Wirtschaftsexperte zur Krise der Deutschen Bank

Die letzte Chance – zurück zum Kunden

06:29 Minuten
Die Zentrale der Deutschen Bank spiegelt sich in einer Glasfassade.
In der Schieflage geraten: Die Deutsche Bank war früher eine der größten Geldhäuser der Welt. © picture alliance/Boris Roessler/dpa
Max Otte im Gespräch mit Anke Schaefer · 08.07.2019
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600 Einkommensmillionäre unter den Beschäftigten, 20 Milliarden Bonizahlungen in zehn Jahren: Für die Deutsche Bank wurde das Investmentbanking zum Milliardengrab. Die Sparte zurückzufahren, sei "richtig und notwendig", sagt der Ökonom Max Otte.
Weltweit 18.000 Jobs wird die Deutsche Bank bis 2022 streichen. Das kündigte der Aufsichtsrat am Sonntag an. Viele davon im Bereich Investmentbanking, den die Deutsche Bank drastisch zurückfahren will.
Der Kapitalmarktexperte Max Otte begrüßt diesen Schritt als "einzig mögliche Strategie", um die Bank aus der Krise zu führen. "Richtig und konsequent ist es. Ob es dann letztlich Erfolg verspricht, wird sich zeigen müssen."

20 Milliarden wurden an Boni gezahlt

Dass die Kürzungen vor allem die Sparte Investmentbanking trifft, hält Otte ebenfalls für richtig: "Meine Position ist, dass das Investmentbanking sowieso hypertrophiert war, also zu aufgebläht – weltweit."
Außerdem extrem kostspielig: "Die Deutsche Bank hat im letzten Jahr immer noch über 600 Einkommensmillionäre gehabt, ein Großteil davon im Investmentbanking", sagt er. Zum Vergleich: die britische HSBC-Bank habe nur die Hälfte an Einkommensmillionären unter ihren Beschäftigten, obwohl sie größer sei als die Deutsche Bank: "Das zeigt, dass die Deutsche Bank, um da überhaupt noch mitzuschwimmen, sehr hohe Gehälter bezahlen musste."

Wieder näher am Kunden sein

Hinzukommen Otte zufolge hohe Bonizahlungen: "Die Bank hat in den letzten zehn Jahren über 20 Milliarden durch die Ausgabe neuer Aktien eingeholt", betont er. "Und auf der anderen Seite flossen über 20 Milliarden an Boni an Mitarbeiter wieder heraus. Und ein Großteil eben an Mitarbeiter im Investmentbanking."
Porträt des Wirtschaftswissenschaftlers Max Otte.
Letzte Hoffnung Kundennähe: Der Finanzmarktexperte Max Otte hält die neue Strategie der Deutschen Bank für eine gute Möglichkeit.© imago / APress
Auch für die Kultur innerhalb der Deutschen Bank sei die Schrumpfung der Investmentsparte gut, findet Otte. "Jetzt heißt es: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Deutschland werden wieder mehr respektiert und als Leistungsträger vielleicht auch nach vorne gestellt." Obwohl es ebenso da Entlassungen geben werde, räumt der Kapitalmarktexperte ein.
"Aber insgesamt ist es, glaube ich, der einzig mögliche Schritt, um wieder Partner für deutsche Unternehmen und auch deutsche Privatkunden zu werden und als solcher wahrgenommen zu werden." Diese Rückbesinnung auf das Näher-am-Kunden-Sein und das Basisgeschäft stünde der Deutschen Bank gut an: "Das ist ihre letzte Chance."
(uko)
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