Z-Bau

Nürnberger Subkultur zieht in umgebautes Nazi-Gebäude

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Blick vom Fernmeldeturm in Nürnberg auf die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände. © picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Von Michael Watzke  · 13.08.2015
Der Z-Bau in Nürnberg wird wiedereröffnet. Anfang Oktober soll das ehemalige Nazi-Gebäude zur neuen Heimat von Nürnbergs Subkultur-Szene werden. Die Stadt Nürnberg will im Z-Bau ein "Haus für Gegenwartskultur" schaffen und hat mehr als zehn Millionen Euro investiert.
Durch diese schwere Holztür ist einst Adolf Hitler stolziert. In den "Z-Bau" am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg.
"Der Z-Bau sieht aus wie ein Z. Angelehnt - wenn man die Vergangenheit betrachtet - an die Nazi-Geschichte. Weil der Z-Bau ja eigentlich als SS-Elitekaserne gedacht war",
erklärt Pressesprecherin Lara Sielmann. Vor knapp 80 Jahren wollte Hitler hier, in einem eckigen Backsteinbau, junge SS-Offiziere heranzüchten.
"Wir werden weiter marschieren, wenn alles zusammenfällt ... "
Heute, im Sommer 2015, marschiert hier niemand mehr. Stattdessen schlendern junge Künstler durch den Z-Bau. Etwa Marijana Verhoef und Laura Klatt.
"Wir sind Mixed Pickles, wir sind ein Künstler-Kollektiv aus Berlin, und wir planen gerade ein crossmediales Lesungs-Film-Format für die Eröffnung hier im Z-Bau."
Der Z-Bau wird wiedereröffnet. Anfang Oktober soll das ehemalige Nazi-Gebäude zur neuen Heimat von Nürnbergs Subkultur-Szene werden. Steffen Zimmermann, Geschäftsführer der "Gesellschaft für Kulturelle Freiräume".
"Ich glaube, dass es wichtig ist, in solchen Gebäuden wieder Leben einziehen zu lassen. Und zwar ganz anderes, als für was es eigentlich gedacht war."
Konzerte, Lesungen und Vernissagen
Die Stadt Nürnberg will im Z-Bau ein "Haus für Gegenwartskultur" schaffen. Sie ist Eigentümerin des 1938 von den Nazis errichteten Gebäudes. Mehr als zehn Millionen Euro investiert die Stadt, um auf fast 6000 Quadratkilometer Konzerte, Lesungen und Vernissagen zu veranstalten. Das Haus mit seinen zwei Stockwerken und drei Gebäudetrakten ist dafür perfekt geeignet.
Lara Sielmann von der Betreiber-Gesellschaft führt durch den Z-Bau – vorbei an hipper, schlanker Industrie-Architektur wie in Berliner oder New Yorker Künstler-Vierteln. Aber auch an Relikten aus der Vergangenheit: Türen aus der Nazi-Zeit, Graffiti aus den 80ern und Holzverkleidungen der US-Armee, die das Gebäude nach dem Krieg nutzte.
"Der Z-Bau hat eine ganz bewegte Geschichte. Es ist nicht nur die Nazi-Vergangenheit, sondern es ist viel passiert, es war ja auch schon mal ein Kulturhaus. Ich glaube, dass diese Vergangenheit immer noch im Gemäuer drin ist. Das ist auch wichtig, dass man die hier behält, weil es ein historischer Ort ist. Hier wird Kultur-Geschichte erzählt. Es wäre komisch, wenn wir jetzt sagen würden: 'Wir sind das Haus für Gegenwarts-Kultur, wir stülpen dem jetzt was völlig Neues über.' Das würde nicht funktionieren, das ist nicht unser kultureller Ansatz."
Stattdessen soll en hier in Zukunft Nachwuchs-Bands proben, junge Künstler sich ausprobieren. Aber auch international bekannte Gruppen auftreten. Vor dem Z-Bau wird es - das darf in Bayern nicht fehlen - einen Biergarten geben. Mit Selbstgebrautem. Der Hopfen dafür kommt aus eigener Produktion:
"Hier sind wir jetzt im Nordgarten. Wie Sie hören, ist es recht laut, weil die Frankenstraße direkt anschließt. Hier ist ein wunderschöner, wilder Garten, in dem wir Gemüse anbauen. Den wir auch öffnen möchten für 'urban gardening'-Projekte. Weil wir hier ganz frischen Humus haben. Große Veranstaltungen können wir hier eh keine machen, weil die Anwohner recht nahe sind. Aber es wäre schade, wenn wir den nicht nutzen würden. Und für so was ist er super – wahnsinnig viel Platz."
"Gemeinsam" ist das Schlüsselwort im Z-Bau
Dieses riesige Areal so zu verwalten, dass sich die verschiedenen Nutzer nicht in die Quere kommen - es wird eine große Herausforderung für die "Gesellschaft für Kulturelle Freiräume". Diese GmbH wird von drei gleichberechtigten Partnern getragen: dem "Kunstverein Hintere Kramergasse", in dem sich Nürnbergs Subkultur-Punkrock-Szene bündelt; der Musikzentrale, Nürnbergs Musikförderungs-Verein. Und der Stadt Nürnberg selbst, die auch den Betrieb bezuschusst.
"Keiner ist mehrheitsbeteiligt, sondern das ist basis-demokratisch vom prozentualen Verhältnis. Und das ist eine interessante Konstellation, weil die Gesellschafter an einem Tisch sitzen und gemeinsam Entscheidungen treffen."
Gemeinsam, sagt Steffen Zimmermann. Es ist das Schlüsselwort im Z-Bau 2015. Viele Künstler und Freiwillige helfen ehrenamtlich beim Umbau und Renovieren mit. Einige werden hier dauerhaft Ateliers und Studioräume beziehen. Aber das Haus soll offenbleiben für jeden, erklärt Pressesprecherin Sielmann:
"Und es wäre für mich komisch, wenn es jetzt ein ganz seriöses Veranstaltungsgebäude würde, wo man eine ganz klare Teilung hätte zwischen Kulturschaffenden auf der Bühne und Publikum davor. Das gibt es hier einfach nicht."
Ob das funktionieren wird? Zeigt sich ab dem 2. Oktober. Wenn der neue Z-Bau in Nürnberg seine alten Tore öffnet.
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