Zum 100. Geburtstag von Gerhard Meier

Ob die Granatbäume blühen

Von Gerhard Meier  · 10.06.2017
"Die du wohnest in den Gärten, lass’ mich deine Stimme hören." Mit diesen Worten aus dem Hohelied beginnt der letzte Prosatext des Schweizer Schriftstellers Gerhard Meier (1917 - 2008). Sechs Jahrzehnte lebte der preisgekrönte Schriftsteller zusammen mit seiner Frau Dorli zurückgezogen im Haus seiner Kindheit in Niederbipp, dem Dorf am Südfuß des Jura, das zum poetischen Bezirk Amrain seiner Romane wurde.
Dorli war sein Lebensmensch, gemeinsam unternahmen sie Reisen nach Russland und nach Paris, teilten ihre Liebe für die Blumen, die Schmetterlinge und für die Literatur. Nach ihrem Tod blieb der 80-jährige Meier alleine zurück in dem Haus mit Blick über Dorlis Garten zum Jura hin.

In seinem innigen Monolog setzt er das Gespräch mit Dorli über ihren Tod hinaus fort. "Und ich fragte mich, ob man am Ende lebe, um sich erinnern zu können."
Regie: Janko Hanushevsky
Komposition und akustische Einrichtung: Merzouga
Mit: Ueli Jäggi
Klavier: Philip Zoubek
Dramaturgie: Sabine Küchler

Produktion: DLF 2015
Länge: 68'07

Gerhard Meiers Lyrik und seine Romane wurden u.a. mit dem Heinrich-Böll-Preis, dem Petrarca-Preis und dem Fontane-Preis ausgezeichnet. Das Duo Merzouga (Janko Hanushevsky & Eva Pöpplein) produziert Radiosendungen und radiophone Klangkunst.
Das Hörspiel "Ob die Granatbäume blühen" wurde von der Jury der Akademie der Darstellenden Künste als Hörspiel des Monats Februar 2015 ausgezeichnet.

Hörspielmagazin Extra:
Mächtige Stimmen – Entmachtete Körper
Aktuelle Formen eines Theaters der Ohren
Von Stephanie Metzger

Schauspieler die nicht mehr sprechen, aber gesteuert werden von vorproduzierten, eingespielten Stimmen – Zuschauer und Tänzern auf Wanderungen durch unbekannte Gelände, angeleitet von poetischen Geschichten im Ohr – Gemeinschaft eines Publikums im Theater unterlaufen von der Einsamkeit des einzelnen Besuchers unter dem Kopfhörer. Die künstlerischen Szenarien, in denen das Akustische vom Szenischen getrennt wird und der entstehende Zwischenraum lustvoll ausgelotet wird, sind heute vielfältig geworden. Zu nennen sind Künstlern wie Susanne Kennedy, Paul Plamper, Gob Squad, Rimini Protokoll, Heiner Goebbels, LIGNA u.a. Welche Effekte, Aussagen, Hierarchien sind mit diesen Konstellationen verbunden? Was bedeutet diese Entwicklung für "Theater" und "Hörspiel"? Und welche Erfahrungen birgt ein solches Theater der Ohren?