bis heute im Rahmen von Kirche oder im Rahmen des Ordens tabuisiert werden, also Sexualität, Nähe, Distanz."

Der Mainzer Soziologieprofessor hatte sich als Mediator zur Verfügung gestellt. Doch die Vermittlung zwischen Opfern und Orden ist vor ´zwei Wochen, nachdem sie zwischenzeitlich schon einmal ruhte, endgültig gescheitert.

"Die Gespräche sind deshalb beendet worden, weil es keine Bewegung gab in den Gesprächen. Und es macht ja keinen Sinn, wenn wir uns treffen und die Opfer wiederholen ihre Position und der Orden. Und eine der zentralen Forderungen der Opfer war ja diese institutionelle Verantwortung des Ordens. Und der Orden lehnt das ab, er sagt klipp und klar, es gibt keine institutionelle Verantwortung."

Am 28. Februar dieses Jahres ist für sämtliche bekannten Fälle im Zusammenhang mit dem Johanneum die Verjährungsfrist eingetreten. In sofern verwundert es nicht, dass der Orden auf dem juristischen Standpunkt beharrt, ein Opfer ist, wer sich beim Orden als solches zu erkennen gibt. Das verlangten nun einmal die Leitlinien, argumentiert der Geschäftsführer des Johanneums und Anwalt, Christoph Basler.

"In meinen Augen tut der Orden alles, um, a) Aufklärung zu betreiben und b) auch eine Einigung mit etwaigen Opfern zu erzielen. Und bisher hat ja auch jeder, der Anträge gestellt hat, hat entsprechende Leistungen auf der Grundlage der Leitlinien erhalten. Die Leitlinien wurden ja mit Sinn und Verstand in die Welt gesetzt und ich denke, man kann dem Orden keinen Vorwurf machen, dass er sagt, ich halte mich daran."

Aber was ist mit all jenen, die als Kinder, als Heranwachsende im Johanneum permanenten Grenzverletzungen ausgesetzt waren, die bis heute an diesem erlittenen Distanzverlust leiden. Wie zum Beispiel der ehemalige Schüler, Christian Fischer.

"Ich kann mich an manche Situationen erinnern, wo es am Bett zu Handlungen kam, nicht unbedingt der Natur, dass ich hart sexuell angegangen wurde, aber, dass mir halt an die Genitalien gefasst wurde. Details davon fehlen mir. Ich habe vor drei Jahren, als es in der Presse aufkam, erstmals überhaupt realisiert, dass ich Betroffener dieses sexuellen Missbrauchs geworden bin und hatte vorher – obwohl ich Bilder hatte und auch Erinnerungen an diese Szenen – das für mich persönlich komplett abgespalten. Es ist total verrückt, zu was für einer Verdrängungsleistung Leute, denen so etwas widerfahren ist, auch fähig sind."

Thomas Lentes war zunächst auf dem Weg, sich einem Leben unter den Regeln des Ordens zu verschreiben. 1981 war er in die Gemeinschaft der Herz-Jesu Missionare eingetreten, 6 Jahre später hat er sie wieder verlassen. Er selbst hat sich nach eigenem Bekunden im Internat überaus wohl gefühlt. Das Johanneum habe er als sein zu Hause begriffen. Inzwischen versucht er allerdings, das Erlebte neu zu ordnen.

"Ich erinnere mich an einen Pater, der im Grunde bei uns Kindern seine Streicheleinheiten gesucht hat. Ich bin 2010 wochenlang mit dem Gesicht dieser Fratze durch die Gegend gelaufen, der immer wieder mit seinem Bart mir an die Backe wollte, küssen, kuscheln. Als Kind habe ich das als unangenehm empfunden, bin abgehauen. Als Erwachsener merkte ich, da kommt Ekel in mir hoch. Für mich selbst, werte das nicht als Missbrauch oder so, aber ich habe gemerkt, es gibt Dinge, die waren unausgesprochen."

