"Wir wollen nicht die Hamas unnötig aufwerten"
Vor der Nahostreise der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton hat der SPD-Europaabgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler die Rolle der EU im Friedensprozess unterstrichen. Er verteidigte zugleich ihre Haltung, nicht mit Hamas-Vertretern zu sprechen.
Nana Brink: An den Friedensgesprächen zwischen Israel und Palästinensern haben sich schon ausgewiesene Nahost-Experten wie US-Vizepräsident Joe Biden die Zähne ausgebissen, wie bei seinem letzten Besuch Ende letzter Woche. Da wurde er ja von Israel mit der Ankündigung neuer Wohnungen im besetzten arabischen Teil Israels düpiert. Und die USA ist immerhin die potenteste Stimme im Nahost-Konflikt, wenn es um Israel geht.
Nun reist die EU-Außenministerin Catherine Ashton in die Region und zum ersten Mal wird das der Fall sein, und sie will die verfahrenen Friedensgespräche wieder in Gang bringen.
Doch bevor die EU-Außenministerin Catherine Ashton in den Gaza-Streifen reisen will und dort übrigens nicht mit der Hamas reden will, reist sie natürlich nach Israel, und ich spreche jetzt mit Wolfgang Kreissl-Dörfler. Er sitzt für die SPD im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments. Einen schönen guten Morgen!
Wolfgang Kreissl-Dörfler: Guten Morgen, Frau Brink.
Brink: Was kann die EU-Außenministerin Catherine Ashton in Israel bewirken?
Kreissl-Dörfler: Ich glaube, die EU-Außenministerin oder die Hohe Repräsentantin der Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union kann zum einen schon mal den gemeinsamen Standpunkt aller Außenminister und des Europäischen Rates vertreten, und sie weiß auch, dass sie die Unterstützung des Europäischen Parlamentes, die große Unterstützung des Europäischen Parlamentes hier hat.
Brink: Was heißt denn das konkret? In der Vergangenheit waren sich die Europäer ja nicht immer einig, und jetzt sagen Sie, sie sprechen mit einer Stimme?
Kreissl-Dörfler: Ja, das ist in der Tat so. Der spanische Außenminister, der auch den Ratsvorsitz führt, hat ja noch einmal sehr deutlich gemacht in Cordoba in der letzten Woche, dass er sehr wohl und klar und deutlich auch Israel auffordern will, die Abmachungen, die ja bisher getroffen waren, kein Siedlungsbau mehr – das ist ja auch so klar für Ost-Jerusalem -, dass das so eigentlich nicht hinnehmbar ist, und natürlich auch klar und deutlich ist, dass die EU sehr, sehr nachdrücklich den Wiederaufbau unterstützt und natürlich auch die Zwei-Staaten-Lösung.
Brink: Hat sich denn die EU auch in Gestalt der EU-Außenministerin so deutlich geäußert wie die Amerikaner? Immerhin hat ja Außenministerin Clinton in einem Gespräch mit Israels Präsident Netanjahu schon sehr deutliche Worte angesichts dieses neuen Siedlungsbaus geäußert.
Kreissl-Dörfler: Jetzt hat natürlich die Europäische Union eine andere Position nicht in der politischen Darstellung, sondern auch in ihrer Stärke und ihrer Aussagekraft wie die US-Regierung. Aber eines wird auch deutlich sein: Catherine Ashton spricht sich sehr gut auch mit Hillary Clinton ab, und sie wird auch die deutlichen Worte finden, so hoffe ich jedenfalls, die auch der Rat gefunden hat, dass Israel dieses Siedlungsbauten einstellen soll.
Brink: In der kommenden Woche soll es eine Wiederaufnahme der israelischen-palästinensischen Gespräche geben – sollte. Das ist nun sehr gefährdet. Man spricht von der schwersten Krise der letzten 20 Jahre. Catherine Ashton dringt ja auf eine Wiederaufnahme der Gespräche. Das klingt so wahr wie hilflos. Welche Unterstützung von Seiten Europas hat sie denn anzubieten?
Kreissl-Dörfler: Europa kann ja nach wie vor am Wiederaufbau und an der Ausgestaltung der Situation in Palästina ja auch mitwirken und entscheidend ist auch, dass die Konflikte, die ja existieren, auch regional zu lösen sind. Darum besucht ja Catherine Ashton auch Syrien, Jordanien, sie besucht auch Ägypten.
