Zum Tod von McCoy Tyner

Die Kraft der Akkorde

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Der Pianist McCoy Tyner hat eine Schirmmütze auf und schaut skeptisch.
Die Antwort auf Coltranes Saxofon - der Pianist McCoy Tyner ist mit 81 Jahren gestorben. © imago images / ZUMA Press
Oliver Schwesig im Gespräch mit Gabi Wuttke · 07.03.2020
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Er hat über 70 Alben aufgenommen, mehrere Grammys gewonnen und im "John Coltrane Quartet" gespielt - jetzt ist McCoy Tyner im Alter von 81 Jahren gestorben. Oliver Schwesig erinnert an den Pianisten, der mit seiner linken Hand die Jazz-Welt erobert hat.
Geboren wurde der Pianist McCoy Tyner 1938 in Philadelphia. Dort traf er auch John Coltrane, berichtet Musikkritiker Oliver Schwesig: "Die beiden haben sich zufällig auf der Straße kennengelernt." Coltrane sei dann so begeistert von Tyner gewesen, dass er ihn in sein berühmtes Quartett geholt habe.

Das Gegengewicht zu Coltrane

"Jeder von den Vieren hatte eine eigene Stimme", sagt Schwesig. Und das besondere an McCoy Tyner sei, dass er seine eigene Stimme schon so früh gefunden habe, mit gerade mal 22 Jahren. Durch sein "forciertes, prononciertes Spiel" habe er ein Gegengewicht zu John Coltrane gebildet: "Das war die Antwort auf Coltranes verrücktes und wildes Saxofon", so Schwesig.
McCoy Tyner habe für die Akkorde gestanden, betont der Musikkritiker: "Es war vor allem die linke Hand, wie sie im Jazz kaum ein zweites Mal zu finden war." Besonders bei den Aufnahmen für Blue-Note Ende der 1960er-Jahre sei das zu hören: "Die Kraft dieser Akkorde, das ist eigentlich das Interessante. Ein beherrschter Ton mit dicken Schlägen, die rasend schnellen Läufe der rechten Hand immer wieder disziplinierend."

Befreiender Wechsel

Tyner habe einige Zeit gebraucht, um sich freizuspielen, erzählt Schwesig: "Bis er seinen eigenen Ton gefunden hat." Das Album "The Real McCoy" von 1967 sei der Durchbruch gewesen: "Ein fulminantes Debüt, ausschließlich eigene Stücke." In den 1970er-Jahren erfolgte dann der Wechsel zum Plattenlabel Milestone. "Vollkommen befreit, mit eigener Note, fast schon avantgardistisch", urteilt Schwesig. Später erkundete Tyner fernöstliche und afrikanische Klänge: "Immer mit wechselnder Besetzung, also der Mann wollte auch nicht eingefahren bleiben".
(beb)
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