Zum Tod von Christoph Meckel

Die Welt in einer surrealen Schwebe

09:30 Minuten
Der Berliner Lyriker Christoph Meckel
Ein zielloses Unterwegs sein zeichnet die Gedichte von Christoph Meckel aus. © dpa / picture alliance / Martin Schutt
Michael Braun im Gespräch mit Britta Bürger · 30.01.2020
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Christoph Meckel war Grafiker und Dichter. Über sich selbst sagte er, dass er Figuren zeichne und beschreibe, die ohne Herkunft seien, frei von Geburt und Tod. Der Literaturkritiker Michael Braun erinnert an einen poetischen Vagabunden.
Noch vor wenigen Tagen hat Christoph Meckel den Antiquaria-Preis verliehen bekommen - für die außergewöhnliche Weise, Dichtung und Grafik zusammen zu führen. Jetzt wurde bekannt, dass er 84-jährig in Freiburg gestorben ist.
An die 2000 Blätter mit Radierungen hat Meckel geschaffen, ein Dutzend Romane, dazu Erzählbände und Gedichte. Eine Eigenheit Meckels sei es gewesen, die Dinge immer in einer surrealen Schwebe zu lassen, sagt der Literaturkritiker Michael Braun: "elegische Blicke auf die Faszination der Schöpfung".

Auf der Suche nach Abenteuern

Im Alter von 20 Jahren veröffentlichte Meckel seinen ersten Gedichtband, berichtet Braun, Meckel schreibt über "poetische Vagabunden, Landstreicher, stumme, einsame Propheten". Später ging es auch um Blindenführer oder blinde Seher. Abenteuer und zielloses "Unterwegs sein" habe schon immer die Gedichte von Christoph Meckel ausgezeichnet, sagt der Kritiker.
Berühmt geworden sei er mit "Suchbild. Über meinen Vater": "das exemplarischste, das prägnanteste und das beste Buch jener Väterliteratur in den Achtzigerjahren." Darin setze Meckel sich mit seinem Dichtervater auseinander, aber auch mit der Generation jener, die unter den Nationalsozialisten in die innere Emigration gegangen seien, die versuchten, mit "Stummheit, Opportunismus, Anpassung, aber trotzdem (auch) ein bisschen Selbstbehauptung durch die Nazizeit zu kommen".

Das letzte Buch erscheint im April

Ende April soll Christoph Meckels letztes Buch erscheinen - seine gesammelte Prosa, unter dem Titel "Eine Tür aus Glas, ganz offen". Michael Braun hofft, dass darin auch die Erzählung "Nachtmantel" enthalten ist, darin gehe es um das Sterben und den Tod.
Ein Mann verlässt seine Berliner Wohnung, um auf seiner letzten Reise zu sterben. "Am Ende entdeckt er an einer namenlosen Küste einen rätselhaften Koloss. Und dieser Koloss entpuppt sich als schauderhaftes Lebewesen, (das) fürchterliche Gifte in die Welt verströmt."
Das sei die andere Seite von Christoph Meckel gewesen: "Babylon City, postapokalyptische Szenarien", die ebenfalls in seinen Büchern immer wieder auftauchten.
(beb)
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