Zum Tod von Karel Gott

Sänger ohne Grenzen

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Der Sänger Karel Gott steht im Scheinwerferlicht und singt.
Der Sänger Karel Gott singt bei der Fernsehsendung "Spaß durch 2". © dpa / picture alliance / Max Schweigmann
Von Olga Hochweis · 02.10.2019
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Karel Gott, „die goldene Stimme von Prag“, ist tot. Gott ist einer der erfolgreichsten tschechischen Künstler, an dem sich seine Fans aber auch rieben. So unterschrieb er 1977 die "Anti-Charta", die sich gegen gesellschaftliche Reformen im Land richtete.
Mit großer Bestürzung und Betroffenheit hat die tschechische Öffentlichkeit auf die Nachricht vom Tod Karel Gotts reagiert. Denn Karel Gott hatte seit 2015 gegen diese Krankheit gekämpft und wie es schien, erfolgreich.
Noch im Mai hatte er ein neues Duett veröffentlicht, mit seiner dreizehnjährigen Tochter Ella – und das war, wie fast alles, was er angefasst hatte, von Erfolg gekrönt: 1,4 Millionen Mal wurde es geklickt, was bei zehn Millionen Einwohnern der tschechischen Republik ein enormer Erfolg ist.
In den 60 Jahren seiner Karriere war er eigentlich nonstop musikalisch präsent und im ganz großen Maßstab international erfolgreich. Die tschechischen Medien erinnern heute voller Stolz daran, dass er rund um den Globus erfolgreich war, in Moskau hat er genau so die Hallen gefüllt wie die Carnegie Hall in New York. 300 Platten hat er veröffentlicht, an die 1000 Lieder interpretiert.

Vom Elektromonteur zur Goldenen Stimme von Prag

Karel Gott stammte aus einfachen Verhältnissen, geboren wurde er im Juli 1939 in Pilsen, er machte eine Ausbildung als Elektromonteur und begann nebenbei zu singen. Seine Anfänge sind verbunden mit dem Theater Semafor in Prag, das in den 1960er-Jahren eine renommierte Adresse für innovatives Musikchanson war. Danach gründete er mit Freunden das Apollo-Theater.
Über 20 Mal gewann Karel Gott den Preis der "goldenen Nachtigall" und wurde bald über die Grenzen der Tschechoslowakei hinaus bekannt.
1967 hatte er ein mehrwöchiges Engagement in Las Vegas, trat in den 1970ern viel in Westdeutschland auf. 1971 wollte er nach einer solchen West-Tournee im Ausland bleiben, hat es sich dann aber doch anders überlegt – die Staatsführung versprach ihm allerlei Privilegien: Reisefreiheit, Devisen, Staatsauszeichnungen, und das in einer Zeit der bleiernen Schwere nach der Niederschlagung des Prager Frühlings. Zudem genoss Gott die Ausnahmesituation in seinem Heimatland.
Man hat ihm lange vorgehalten, dass er die "Anti-Charta" unterschrieben hat, sich also öffentlich gegen das Manifest von Václav Havel und seinen Mitstreitern für gesellschaftliche Reformen ("Charta 77") gestellt hat. Aber letztlich ist ihm auch das verziehen worden, nachdem er 1989 auf einer Kundgebung der "samtenen Revolution" die Nationalhymne gesungen hatte. Nach 1989 konnte er eigentlich nahtlos anknüpfen an seine Weltkarriere.

Gott hat sich immer wieder neu erfunden

Was Karel Gott vor allem auszeichnete, war seine fehlende Angst vor stilistischen Grenzen. 2013 trat er noch beim Festival "Rock for People" auf. Am Anfang der Karriere vor 60 Jahren standen eine Art tschechische Country-Musik, dann kam der Schlager und damit der internationale Erfolg, später hat er so etwas wie Disco-Light gemacht, oder Duette mit Udo Lindenberg oder mit Bushido.
Auf gewisse Weise hat er sich immer wieder neu erfunden, sich immer wieder ins Gespräch gebracht – und das erklärt, warum er so ein enorm erfolgreicher Musiker war über einen Zeitraum von 60 Jahren.
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