Wirtschaft und Corona

Investorenflucht aus den Schwellenländern

05:32 Minuten
Das Foto zeigt eine Straßenszene aus Kalkutta.
Straßenszene in Kalkutta: Die Schwellenländer wird Corona härter treffen als die Industrieländer. © picture alliance / ZUMA Press / Debarchan Chatterjee
Donata Riedel im Gespräch mit Anke Schaefer · 17.04.2020
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Die Welt steuert in eine heftige Rezession, warnt der IWF. Schwellenländer werden davon besonders betroffen sein, sagt die Journalistin Donata Riedel voraus. Sie glaubt zudem an eine Renaissance des Staates - und hofft auf weniger Ellenbogen.
Der Internationale Währungsfonds malt wegen der Coronakrise ein düsteres Zukunftsszenario: Er senkte diese Woche seine Schätzungen für die Weltwirtschaft so stark wie nie zuvor. "Die Welt hat sich in den vergangenen drei Monaten dramatisch verändert", hieß es im IWF-Weltwirtschaftsausblick. 2020 werde vermutlich die schlimmste Rezession seit der Großen Depression in den 1930er-Jahren bringen.
Die Handelsblatt-Journalistin und Finanzexpertin Donata Riedel richtet ihren Blick vor dem Hintergrund dieser Prognose vor allem auf die Schwellenländer. Für sie sei die momentane Situation besonders schwierig, weil sie nicht die finanziellen Mittel hätten, um sich gegen die Auswirkungen der Pandemie zu stemmen.

Die Geldgeber sind weg - von jetzt auf gleich

Zum einen seien die Gesundheitssysteme in den Schwellenländern nicht so gut ausgestattet wie die europäischen - "was dazu führt, dass wahrscheinlich dort mehr Menschen sterben werden". Damit werde es auch schwieriger, die Pandemie einzufangen, so Riedel.
Zum anderen zögen sich die internationalen Investoren immer, wenn in solchen Ländern eine Krise auftrete, "von jetzt auf gleich" zurück. Das führe dann dazu, dass plötzlich Devisen fehlten - und die Währungen gegenüber dem Dollar abstürzten.
Donata Riedel steht am Hans-Rosenthal-Platz in Berlin.
Sorge um die Schwellenländer: Handelsblatt-Journalistin Donata Riedel.© Deutschlandradio / Mirjam Wlodawer
Die Schulden der Länder, die zumeist in Dollar notiert seien, würden dann sehr teuer und könnten kaum noch bezahlt werden, analysiert Riedel. IWF und Weltbank flehten deswegen die reichen Länder inzwischen geradezu an, Schulden zu erlassen.
Die Krise zu überwinden werde bei den Schwellenländern sehr viel länger dauern als in Europa, ist die Journalistin überzeugt.

Der schützende Staat kehrt zurück

Grundsätzlich glaubt Riedel, dass sich die Welt durch die Krise verändern wird. Zwar werde der Glaube an die Marktwirtschaft bleiben. "Aber es wird natürlich stärker darauf geachtet werden, dass es den schützenden Staat wieder mehr geben wird."
Diskussionen über Kostenkürzungen im Gesundheitssystem werde es so schnell nicht mehr geben, der Staat werde wieder eine stärkere Rolle bekommen. Riedel hofft zudem, dass die Ellenbogenmentalität in den kapitalistischen Gesellschaften ein wenig nachlässt - und "dass in vielen Firmen eine neue Wertschätzung der Mitarbeiter einzieht".
(ahe)
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