Zerstörung von Kulturstätten

„Barbarischer Akt religiöser Intoleranz“

03:26 Minuten
Eine der beiden riesigen, Jahrhunderte alten Buddha-Statuen von Bamiyan, aufgenommen im Februar 2001. Kurz darauf wurden die beiden Statuen von den Taliban gesprengt.
Eine der beiden riesigen, Jahrhunderte alten Buddha-Statuen von Bamiyan, aufgenommen im Februar 2001. Kurz darauf wurden die beiden Statuen von den Taliban gesprengt. © dpa/ epa / afp / Chapon
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Studio Neu-Delhi · 08.01.2020
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Die Haager Konvention aus dem Jahr 1954 schützt Kulturstätten bei bewaffneten Konflikten vor Zerstörung. Das hinderte die Taliban jedoch nicht daran, die Buddha-Statuen von Bamiyan im Frühjahr 2001 zu zerstören. Das Entsetzen weltweit war groß.
Der damalige deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen, Dieter Kastrup, sprach von einem "barbarischen Akt religiöser Intoleranz", als die Taliban im Frühjahr 2001 damit begannen, die Buddha-Statuen in der afghanischen Provinz Bamiyan zu zerstören.
Zwei Wochen lang dauerte die Aktion, mit der die bis zu 53 Meter hohen Steinfiguren in den reich verzierten Felsnischen in Schutt und Asche verwandelt wurden. In einem Video, das von der NATO-Mission in Afghanistan verbreitet wurde, beschrieb der stellvertretende Gouverneur von Bamiyan, Mohammad Ibrahim Akbary, das Vorgehen der Taliban:
"Zuerst haben sie mit Panzern auf die Buddha-Statuen geschossen, aber das funktionierte nicht, denn das Gestein war sehr hart. Dann haben sie mithilfe der Luftwaffe Raketen abgefeuert und einige der Statuen zerstört. Am Ende haben sie Sprengsätze unterhalb des größten Buddhas gezündet und so alles in die Luft gesprengt."

Von buddhistischen Mönchen aus dem Fels gehauen

Die Buddha-Statuen in Bamiyan waren im sechsten Jahrhundert von buddhistischen Mönchen aus dem Fels gehauen worden. Der Islam kam erst durch die arabische Eroberung Afghanistans zwischen dem siebten und zehnten Jahrhundert in die Region.
Obwohl die Buddha-Statuen schon längst nicht mehr religiös verehrt wurden, wurden sie von den Taliban als Kultgegenstände betrachtet, die gegen das islamische Bilderverbot verstießen.
Die UNESCO, die die Buddha-Statuen in Bamiyan in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen hat, bemüht sich seit Jahren um Stabilisierung und Absicherung der durch die Zerstörungsaktion baufälligen Zeugnisse einer in ihrer Art einzigartigen buddhistischen Kunst in Zentralasien, wie es im UNESCO-Welterbe-Bericht heißt.

Kulturelles Erbe der Menschheit

Der italienische Professor Claudio Margottini vom Berater-Team der UNESCO sagte der Nachrichtenagentur AP:
"Das hier sind bedeutende Überreste eines kulturellen Erbes der gesamten Menschheit. Die internationalen Bemühungen, sie wiederherzustellen, werden von der UNESCO koordiniert, aber auf ausdrücklichen Wunsch des afghanischen Volkes."
Bei Kriegen und bewaffneten Konflikten sind Kulturstätten dieser Art durch die Haager Konvention aus dem Jahr 1954 geschützt, die von 132 Staaten unterzeichnet wurde. Unter anderem sind die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates dem Abkommen beigetreten, die USA im Jahr 2009.
Zahlreiche afghanische Kulturschätze, darunter Kunstwerke aus dem Nationalmuseum in Kabul, wurden in der 90er-Jahren in die Schweiz ausgelagert, um sie vor dem afghanischen Bürgerkrieg und den Taliban in Sicherheit zu bringen.

Museum für die Überreste

Im März 2011, zehn Jahre nach dem barbarischen Akt der Taliban, trafen sich internationale Expertenteams in Paris, darunter auch namhafte Restauratoren aus Deutschland und stellten fest, dass eine vollständige Rekonstruktion der zerstörten Buddha-Statuen in Bamiyan wohl nicht mehr realisiert werden kann. Stattdessen soll ein Museum gebaut werden, um die verbliebenen Überreste dieser einzigartigen Kulturstätte zu erhalten.
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