Zum Konflikt um Flüchtlingsschiff "Aquarius"

Dublin-Regulierung als Grund für Probleme auf dem Mittelmeer

Das Rettungsschiff Aquarius, hier am 27. Juni 2017
Rettungsschiff "Aquarius" im Sommer 2017 © Lena Klimkeit/dpa
Ruben Neugebauer im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese · 11.06.2018
Im Mittelmeer kreuzt ein Schiff mit 629 Flüchtlingen an Bord und weder Italien noch Malta wollten es in einen seiner Häfen lassen. Ruben Neugebauer von den Seenotrettern "Seawatch" sagt, das Problem sei auch, dass die EU und Deutschland die Mittelmeer-Anrainer allein lasse.
Seit gestern Abend kreuzte ein Flüchtlingsschiff mit 629 Menschen an Bord an der Seegrenze zwischen Malta und Italien. Die "Aquarius", die von SOS Mediterranée und Ärzte ohne Grenzen betrieben wird, sollte weder einen Hafen in Italien anlaufen noch einen maltesischen.
Nun lässt das seit kurzem sozialistisch regierte Spanien die "Aquarius" einlaufen. Die Flüchtlinge auf der "Aquarius" kommen also an Land. Aber die Fahrt nach Spanien könne eigentlich nicht die Lösung sein, sagt Ruben Neugebauer, Sprecher der Seenotrettungs-Organisation "Seawatch", die ebenfalls Menschen im Mittelmeer an Bord ihrer Schiffe aufnimmt. Er sagt im Deutschlandfunk Kultur, das Problem sei vor allem, dass Italien mit dieser Situation allein gelassen werde.

Dublin-Abkommen

"Die Europäische Union, die anderen europäischen Staaten weigern sich ja, Italien in dieser Krise auf dem Mittelmeer zu unterstützen."
Letztlich sei die Dublin-Regulierung der Grund für die Auseinandersetzung zwischen Italien und Malta um die Zuständigkeit für die "Aquarius":
"Dass eben Flüchtlinge, in dem Land, wo sie europäischen Boden erreichen, ihren Asylantrag stellen müssen. Damit haben sich Staaten wie Deutschland oder Österreich eben ganz geschickt aus der Affäre gezogen."
Auch wenn die Lage auf der "Aquarius" nach seinen Informationen relativ stabil sei, sei die Fahrt nach Spanien eigentlich keine Lösung für eine solche Situation, erklärt Neugebauer. Eigentlich müssten die Menschen immer schnell an die nächstgelegene Küste gebracht werden.

Verteilung der Menschen in Europa

Was Italiens neuer Innenminister Matteo Salvini von der Lega Nord mache, so der Seawatch-Sprecher, sei inakzeptabel – "diesen Streit auf dem Rücken von Menschen in Seenot auszutragen". Gleichzeitig, so Neugebauer, hätten aber auch Deutschland und andere europäische Staaten eine Mitverantwortung:
"Wenn viele Wege nach Rom führen, dann führen auch viele Wege von Rom weg. Das heißt, die Verteilung der Menschen in Europa sollte eben nicht auf dem Mittelmeer geregelt werden, sondern da sollte es einen fairen Prozess nach der Anlandung geben."
Es könne nicht sein, dass man die humanitären Probleme immer auf die Mittelmeer-Anrainerstaaten abwälze, meint Neugebauer:
"Wenn Spanien zum Beispiel sich jetzt meldet, diese Menschen aufzunehmen, das könnte die Bundeskanzlerin ja auch machen. Die Bundeskanzlerin hat zwar Italien an ihre humanitäre Verpflichtung erinnert, aber die Bundeskanzlerin hat sich auch kürzlich erst zu Dublin bekannt – und das ist eben das Problem, das da dahintersteckt, weswegen es dann zu solchen unschönen Situationen kommt wie jetzt."
(mf)
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