Wollen wir wirklich Politiker zum Anfassen?
Zwar wissen wir, dass Gysi privat und Fischer "freiwillig gesetzlich" krankenversichert ist. Aber ist das schon der Beweis irdischer Daseinsführung? Niemals! Allenfalls Nebelgranaten, die geschickt darüber hinwegtäuschen sollen, dass Politiker trotz bekannter kulinarischer Vorlieben mit Realität, wie wir sie kennen, nichts zu tun haben.
Was lässt jeden Zweifel schwinden, es bei seinem Gegenüber wirklich mit einer Person aus Fleisch und Blut zu tun zu haben, mit einer Person, die unser aller Wirklichkeit und ihre Bedingtheiten teilt und nicht mit einem Gespenst, einem Dämon oder einem höheren Wesen? Genau: essen und trinken. Die antiken Götter mussten nichts zu sich nehmen, außer gelegentliche Nektar-Schlückchen und die bösen Geister wie Vampire trinken nichts außer … na ja, das ist ja bekannt.
Wie anders Politiker - könnte man meinen - aber weit gefehlt. Zwar sind wir mit vielen Details aus ihrem Leben vertraut, die uns alle beweisen sollen, wie fest verwurzelt unsere politischen Führungskräfte in unsere Realität ihr Dasein fristen. Zwar wissen wir, dass Gysi privat, Fischer "freiwillig gesetzlich" krankenversichert ist und Stoiber seine Frau "Muschi" nennt. Aber ist das etwa schon der Beweis irdischer Daseinsführung? Niemals! Allenfalls Nebelgranaten sind das, die geschickt darüber hinwegtäuschen sollen, dass Politiker trotz ihrer angeblichen Vorlieben für Saumagen und Currywurst mit Realität, wie wir sie kennen, nichts, aber auch gar nichts zu tun haben.
Sie können es gar nicht, wir lassen sie nicht. Dabei versuchen sie es immer wieder tapfer und scheitern immer wieder kläglich damit, ihre Normalität unter Beweis zu stellen, selbst im Nahrungsaufnahme-Vorbereitungsstadium - kurz genannt: einkaufen. Ich habe es selbst erlebt, zwei von ihnen wohnen bei mir um die Ecke, da bekommt man so einiges mit, ob man will oder nicht.
Den Bundestagspräsidenten beim Einkaufen auf dem schicken, teuren Wochenmarkt am Berliner Kollwitzplatz zum Beispiel, beim angeblichen Einkauf. Der Stoffbeutel, den Thierse dabei vor die Brust geklemmt hält, ist so winzig, dass er höchstens für drei Kiwis reicht. Dabei guckt er so böse, als würde er jeden Vertreter der Normrealität, der es wagen sollte, ihn anzutreffen, sofort erwürgen. Angst ist ihm ins Gesicht geschrieben, ja jetzt keine Probier-Falafel zum Probieren in den Bart gehalten, ja jetzt keine "superbillige Melone" aufgeschwatzt bekommen, und jetzt bloß nicht an den "Austernstand" vom Wessi-Küchenausstatter eingeladen werden.
Politikernachbar Nr. 2 ist der Bundesumweltminister, der vor kurzem dafür verantwortlich war, dass ich bei meinem Lieblingsitaliener eine geschlagene halbe Stunde länger auf meinen Tisch warten musste. Trittin saß traurig vor seiner halben Pizza und brachte keinen Ton raus, dafür erzählte seine weibliche Begleiterin um so mehr, während ihr brüllender Dreikäsehoch , geschickt den Pizzabelag über die Tischdecke verteilte. Kein schöner Anblick. Dabei hatte sich der Umweltminister bestimmt sicher total gefreut, endlich mal ein ganz normaler Sponti-Abend wie früher.
Nichts, aber auch nichts lassen Politiker und Politikerinnen unversucht, um den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. Auch auf anderen Feldern: Gerne gehen gerade Politikerinnen darum ganz normal auf Partys, ins Theater oder in die Oper, zum Beispiel in Bayreuth, Angela Merkel zum Beispiel: Fest hatte sie sich für dieses Jahr mal so einen richtig normalen Premierenbesuch bei sommerlicher Gluthitze vorgenommen. Und alles lief gut: Durchschnitts-Frisur, Durchschnitts-Begleitung, Durchschnitts-Altrosa-Abendkleid und darauf als unübertreffbarer Echtheitsbeweis von Erdverbundenheit und physischer Realität ein ganz durchschnittlich großer Schwitzfleck in der Achselhöhle. Keine Frage: Hier war eine Politikerin eine von uns geworden. Nur leider nicht für alle sichtbar: Das Bild wurde nachträglich von so manchem eifrigen Bildredakteur sorgfältig retuschiert und schon sah man nichts mehr von der schönen echten dunklen Stelle. Aus der Traum vom großen Einswerden. Man kann sich vorstellen, wie Merkels Imageberater getobt haben müssen, als sie der Fälschung gewahr wurden.
Ach, und sie würden so gerne wieder einmal eintauchen in die Realität, die Politiker und Politikerinnen, aber was tun wir? Wir gucken ihnen auf dem Markt in den Stoffbeutel, lassen unsere Kinder auf ihre Pizza los und retuschieren ihre Schwitzflecke.
Aber die Zeit wird kommen, da dürfen wir alles, alles wieder gut machen: Zur nachgeholten Wahl in Dresden nämlich: Wenn die Politiker schon vor Ort im Wahlkampf nachsitzen müssen, warum den Einsatz dann nicht wenigstens mit einem Geschenk versüßen: Der ganze Wahlbezirk wird zum Big-Brother-Camp für Volksvertreter.
