Zentrale Anlaufstelle bei Terroranschlägen

Hilfe ohne bürokratische Endlosschleife

07:18 Minuten
Zwei Passantinnen schauen sich am Breitscheidplatz in Berlin das Mahnmal für die Opfer des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt an.
Der Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz jährt sich 2021 zum fünften Mal. Die Betroffenen fühlten sich damals nicht gut von den Behörden unterstützt. © picture alliance / dpa / Christoph Soeder
Heike Bredol im Gespräch mit Julius Stucke · 14.07.2021
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Seit drei Jahren gibt es in Berlin die Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen. Sie soll sicherstellen, dass traumatisierten und trauernden Menschen geholfen wird, egal ob mit Rollstuhl oder Therapieplatz. Klappt das?
Nach dem Anschlag am Breitscheidplatz 2016 in Berlin fühlten sich viele Betroffene alleine gelassen. Als Reaktion darauf hat das Land Berlin deshalb vor drei Jahren die Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen und Großschadensereignissen und deren Angehörige gegründet. Man wollte aus den Fehlern lernen und die Opfer von Terroranschlägen besser beraten, besser betreuen und auch langfristig besser begleiten.
Die eigene Bilanz der Zentralen Anlaufstelle nach drei Jahren sei positiv ausgefallen, berichtet die Journalistin Heike Bredol. Man habe die Betroffenen der zum Glück nur kleineren Terroranschläge seitdem besser betreut, etwa nach dem Anschlag auf den Berliner Stadtring im vergangenen Sommer und nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg, von dem auch 50 Menschen aus Berlin betroffen waren. Mit Astrid Passin, der Sprecherin der Hinterbliebenen vom Breitscheidplatz, habe auch eine Betroffene der Zentralen Anlaufstelle ein gutes Zeugnis ausgestellt.

Vermittlung von Hilfsangeboten

Die Zentrale Anlaufstelle leiste allerdings selbst keine Hilfe, sondern sei eine Vermittlungsstruktur, erklärt Bredol: Verletzte, Angehörige von Todesopfern, Augenzeugen und Ersthelfer würden dort in die bestehenden staatlichen und nicht-staatlichen Hilfsangebote vermittelt, wie etwa vom Weißen Ring, dem Berliner Krisendienst oder der Beratungsstelle Reach Out. Es sei nämlich unübersichtlich, wer für was zuständig sei und was es überhaupt für Hilfen gebe, noch dazu für Menschen, die gerade ein traumatisches Erlebnis hatten.
"Das hat man ja nach dem Anschlag vom Breitscheidplatz immer wieder gehört, dass viele Opfer da verzweifelt sind in einer bürokratischen Endlosschleife, um zum Beispiel einen Rollstuhl zu bekommen", erzählt Bredol.
Im Idealfall sollten Betroffene nun von Anfang an sogenannte Fallmanager zur Seite gestellt werden, die sie über den ganzen Prozess begleiten und unterstützen: Etwa beim Anträge ausfüllen, Hilfen beantragen und der Therapeutensuche.

Ähnliche Stellen in fast allen Bundesländern

Alle Bundesländer seien verpflichtet, bis 2024 solche Stellen für besonders geschulte Helfer und Helferinnen zu schaffen, sagt Bredol, damit Trauernde oder traumatisierte Menschen nicht von einer Stelle zur anderen verwiesen würden. Berlin habe den Anfang gemacht, inzwischen hätten aber alle Bundesländer bis auf das Saarland schon ähnliche Strukturen geschaffen.
Dirk Behrendt, der Berliner Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, hat allerdings auch ehrlich zugegeben: Bei einem Schadensereignis der "Dimension 9/11" sei die geschaffene Unterstützungsstruktur nicht in der Lage, das aufzufangen.
(jfr)
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