"Wirklich kühne Perspektiven"

10.06.2011
Nach Ansicht von Eckhard Gillen, Kurator der letzten großen Heisig-Ausstellung, sind die Bilder des heute verstorbenen DDR-Künstlers nicht so staatstragend, wie sie vordergründig erscheinen mögen.
Im Deutschlandradio Kultur verglich Gillen die Werke Heisigs mit religiöser Auftragsmalerei, bei der hinter dem offiziell vorgegebenen Thema oft ein zweites Thema durchschimmert: "Ich sah dann eben auch in vielen seiner Bilder gar nicht das Thema, das vordergründig da zu sehen war." So steckten in Heisigs Bildern zur Pariser Kommune beispielsweise auch "seine Auseinandersetzung mit dem Krieg, wo er ja als ganz junger Mann hinein kam, wo er sich verführen ließ". Damit habe sich Heisig gegen die offizielle Behauptung der DDR gewandt, man schaue nur nach vorn und es gehe allein um den Aufbau des Sozialismus, so Gillen.

Bei seiner Arbeit habe Heisig Reibung und Widerstand gebraucht, sagte Gillen ferner. "Seine Ideen entzündeten sich daran, dass es eben einen Auftrag gab, dass es eine Vorgabe gab und dass er die dann verändern konnte, dass er sich damit auseinandersetzen konnte."

Künstlerisch habe sich Heisig nie zufrieden gegeben, betonte Gillen: "Er hat immer wieder versucht, seine Mittel zu erweitern und kam dann eben zu einem expressiven Stil, der aber eben figurativ und erzählend auch war. Der aber versucht hat, wirklich kühne Perspektiven zu eröffnen, und nicht dem entsprach, was man eben erwartet hat vom sozialistischen Realismus." Gerade in der Grafik, der Lithografie, der Zeichnung habe Heisig "wirklich Bedeutendes" geleistet, meinte der Kunsthistoriker.

Positiv hob Gillen auch das Engagement Heisigs für seine Schüler hervor. Er habe die Schule vor staatlichen Eingriffen geschützt, was ihm seine Schüler bis heute zugute hielten: "Das, glaube ich, war die Möglichkeit für viele, da stark zu werden und zu lernen, sich nicht anzupassen."

Das vollständige Gespräch mit Eckhard Gillen können Sie in unserem Audio-on-Angebot bis zum 10. November 2011 als MP3-Audio hören.