Zum Tod von Michael Gwisdek

Ein Lebenskünstler mit Hang zum Slapstick

13:58 Minuten
Michael Gwisdek, Schauspieler und Regisseur in seinem Garten in der Schorfheide.
Michael Gwisdek sei ein "großer Komiker" gewesen, der auch seine verletzliche Seite zeigen konnte, sagt Andreas Dresen. © imago images / Christian Kielmann
Andreas Dresen im Gespräch mit Vladimir Balzer · 23.09.2020
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Der Schauspieler und Regisseur Michael Gwisdek ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Er hatte "ein großes Herz" und "ganz viel Gefühl und Mitgefühl mit Menschen und seinen Figuren", sagt der Regisseur Andreas Dresen.
Schauspieler, Regisseur, Theatermann, Lebenskünstler - das alles war Michael Gwisdek. Schon in der DDR feierte er große Erfolge, spielte in vielen DEFA-Filmen mit. Und auch nach der Wende ebbte seine Karriere nicht ab. Unter anderem spielte Gwisdek die Hauptrolle in dem Episodenfilm "Nachtgestalten". Dafür wurde der Schauspieler 1999 mit dem Silbernen Bären geehrt. Andreas Dresen führte Regie.
Gwisdek hatte "eben dieses große Herz und einfach ganz viel Gefühl und Mitgefühl mit Menschen und mit seinen Figuren", sagt Dresen. "Er ist ein großer Komiker gewesen, der einmalig Slapstick konnte, was eine große Kunst ist bei einem Schauspieler."
"Das ist so ein bisschen der Kampf mit den Dingen. Der Menschen meint, Herr seiner Welt zu sein, und in Wirklichkeit fällt er doch immer wieder hin oder bleibt in der Drehtür hängen. Und so etwas konnte Michael Gwisdek wie kein Zweiter spielen. Und das ist etwas, da kann man als Regisseur einem Schauspieler auch nur sehr schwer bei helfen, weil man das nicht erklären kann."

Lustig, ironisch, verletzlich

Mit Michael Gwisdek, der von Freunden und Kollegen Micha genannt wurde, sei es immer lustig zugegangen, sagt der Regisseur. Was auch damit zu tun gehabt hätte, dass er ständig Slapstick geübt habe. "Er kam auf einen zu, hielt einem die Hand hin und stolpert und das sah unglaublich echt aus. Und er hat eigentlich ständig diese Technik für sich trainiert und das war sehr schön zu beobachten und natürlich auch wahnsinnig lustig."
Sein Markenzeichen sei auch sein "schnöselig-ironischer Ton" gewesen, sagt Dresen. "Das habe ich auch sehr gemocht, aber er konnte natürlich auch ganz pur und ganz weich sein." Auch in dem Film "Nachtgestalten" sei das durchgebrochen an einigen Stellen.
"Es gibt eine wunderbare Stelle, wo ihn dieser kleine Junge plötzlich umarmt und umklammert und wo Michael dann so steht und langsam und ganz vorsichtig seine Arme ihren Weg um diesen Jungen herum finden. Und das konnte er eben auch", so Dresen. "Er konnte auch diese verletzliche Seite sehr wohl zeigen, ohne dabei distanziert zu sein."

"Er war ein totaler Kinofanatiker"

Michael Gwisdek sei ein positiver Mensch gewesen, der dem Leben "zugewandt" gewesen sei, sagt der Regisseur. "Ich glaube, es ist die Begabung eines Lebenskünstlers, der er ja auch war, über sich selber lachen zu können, sich selber auch einzuordnen."
Und so habe er den Mauerfall als Chance für sich gesehen und sich in "Arbeit geschmissen" - wohl ein Grund, warum er noch nach der Wende so erfolgreich gewesen sei.
Und auch privat war der Film seine Leidenschaft. "Michael war ein totaler Kinofanatiker", so Dresen. Zu Hause habe er sich ein kleines Kino eingerichtet. "Er war wirklich ein Freak und kannte auch die abwegigsten Sachen. Man konnte sich mit ihm wunderbar über Kino unterhalten."
(nho)
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