Und das geht so: Jeder Wähler, jede Wählerin nimmt die Spitzenkandidaten ein paar Tage bei sich auf und lässt sie teilhaben am realen Kleinfamilienleben. Schröder soll ja prima Bratwurst machen können und Merkel super Griespudding. Das wär doch was zum Neuanfang in der ganz normalen Realität! Für einige von ihnen soll es ja nach der Wahl eine andere Realität außer der normalen nicht mehr geben.
Das Interview zum Thema mit Kurt Scheel, Herausgeber des "Merkur - Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken", können Sie in der rechten Spalte als Audio hören.
Wie anders Politiker - könnte man meinen - aber weit gefehlt. Zwar sind wir mit vielen Details aus ihrem Leben vertraut, die uns alle beweisen sollen, wie fest verwurzelt unsere politischen Führungskräfte in unsere Realität ihr Dasein fristen. Zwar wissen wir, dass Gysi privat, Fischer "freiwillig gesetzlich" krankenversichert ist und Stoiber seine Frau "Muschi" nennt. Aber ist das etwa schon der Beweis irdischer Daseinsführung? Niemals! Allenfalls Nebelgranaten sind das, die geschickt darüber hinwegtäuschen sollen, dass Politiker trotz ihrer angeblichen Vorlieben für Saumagen und Currywurst mit Realität, wie wir sie kennen, nichts, aber auch gar nichts zu tun haben.
Sie können es gar nicht, wir lassen sie nicht. Dabei versuchen sie es immer wieder tapfer und scheitern immer wieder kläglich damit, ihre Normalität unter Beweis zu stellen, selbst im Nahrungsaufnahme-Vorbereitungsstadium - kurz genannt: einkaufen. Ich habe es selbst erlebt, zwei von ihnen wohnen bei mir um die Ecke, da bekommt man so einiges mit, ob man will oder nicht.
Den Bundestagspräsidenten beim Einkaufen auf dem schicken, teuren Wochenmarkt am Berliner Kollwitzplatz zum Beispiel, beim angeblichen Einkauf. Der Stoffbeutel, den Thierse dabei vor die Brust geklemmt hält, ist so winzig, dass er höchstens für drei Kiwis reicht. Dabei guckt er so böse, als würde er jeden Vertreter der Normrealität, der es wagen sollte, ihn anzutreffen, sofort erwürgen. Angst ist ihm ins Gesicht geschrieben, ja jetzt keine Probier-Falafel zum Probieren in den Bart gehalten, ja jetzt keine "superbillige Melone" aufgeschwatzt bekommen, und jetzt bloß nicht an den "Austernstand" vom Wessi-Küchenausstatter eingeladen werden.
Politikernachbar Nr. 2 ist der Bundesumweltminister, der vor kurzem dafür verantwortlich war, dass ich bei meinem Lieblingsitaliener eine geschlagene halbe Stunde länger auf meinen Tisch warten musste. Trittin saß traurig vor seiner halben Pizza und brachte keinen Ton raus, dafür erzählte seine weibliche Begleiterin um so mehr, während ihr brüllender Dreikäsehoch , geschickt den Pizzabelag über die Tischdecke verteilte. Kein schöner Anblick. Dabei hatte sich der Umweltminister bestimmt sicher total gefreut, endlich mal ein ganz normaler Sponti-Abend wie früher.
Nichts, aber auch nichts lassen Politiker und Politikerinnen unversucht, um den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. Auch auf anderen Feldern: Gerne gehen gerade Politikerinnen darum ganz normal auf Partys, ins Theater oder in die Oper, zum Beispiel in Bayreuth, Angela Merkel zum Beispiel: Fest hatte sie sich für dieses Jahr mal so einen richtig normalen Premierenbesuch bei sommerlicher Gluthitze vorgenommen. Und alles lief gut: Durchschnitts-Frisur, Durchschnitts-Begleitung, Durchschnitts-Altrosa-Abendkleid und darauf als unübertreffbarer Echtheitsbeweis von Erdverbundenheit und physischer Realität ein ganz durchschnittlich großer Schwitzfleck in der Achselhöhle. Keine Frage: Hier war eine Politikerin eine von uns geworden. Nur leider nicht für alle sichtbar: Das Bild wurde nachträglich von so manchem eifrigen Bildredakteur sorgfältig retuschiert und schon sah man nichts mehr von der schönen echten dunklen Stelle. Aus der Traum vom großen Einswerden. Man kann sich vorstellen, wie Merkels Imageberater getobt haben müssen, als sie der Fälschung gewahr wurden.
Ach, und sie würden so gerne wieder einmal eintauchen in die Realität, die Politiker und Politikerinnen, aber was tun wir? Wir gucken ihnen auf dem Markt in den Stoffbeutel, lassen unsere Kinder auf ihre Pizza los und retuschieren ihre Schwitzflecke.
Aber die Zeit wird kommen, da dürfen wir alles, alles wieder gut machen: Zur nachgeholten Wahl in Dresden nämlich: Wenn die Politiker schon vor Ort im Wahlkampf nachsitzen müssen, warum den Einsatz dann nicht wenigstens mit einem Geschenk versüßen: Der ganze Wahlbezirk wird zum Big-Brother-Camp für Volksvertreter.
Und das geht so: Jeder Wähler, jede Wählerin nimmt die Spitzenkandidaten ein paar Tage bei sich auf und lässt sie teilhaben am realen Kleinfamilienleben. Schröder soll ja prima Bratwurst machen können und Merkel super Griespudding. Das wär doch was zum Neuanfang in der ganz normalen Realität! Für einige von ihnen soll es ja nach der Wahl eine andere Realität außer der normalen nicht mehr geben.
Das Interview zum Thema mit Kurt Scheel, Herausgeber des "Merkur - Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken", können Sie in der rechten Spalte als Audio hören.