Zisterzienserkloster

Neuer Glanz an der Moldau

Von Stefan May · 25.01.2014
Zweimal in seiner Geschichte ist das Zisterzienserkloster Vissy Brod (Wischibrod), das frühere Hohenfurth im heute tschechischen Südböhmen aufgehoben worden: 1941 von den Nationalsozialisten und 1950 von den Kommunisten. Seit kurz nach der Wende, seit 1990, gibt es dort wieder klösterliches Leben. Sieben Zisterzienser leben in der Abtei nahe der österreichischen Grenze. In diesem Jahr ist sie sogar einer von vier Orten einer grenzüberschreitenden Landesausstellung von Oberösterreich und Südböhmen und zeigt ihre Schätze.
Den hermetisch abgesicherten Raum in einem Seitenschiff der Kirche von Vissy Brod darf nur jeweils ein Dutzend Besucher für wenige Minuten betreten. Dort strahlen und funkeln hinter Panzerglas das Gold und die Edelsteine des Zawischkreuzes aus dem 13. Jahrhundert, dem prunkvollsten Stück des tschechischen Zisterzienserklosters nahe der österreichischen Grenze.
Dass das Kloster Vissy Brod wieder, auch dank des Zawischkreuzes, in altem Glanz erstrahlt, ist ein kleines Wunder. Denn nach 1950, während der Hochzeit der kommunistischen Herrschaft in der CSSR, war es langsam zerfallen, erzählt der Kulturbeauftragte für Südböhmen, Jiri Franc. Er hatte schon als 14jähriger mit Genehmigung der Behörden in Budweis die wenigen Fremden durch seinen Heimatort geführt. Er spricht von einem Aschenputtel-Schicksal des Klosters.
"Es ist sehr spannend, weil man sehr vieles gestalten kann. Und es ergeben sich sehr viele Fragen, wie ich was machen werde, wie die Zisterzienser ihre Kontemplation leben, auf der einen Seite, auf der anderen Seite wie sie sich der Öffentlichkeit auch öffnen. Und es ist sehr schön, gerade jetzt im Zuge der Landesausstellung zu beobachten, dass die Zisterzienser sagen, und dass sie das auch machen: Wir haben diese Kulturschätze zurückbekommen, aber wir möchten sie vor allem zugänglich machen und zeigen, und es ist ein Bestandteil unserer Aufgabe, diese Tradition, das alte Kulturerbe wieder auszustellen."
Als das Kloster 1941 zum ersten Mal aufgehoben wurde, schafften die Nationalsozialisten die Schätze in die Salzstollen von Altaussee im Salzkammergut. Nach dem Krieg hoben die Kommunisten das Kloster neuerlich auf. Die verbliebene Kunst wurde nach Prag verschleppt, die Mönche flüchteten in das österreichische Zisterzienserkloster Rein bei Graz, das ab da bis zur Wende den Zusatz Hohenfurth führte. Die Tschechoslowakei war jenes Land im Ostblock, das am rigorosesten gegen die Religion vorging: In der DDR wurde die Kirche unterdrückt, in der CSSR wurde sie verfolgt.
12 Uhr, die Mittagssonne steht über dem Kloster. Nun läuten sie wieder, die Glocken von Vissy Brod, nachdem sie Jahrzehnte lang geschwiegen hatten. Nach der Wende lebte noch ein einziger Mönch des alten tschechischen Klosters, weshalb die junge Republik die Kontinuität anerkannte, das Kloster neu besiedeln ließ und in den 90er Jahren die Kunstschätze zurückstellte. Staatspräsident Vaclav Havel selbst übergab 1994 den Mönchen das wertvolle Zawischkreuz. Zur selben Zeit gab auch Österreich die im Krieg geraubten Kunstgegenstände zurück.
Nun soll auch der Grundbesitz wieder ins Eigentum der Zisterzienser gelangen. Immerhin war das im 13. Jahrhundert von dem im Böhmerwald herrschenden Herren von Rosenberg gestiftete Kloster einst sehr wohlhabend, verfügte über fünfeinhalb tausend Hektar Land und hatte ein eigenes Kraftwerk und eine Bahnlinie finanziert. Für Jiri Franc geht es aber weniger um die Vergangenheit als um die Perspektive für die gesamte Grenzregion Böhmerwald:
"Ich glaube, dass alle hoffen, dass das Kloster auch neue Arbeitsplätze schafft für die Region und dass das wieder in dieser Tradition zu einem wichtigen nicht nur kulturellen und geistlichen, sondern auch wirtschaftlichen Zentrum wird."
Um den Besuchern der Landesausstellung das Kloster im Glanz von einst präsentieren zu können, hat die EU für die Renovierung eine halbe Million Euro zur Verfügung gestellt. Das dürfte aber zu wenig sein für die große Anlage. Immerhin: Andere Förderer beteiligten sich, etwa der Verein zur Förderung des Stiftes Hohenfurth mit Sitz in Oberösterreich, dem Privatleute, Banken und Unternehmen angehören. Denn, wie der Kulturbeauftragte Franc sagt:
"Hohenfurth/Vissy Brod war nämlich immer ein Knotenpunkt der oberösterreichisch-südböhmischen Beziehungen, seit der Gründung eigentlich. Und ich würde sagen, so ist es auch heute."
Und letztlich ist Hohenfurth eine Gründung des Zisterzienserstifts Wilhering in Österreich. So weisen Landschaft und Kultur auf die frühere Einheit des Böhmerwalds hin, die im letzten Vierteljahrhundert erst wieder mühsam zwischen Tschechien und Österreich gesucht wird. Das neue alte Kloster an der ehemaligen Grenze in Vissy Brod/Hohenfurth könnte diese Verbindungsrolle wiederaufnehmen.