Aus dem Mund eines Täters klingt die Vergangenheit nach spielerischem Miteinander mit den Jungen, die ihm anvertraut waren. Im Juni 2011 beichtet ein Pater im Online-Dienst der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

"Sie hatten zu mir ein Verhältnis wie zu einem Bruder oder zu einem Vater. Ich habe sie gern gehabt. So kam es vor, dass ich mich auf diesen Rundgängen am späten Abend noch für einen Augenblick zu einem von ihnen aufs Bett setzte. Ich redete mit dem jeweiligen Jungen, streichelte seinen Oberkörper. Und rutschte dabei dann eher aus Versehen auch mal tiefer. Es war nicht bewusst, sondern quasi 'im Vorbeigehen'."

"Quasi im Vorbeigehen", die geschilderte Suche nach Nähe, nach Kontakt, sei im Grunde Ausdruck einer unprofessionellen Struktur, eines pädagogisch unprofessionellen, ungelernten Umgangs mit den Kindern, sagt der Soziologe Bernhard Haupert. Und für die Johanneumsschüler, die in dieser familiären Scheinwelt zu Opfern wurden, ist nicht nachvollziehbar, dass es nur zwei Täter gegeben haben soll und alle anderen davon nichts gewusst haben wollen.

Florian Schilling: "Anhand der Definition Missbrauch, wie er auch in den Richtlinien steht, können wir von mindestens 8 Tätern sprechen und von einer Vielzahl von Betroffenen über einen langen Zeitraum. Und wir können also sagen, es handelt sich also nicht um die Taten von zwei Einzelpersonen, es ist nicht die Problematik von Einzeltätern sondern eine Problematik des ganzen Systems, der Institution als solcher."

Der Orden lehnt eine kollektive Verantwortung für die Geschehnisse ab und er streitet ebenfalls ab, dass es ein kollektives Wissen um die Vorgänge innerhalb der Mauern von Schule und Internat gegeben hat. Zum einen sei die von den Opfern genannte Zahl der Täter für den Orden nicht verifizierbar, weil nicht der Orden mit den Vergehen dieser mutmaßlichen Täter befasst worden sei, sondern andere Institutionen, wie etwa das Bistum Speyer, argumentiert Rechtsanwalt Christoph Basler. Zum anderen sei für ihn als ehemaligem Schüler des Johanneums, der zwar die Schule, aber nicht das Internat besucht habe, nicht vorstellbar, dass Mitglieder des Konvents vom Missbrauch an Schutzbefohlenen gewusst und diesen gedeckt haben könnten.

"Ich muss ehrlich sagen, wie ich die Ordensmitglieder erlebt habe, auch in meiner Schulzeit, ist es für mich ausgeschlossen, anzunehmen, dass auch nur einer von diesen solches, was sich im Nachhinein herausgestellt hat, wirklich duldend hingenommen hätte. Das sind Leute, die ihr Leben für die Kinder wirklich geopfert haben in dem sie alles, was ihnen an Verdienst zufloss an den Orden abgeführt haben, um die Finanzierung der Schule sicher zu stellen. Dass sie auf der anderen Seite solches Treiben eines Mitbruders mit ansehen und sagen, och, ist ein Mitbruder, ist nicht so schlimm, das halte ich für ausgeschlossen."

Eine vergleichbare Reaktion wie Christoph Basler zeigte zunächst auch die Mutter eines Jungen, der zwei Jahre lang sexuelle Demütigungen erdulden musste, bevor sie die Anzeichen seines zunehmend auffälligen Verhaltens deuten konnte. Die Enttäuschung der gläubigen Katholikin, die der festen Überzeugung war, sie hätte das Beste für ihren Sohn getan, als sie ihn in die Obhut der Kirchenmänner gab, ist kaum zu beschreiben. Sie würde sich wünschen, dass mehr Eltern öffentlich Stellung beziehen und glaubt zu wissen, warum sie im Hinblick auf das Johanneum bislang die einzige ist, die ihren Schmerz öffentlich macht.

"Weil sie sich schämen, weil sie Angst haben, weil sie ihren Kindern etwas zugemutet haben, das sie nicht wollten, ach, die Kirche, die macht so etwas nicht. Das geht nicht in die Köpfe rein, dass die Kirche fehlbar ist."

