Zukunft der AfD

Marsch nach Rechtsaußen oder ins Aus?

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry spricht in Essen beim Parteitag der AfD.
Frauke Petry hat den Machtkampf gegen Bernd Lucke gewonnen. © Federico Gambarini, dpa picture-alliance
Von Stefan Maas · 11.07.2015
Die AfD-Chefin Frauke Petry müsse in den kommenden Wochen und Monaten beweisen, dass sie gegen die rechten Kräfte in der AfD genauso hart sein kann wie zum Schluss gegen Bernd Lucke, kommentiert Stefan Maas. Sonst könne sie sich nicht halten.
Bernd Lucke stellt einen Neustart in Aussicht. Frauke Petry verspricht ein weiter so. Beides ist nicht ganz ehrlich, denn beide, der Ex-AFD-Chef und die neue Parteivorsitzende wissen, dass ihnen das nicht gelingen kann.
Lucke, der am vergangenen Samstag auf dem Sonderparteitag der Alternative für Deutschland vom Hof gejagt wurde und gestern aus der Partei ausgetreten ist, hat eine Mission und den Drang, immer das letzte Wort zu haben. Auch deswegen ist es gut möglich, dass er es noch einmal versuchen wird mit einer neuen Partei, die sich aus den Resten des Weckrufs gründet. Jenem Verein, den Lucke und seine Mitstreiter ins Leben gerufen haben, um die liberalen Kräfte in der Partei zu bündeln - und den Rechtsruck der AfD zu verhindern.
Damit hat Lucke sich zum ersten Mal überschätzt. Sein Staatsstreich, mit dem er den Rechtsruck in der Partei stoppen wollte, hat zur Spaltung geführt. Und zu seinem persönlichen politischen Absturz. Nicht einmal ein Viertel der AfD-Mitglieder hatten sich dem Weckruf angeschlossen, viel weniger wollen ihm aus der Partei folgen oder sind bereits ausgetreten.
Für eine FDP-ähnliche Partei gibt es keinen großen Bedarf
Bernd Lucke steht, so sieht es derzeit aus, statt vor einem Neustart vor einem Scherbenhaufen. Die AfD ist für ihn verloren. Seine neue Truppe wird es wohl nicht schaffen, sich über den Status einer Splitterpartei hinaus zu entwickeln. Denn für eine FDP-ähnliche Partei gibt es im Parteienspektrum keinen großen Bedarf. Und eine neue Partei mit dem AfD-Programm hätte zwar den Original-Lucke, inhaltlich wäre sie aber eben nur eine Kopie. Das dürfte dazu führen, dass potentielle Wähler sich lieber für das Original entscheiden - oder gar nicht mehr wählen.
Potenzial gibt es schon eher für das, was die Petry-AfD zu bieten hat. Aber auch dort wird es kein einfaches weiter so geben. Die AfD hat sich gespalten. Die Besetzung des neuen Bundesvorstands lässt klar erkennen: Es wird nationalkonservativer. Und auch das rechtsnationale Lager ist vertreten. Das bietet eine Chance für die AfD. In den Parlamenten anderer europäischer Länder haben sich rechte Parteien - von rechtspopulistisch bis rechtsextrem - längst etabliert. Ein Einzug in den Deutschen Bundestag würde das politische Spektrum komplettieren. Das muss man nicht mögen, aber eine Demokratie muss so etwas aushalten können.
Bleibt allerdings die Frage: Wie weit rechts steht die AfD?
Und hier lauert für Petry eine der größten Herausforderungen: Wenn sie, die sich als politische Newcomerin bisher als geschmeidiger und lernfähiger erwiesen hat als Lucke, nicht am Ende ebenfalls vor einem Scherbenhaufen stehen will, muss sie sich dagegen stemmen, dass die extremen Kräfte in der Partei zum Zug kommen.
Natürlich ist es noch nicht automatisch ein Beweis dafür, dass die AfD an den äußeren rechten politischen Rand wandert, wenn eine Reihe liberaler Mitglieder sie verlässt. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Indizien, die zeigen, dass sich die ehemalige Professoren-Partei zumindest verändert. Wenn führende Parteipolitiker sagen: Wir sind auch eine Pegida-Partei, dann ist das zwar nicht Neues, es wird aber öffentlich anerkannt, was vorher viele nicht wahrhaben wollten.
Ausländerfeindlichkeit auf der Bühne
Wenn auf dem Parteitag der ehemalige Parteichef angepöbelt wird, dann ist das einer Partei, noch dazu einer, die sich selbst als bürgerliche Partei bezeichnet, unwürdig. Wenn Parteimitglieder, die sich um Posten im Parteivorstand bewerben, offen auf der Bühne ihre Ausländerfeindlichkeit vorführen, dann wirft das Fragen auf, selbst wenn diese Leute nicht gewählt wurden.
Die Folgen für die Partei lassen sich schon jetzt besichtigen. Natürlich kann die AfD verkraften, wenn sich einige liberale Mitglieder aus der Partei verabschieden. Aber unter den Mitgliedern, die gehen, sind viele Funktionsträger. Der Partei brechen Strukturen weg, die sie erst wieder aufbauen muss - und das möglichst schnell, denn nächstes Jahr stehen mehrere Landtagswahlen an. Es gehen aber auch Unternehmer, die der Partei nicht nur finanziell unter die Arme gegriffen haben, sondern ihr auch Türen in bürgerliche Kreise geöffnet haben. Die mögen zwar inhaltlich ähnlicher Ansicht sein. In Verbindung gebracht werden wollen sie mit plumpen Parolen aber nicht.
Wenn Frauke Petry ihr breites Wählerpotential halten will, muss sie verhindern, dass die Partei genau das wird, was die Weckrufer ihr vorwerfen. Sie muss in den kommenden Wochen und Monaten beweisen, dass sie gegen die rechten Kräfte in der AfD, die jetzt ihren Lohn für die Mitarbeit am Lucke-Sturz einfordern, genauso hart sein kann wie zum Schluss gegen Bernd Lucke. Sonst wird sie - wie jetzt Lucke - von rechts abgeräumt.
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