Zum Tod von Ekkehart Krippendorff

Ein Pionier der Friedensforschung

Ekkehart Krippendorff war Mitbegründer der deutschen Friedensforschung.
Nach der Ermordung von Martin Luther King hielt Ekkehart Krippendorff auf einer Demonstration aus dem Stegreif eine glänzende Rede, erzählt Wegbegleiter Knut Nevermann. © Bernd Wannenmacher
Knut Nevermann im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 27.02.2018
Ekkehart Krippendorff, Politikwissenschaftler und Mitbegründer der deutschen Friedensforschung, ist 83-jährig in Berlin verstorben. Der Jurist Knut Nevermann hat ihn in den 1960er-Jahren an der FU Berlin erlebt und erinnert sich an einen widerspenstigen Geist und Wegbereiter der 68er.
Ekkehart Krippendorff sei vor allen Dingen ein Erfahrungsträger gewesen, meint Knut Nevermann. In den Kennedy-Jahren war der Politikwissenschaftler mithilfe verschiedener Stipendien in den USA. Dort habe er an den Universitäten Harvard und Yale erlebt, dass Wissen auch kollegial und hierarchiefrei weitergegeben werden kann. "Da muss man sich sachlich bewähren, aber man muss nicht in der Abhängigkeit von irgendeinem Ordinarius irgendetwas sagen", so der Jurist und Wegbegleiter Knut Nevermann.

Deutschland war noch nicht so weit

In Deutschland war man noch nicht so weit. Das hat Ekkehart Krippendorff bald erfahren, nachdem er nach Deutschland zurückkehrte. Nach Kritik am Rektor der Freien Universität wurde er – Assistent am Fachbereich politische Wissenschaft – entlassen.
"Im Kern geht es darum: wie groß war die Meinungsfreiheit der Studenten und ihrer Vertretung an der Freien Universität Berlin?", sagt Nevermann. Studentenproteste folgten, es wurde vom "Krippendorff-Semester" gesprochen.
Krippendorff sei einer der führenden Köpfe der 68er-Bewegung gewesen, meint Nevermann.
"Ich erinnere zum Beispiel eine Geschichte. Nach der Ermordung von Martin Luther King machten wir eine ganz spontane Demonstration. Das war 1968. Wir zogen dann vor das Schöneberger Rathaus und da hielt er aus dem Stegreif eine glänzende Rede. Das hat einen tiefen Eindruck gemacht. Er war ein sehr kluger und anerkannter Kopf."

Shakespeare unter politologischen Gesichtspunkten

Und dieser kluge Kopf begann dann, sich mit Friedensforschung zu beschäftigen. Auch in dieser Disziplin mit überraschenden Blickwinkeln. "Ich bin ihm dann sehr oft in Theatern begegnet, in Opern und Konzerten. Er war ein ungeheuer kulturell interessierter Mensch. Und hat auch ein Buch über die Politik in Goethes Werk geschrieben, genauso wie er Shakespeare mal untersucht hat, unter politologischen Gesichtspunkten", erzählt Knut Nevermann.
(be)
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