Bereits zu einem frühen Zeitpunkt habe sie die Leitung des Internats informiert.

"1981 bin ich zum damaligen Leiter, zu Pater Ollertz gegangen und habe ihm gesagt, dass mein Sohn missbraucht wurde. Es hat den Eindruck gemacht, als dass er das wusste und er sagte nur, wir werden der Sache nachgehen. Der Sohn wurde dann zu ihm gerufen und in meinem Beisein hat der Sohn bestätigt, dass er das erlebt hat und er könne auch noch Namen anderer Kinder nennen."

Auch Thomas Lentes, der dem Orden den Rücken gekehrt hat, tut sich schwer mit der Darstellung der Hiltruper Missionare, es habe kein breites Wissen über Vorfälle sexuellen Missbrauchs an Schutzbefohlenen gegeben.

"In wie weit die Ordensleitung etwas darüber wusste, kann ich natürlich nicht sagen, ich habe mit der Ordensleitung darüber nie gesprochen, ich bin allerdings sehr verwundert darüber, dass heute von Ordensseite massiv abgestritten wird, dass es irgendein Wissen gab. Da muss man glaube ich sagen: Das stimmt nicht. Es gab zumindest gerüchteweise Wissen und so wie die Struktur des Ordens gestrickt ist, halte ich es für nicht glaubhaft, dass die Oberen nichts davon gewusst haben."

Das Johanneum in Homburg liegt im Zuständigkeitsbereich des Bistums Speyer. Das Bistum finanziert den Schulbetrieb mit etwa einer halben Million Euro pro Jahr. Und allein schon deshalb, weil Speyer institutionell mit der Einrichtung verflochten ist, hätte sich die Initiative der Opfer Hilfe von dort erhofft.

Bernd Held: "Das hätten wir vom Bistum erwartet, weil sie nach meiner Ansicht die Möglichkeit hätten. Aber sie ziehen sich darauf zurück, das ist ein päpstlicher Orden, wir sind denen gegenüber nicht weisungsbefugt, wir kommen nicht an die ran."

Formal ist das korrekt. Und das Bistum bleibt bei seiner Linie, dass ihm die Hände gebunden sind, dass es keinen Einfluss geltend machen kann. Obwohl es 2011 in einem Brief des Generalvikariats an einen Vertreter der Opfer heißt:

"Über die Frage, wie mit den Missbrauchsopfern umzugehen ist, besteht ein schwerer Dissens zwischen der Diözese und dem Orden. Diese Auffassung wurde auch den Vertretern des Ordens mehrfach ausdrücklich mitgeteilt."

Gefühlt steht das Speyrer Bistum möglicherweise auf Seiten der Opfer. Aber die Katholische Kirche hat sich in Bezug auf den Orden dazu entschlossen, Neutralität zu wahren. Das gilt insbesondere für die in den Gesprächen zwischen den Hiltruper Missionaren und den Opfern immer wieder hin und her gewendete Frage, was hat der Orden als Ganzes von den Missbrauchsvorwürfen gewusst, gibt es eine kollektive Verantwortung für das verwerfliche Geschehen? Thomas Sartingen is in Speyer zuständig für Schulen, Hochschulen und Bildung.

"Dass es an der Stelle unterschiedliche Bewertungen gibt, wer was gewusst hat oder nicht, wer wo Verantwortung trägt oder nicht, ist mir bewusst. Ich werde mich an dieser Stelle sicher nicht zum Entscheider aufschwingen, wer sozusagen Recht hat. Ich glaube tatsächlich, dass das Gespräch an der Stelle notwendig ist und ich sehe das Bistum oder mich – ich sage das mal in Anführungsstrichen - nicht als Schiedsrichter oder Vergleichbares."

