Wowereits Arbeitssieg

Von Peter Lange · 18.09.2011
Die Personalisierung des Wahlkampfs hat nicht mehr recht funktioniert, auch wenn es eine ausgeprägte Wechselstimmung nicht gab. Aber nach gut zehn Jahren im Amt mag der Regierende Bürgermeister eine Ahnung bekommen haben, dass er seinen Zenit überschritten hat.
Im Fußball nennt man das wohl einen Arbeitssieg: glanzlos gespielt, Hauptsache gewonnen. Klaus Wowereit und die Berliner SPD haben sich trotz leichter Verluste behauptet. Sie sind die Linkspartei als Koalitionspartner los, mit dem man nicht mehr so recht Staat machen konnte. Und mit den Grünen können sie ein Bündnis eingehen, dessen Mehrheit knapp genug sein wird, um disziplinierend zu wirken. Also Ende gut, alles gut.

Nein, nicht ganz. Es muss Sozialdemokraten wie Grünen zu denken geben, dass sie aus den Kalamitäten der Bundesregierung so gar keinen Rückenwind bekommen haben. Offenbar hat es viele Wähler genervt, dass die beiden Wunschpartner schon lange vor der Zeit das Fell des Bären aufgeteilt haben. Ein Plakat, auf dem ein Kind Klaus Wowereit mit einer Stoffpuppe an der Nase packt, bekommt so im Nachhinein erst Sinn. Die Personalisierung des Wahlkampfs hat nicht mehr recht funktioniert, auch wenn es eine ausgeprägte Wechselstimmung nicht gab. Aber nach gut zehn Jahren im Amt mag der Regierende Bürgermeister eine Ahnung bekommen haben, dass er seinen Zenit überschritten hat. Roland Koch, Ole von Beust und Peter Müller lassen grüßen.

Für die CDU hat der Abend einen Stimmenzuwachs gebracht, der so nicht zu erwarten war. Das ist vor allem das Verdienst von Frank Henkel. Er hat die vor zwei Jahren schwer zerstrittene Partei wieder zusammengeführt und mit seiner soliden und unspektakulären Art Vertrauen zurückgewonnen. Gut möglich, dass die CDU nun wieder besser Tritt fasst.

Den Grünen ist der Wahltrend dieses Jahres treu geblieben, aber dass Berlin nun zur Hauptstadt der Grünen Bewegung geworden ist, lässt sich nicht behaupten. Es ist der selbst formulierte Anspruch, auch die SPD zu überflügeln oder zumindest die CDU als Nummer zwei, der dem Erfolg ein bisschen Strahlkraft nimmt. Aber eine weitere Regierungsbeteiligung ist in Sicht. Das lässt manches verschmerzen.

Keinen Trost findet dagegen die FDP. Die Implosion geht weiter und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Partei findet in der Bundesregierung nicht aus der Oppositionsrolle heraus und erreicht auch ihre Stammwähler nicht mehr. Ob nun Westerwelle Außenminister bleibt oder nicht, ist da fast schon egal. Ganz anders macht das die Piratenpartei: Sie hat die Themen und das Lebensgefühl der Generation Internet getroffen und dazu noch als unverbrauchte Kraft Protestwähler gebunden. Im neuen Landesparlament wird es nicht langweilig werden.

Munter bleibt es auch in der Linkspartei. Der Verlust der Regierungsbeteiligung wird die Debatte um Geschichte, Kurs und Ziele der Partei wohl neu befeuern. Denn soviel ist klar: Mit Anbiederung an die SED-Traditionsverbände kann man noch den Bundestagswahlkreis Berlin-Lichtenberg gewinnen, aber keine Wahl mehr in Berlin.
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