Zerstörung von Kulturerbe

Können auch Bauwerke "ermordet" werden?

Ruinen der zerstörten Antikenstadt Palmyra in Syrien.
Ruinen der zerstörten Antikenstadt Palmyra in Syrien. © dpa / picture alliance / Mikhail Voskresenskiy
Horst Bredekamp im Gespräch mit Gabi Wuttke · 12.01.2017
Die syrische Oasenstadt Palmyra steht stellvertretend für die gezielte Zerstörung von Kulturgütern durch die Terrormilizen des IS. Der Kunsthistoriker Horst Bredekamp fordert deshalb militärischen Schutz von Kulturerbe und eine "kämpferische Rekonstruktion".
Die antiken Ruinen der Oasenstadt Palmyra in der syrischen Wüste sind durch die Terrormilizen des IS ins Zentrum der westlichen medialen Öffentlichkeit gerückt: Die brutale Ermordung von Menschen wird begleitet von der Zerstörung des Weltkulturerbes. In dieser Verbindung ist es ein umfassender Angriff auf die westliche Ordnung und deren Werte. Gehört doch zu den Menschrechten auch der Erhalt des kulturellen Erbes.

Der Kunsthistoriker Horst Bredekamp weist am Beispiel der Hinrichtungen und Zerstörungen auf eine neue Qualität der Zerstörung heiliger Bilder und Kunstwerke hin.
Der Autor und Kunsthistoriker Horst Bredekamp
Der Autor und Kunsthistoriker Horst Bredekamp© dpa / Tim Brakemeier

Die Zerstörung wird zelebriert

Vor diesem Hintergrund plädiert der Wissenschaftler, der Professor an der Humboldt-Universität ist, für eine "kämpferische Rekonstruktion". Reproduktion würde so zum Instrument gegen die terroristische Bildpropaganda, in der Menschen gefoltert oder hingerichtet werden, aber auch, die Zerstörung kulturellen Erbes auf Fotos und in Videos regelrecht zelebriert werde.
Diese Haltung führt zu Diskussionen: Bredekamp spricht von "Ermordung von Kunstwerken und Bauwerken" – folglich müssten auch diese, ebenso wie die gefährdeten Menschen in den Kriegsgebieten – unter militärischen Schutz gestellt werden. Er räumt jedoch ein, dass dadurch neue Probleme entstehen könnten:
"Dass zum Beispiel derartig geschützte Werke umso stärker zu militärischen Zielen werden können – das ist dann die weitere Überlegung."
Die Situation sei hochkomplex und kompliziert, betonte Bredekamp, der der Gründungsintendanz des Humboldt-Forums angehört. Zu dieser Komplexität gehört für den Kunsthistoriker auch die Bewertung der IS-Terroristen selbst: Diese würden als "mittelalterlicher Haufen oder als Barbaren verniedlicht". Dies dürfe nicht darüber hinweg täuschen, dass man es mit teilweise "hochintellektuell geschulten Menschen" zu tun habe. Die Zerstörung von Bauwerken sei demzufolge nicht Resultat einer barbarischen Wutaktion, sondern einer "ganz gezielte Aktion".
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