Speyer hat für die Bistumsschulen zwischenzeitlich Präventionsmaßnahmen ergriffen. Dazu zählen zum Beispiel Schulungen des Lehrpersonals, erweiterte Führungszeugnisse und die Ernennung eines Präventionsbeauftragten vor Ort. Und Speyer hatte Hoffnungen in eine erfolgreiche Mediation zwischen den Herz-Jesu-Missionaren und den Opfern gesetzt. Aber da diese nun gescheitert ist, wird das Johanneum die Folgen dieses Scheiterns tragen müssen, glaubt Sartingen.

"Weil in der öffentlichen Debatte, allein schon immer der Name der Schule fällt, jenseits der Frage, was sie tatsächlich damit zu tun hat. Die Hypothek gibt es, ganz ohne Frage. Wie schwer diese Hypothek in der Zukunft belasten wird, vermag ich nicht abschließend zu bewerten."

Anfang Dezember hat sich die aktuelle Schülervertretung des Johanneums in einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Mit Verärgerung, so heißt es darin, hätten die Schüler feststellen müssen, dass die Schule in der Presse immer wieder so dargestellt werde, wie sie nicht sei. Die Schule sei ganz anders als ihr beschädigter Ruf, sagt Victor, einer der beiden Schulsprecher.

"Aus unserer Sicht würden wir vielleicht sagen, dass wir eine starke Schulgemeinschaft haben, ja, weil die Vergangenheit vielleicht auch, ich will nicht sagen, zusammenschweißt , aber, man kann sich ja entschieden, ob man für seine Schule einsteht oder nicht und da würde ich doch sagen, dass die meisten begeistert sind."

Freunde und Bekannte würden sich nicht mehr darüber wundern, dass sie sich für das Johanneum entschieden habe, sagt Carolin, Schulsprecherin in Homburg.

" "Natürlich wird man darauf angesprochen, da gab’s doch Missbrauchsfälle und so und die Leute fragen dann auch, ja, wie ist das denn momentan, und dann sagen wir halt, ja, ganz normale Schule halt, relativ katholisch geprägt und das war’s. Ich meine, man will das nicht verschweigen, weil es eben doch ein Teil der Geschichte ist, aber es hat ja nichts mit der Schule zu tun."

Ob die Hiltruper Missionare sich allerdings im besten Sinne um eine Aufarbeitung des Missbrauchs bemühen, da hegen selbst die Schüler leise Zweifel.

" "Da wollen wir ungern etwas dazu sagen, das steht uns auch nicht zu, darüber zu urteilen, ob die zu viel oder zu wenig machen. Aber, man kann sagen, das hätte besser gelöst werden können."

Das Internat ist geschlossen, die Patres sind aus Altersgründen aus dem Schuldienst ausgeschieden. Und es ist nur allzu verständlich, dass Schüler und Eltern ihre Schule in einem positiven Licht erscheinen lassen möchten. Christian Lintz, Sprecher der Elternvertretung:

"Es ist ein Klima in der Schule, das Klima steht auf Aufbruch, auf Teamwork, das Klima steht auf Zukunft. Wir wollen die Zukunft gestalten und das ist das, was ich erlebe, wenn ich in die Schule komme und das ist das, was ich auch mittragen möchte."

Nachdem die Anmeldezahlen lange Zeit rückläufig waren, sind sie für das kommende Schuljahr wieder auf 120 gestiegen und haben sich damit gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Mit Hilfe einer stärker naturwissenschaftlichen Ausrichtung des Gymnasiums hofft die Schule im Wettbewerb mit anderen zu bestehen. So lange sich die Hiltruper Missionare jedoch nicht bewegen und zu einer anderen Gesprächskultur zurück finden, legen sie den Schülerinnen und Schülern des Johanneums eine Bürde auf, die zu schultern sie nicht verdient haben. Auch der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung ermahnt die Herz-Jesu-Missionare zu mehr Offenheit.

Johannes-Wilhelm Rörig: "Im Fall des Johanneums in Homburg muss man Kritik üben, dass auch drei Jahre nach Bekanntwerden der Missbrauchsskandale noch kein gleiches Verständnis von Aufarbeitung zwischen Orden und Betroffenen erreicht wurde."
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