Zukunft der Museen

Ist die Zeit der Blockbuster-Ausstellungen vorbei?

07:09 Minuten
Eröffnung der Ausstellung "Peace Is Power" von Yoko Ono im Museum der bildenden Künste Leipzig. Die Kamera blickt von oben auf das Publikum und ein Orchester während der Eröffnungsveranstaltung, 2019.
Bild aus vergangenen Zeiten: Viel Publikum bei der Ausstellungseröffnung "Peace Is Power" von Yoko Ono im Museum der bildenden Künste in Leipzig. Dessen Direktor fordert eine Neuausrichtung der Museen. © imago-images / Christian Grube
Stefan Weppelmann im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 29.01.2021
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Für Museen ist die Pandemie ein Anlass, über ihre Rolle neu nachzudenken. Museumsdirektor Stefan Weppelmann plädiert dafür, dass sich Museen künftig weniger an touristischen Bedürfnissen orientieren, sondern stärker in der Stadtgesellschaft verankern.
Die Pandemie und ihre Folgen zwingen aus Sicht von Stefan Weppelmann, Direktor des Museums der bildenden Künste Leipzig, zum Nachdenken über die Rolle von Museen. Er schlägt vor, künftig die eigenen Sammlungen in den Vordergrund zu stellen und zu stärken, das lokale Publikum stärker zu binden sowie mehr Bildungsangebote zu machen und einen stärkeren Austausch mit der Stadtgesellschaft zu suchen.

Keine Blockbuster-Ausstellungen mehr

Corona werde nicht nur die Museumsarbeit perspektivisch verändern, sondern die Gesellschaft in vielen Punkten auf dem Prüfstand stellen, sagt Stefan Weppelmann, Direktor des Museums der bildenden Künste Leipzig.
"Die Museumsarbeit wird sich verändern, weil die Zeit der bombastischen Blockbuster-Ausstellungen und der riesigen Ausstellungsbudgets möglicherweise ihren Zenit überschritten hat. Hingegen sind Dinge, die mit Wahrhaftigkeit und mit Wirkmacht, mit Authentizität und Original zu tun haben, gerade in Zeiten, in denen wir ganz oft im digitalen Raum unterwegs waren, mit neuer Bedeutung versehen worden."
Museen seien in aller Regel mit Sammlungen ausgestattet, die ihre Kernmotivation und ihre Daseinsberechtigung darstellen, sagt Weppelmann. Dazu kämen dann weitere Sammlungen, Forschungsarbeit und später auch die Etablierung des Museums als Ort von Großevents.
"Aber wenn Ressourcen enger werden, muss man sich fragen was die originären Aufgaben sind und sich auf diese konzentrieren. Museen haben in der Gesellschaft eine sehr relevante Rolle, um gesellschaftlichen Diskurs und Demokratie zu bilden und Bindungen zwischen Menschen und Kunst zu schaffen. Und wenn das die eigentlichen Aufgaben sind, dann sollten die knappen Ressourcen genau darauf ausgerichtet werden."

Verantwortung der Museen für die lokale Bevölkerung

Deswegen sollten die Ausstellungshäuser verstärkt mit Institutionen und Künstlern aus der eigenen Stadt kooperieren. "Gerade in Zeiten, in denen die Kulturschaffenden unter großem Druck geraten und ihrer beruflichen Existenz nicht sicher sein können."
Die Museen hätten in allererster Linie eine Verantwortung für die Menschen, die in der Stadt leben und weniger für das touristische Publikum, zumal man auf dieses in nächster Zeit auch nicht mit derselben Sicherheit setzen könne wie zuvor. "Wenn die Museen das Werk aller Bürgerinnen und Bürger sind, dann richten Sie sich in allererster Linie an die Menschen, die dort leben."
Auch müsse man schauen, wie man ressourcenschonender arbeiten könne. Man brauche andere Parameter mit Blick auf Großevents, Ausstellungsarchitekturen und beispielsweise Flugtickets für Kurierreisen.
"Ganz sicher lassen sich Ausstellungsarchitekturen in einer Weise konzipieren, die die Dinge nachher nicht zu Wegwerfprodukten werden lassen, sondern vielleicht weiter verwenden oder zumindest weiterveräußern lassen. Auch was den Energieverbrauch angeht, was insgesamt die Frage der Verwendung und damit auch Verschwendung von Dingen umgeht, das sind alles Sachen, die man auf den Prüfstand heben sollte."
(rja)
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