Es ist wichtig, dass wir auch deutlich machen als Europäische Union, wir sind bereit, weiter Hilfestellungen zu leisten - es gibt ja auch Handelsabkommen mit Israel – und dass wir natürlich auch darauf dringen, dass die Palästinenser selbst Mahmud Abbas in den Verhandlungen wieder unterstützen und ihm nicht dauernd in den Rücken fallen.
Brink: Nun reist sie ja – wir haben es gehört – auch in den Gaza-Streifen, will dort überprüfen, wie die Hilfsangebote, die Hilfsgelder aus Europa dort verwendet werden, aber sie spricht nicht mit der Hamas.
Kreissl-Dörfler: Es ist ja natürlich so, dass die Hamas jetzt wirklich eine fundamentale Organisation ist, eine fundamental-islamistische, und zum anderen ist es auch so, dass die EU schon überprüfen muss, was mit ihren Hilfsgeldern geschieht, gerade auch im Gaza-Streifen. Und wir wollen auch nicht die Hamas unnötig aufwerten. Das gehört auch mit dazu. Wir wollen sie auch nicht aufwerten, sondern für uns ist der Verhandlungspartner Mahmud Abbas von der Fatah.
Brink: Welche Druckmittel haben denn die Europäer überhaupt gegen beide Seiten, gegen Israel und die Palästinenser, um sie denn zu bewegen, an den Tisch der Gespräche zurückzukehren?
Kreissl-Dörfler: Ich glaube nicht, dass sich beide Seiten es leisten können, grundsätzlich auf die Europäer und die europäische Vermittlung zu verzichten. Wir haben ja eine klare Nachbarschaftspolitik für den Mittleren und Nahen Osten, und wir verhandeln ja auch mit Ägypten, mit Syrien, mit Jordanien und anderen Staaten dort, und Catherine Ashton wird auch weiterreisen nach Moskau, wo es das Vierertreffen wieder geben wird, EU, Russland, USA und die Vereinten Nationen, und da sprechen wir sehr wohl mit einer klaren und deutlichen Stimme und wir repräsentieren ja 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern.
Brink: Sie haben es erwähnt: Am Ende ihrer Nahost-Reise wird Ashton in Moskau am Treffen des Nahost-Quartetts teilnehmen. Das Nahost-Quartett vereint die EU, die USA, Russland und die Vereinten Nationen. Dort soll die Initiative wiederbelebt werden. Was soll Europa da anbringen?
Kreissl-Dörfler: Europa soll zum einen seine wirtschaftliche Kraft mit einbringen und natürlich auch die Fähigkeit, mit vermitteln zu können auch als neutraler Gesprächspartner. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir zum Beispiel den brasilianischen Präsidenten stärker mit ins Spiel bringen, der ja sehr gute Kontakte im Nahen Osten auch hat.
Es ist noch einmal klar und deutlich zu machen, dass der Konflikt nur regional letztendlich gelöst werden kann. Hier kann die Europäische Union mit einer Stimme sprechen, die Unterstützung mit einbringen, aber auch klar und deutlich machen, dass sie ein völkerrechtswidriges Vorgehen nicht dulden wird. Auch das haben wir.
Brink: Also wie den israelischen Siedlungsbau?
Kreissl-Dörfler: Zum Beispiel, der ja nicht abgedeckt ist, und Ost-Jerusalem ist in dieser Form ja auch nicht von der EU mit anerkannt worden. Eines ist schon klar: manchmal gewinnt man den Eindruck, dass es Leute gibt – ob das jetzt in Palästina ist, oder auch in Israel -, die eigentlich an einem Friedensprozess und einer Zwei-Staaten-Lösung nicht interessiert zu sein scheinen. Auch das muss man sich einmal ansehen, was denn da passiert.
Brink: Catherine Ashton als neue EU-Außenministerin verfügt über wenig diplomatische Erfahrung. Ist das in dieser verfahrenen Situation gerade in einer Region wie im Nahen Osten nicht ein Makel?
Kreissl-Dörfler: Ich würde nicht sagen, dass sie nicht über die Erfahrung verfügt. Sie hat ja als Kommissarin für den Außenwirtschaftsbereich schon einiges auch an Erfahrungen sammeln können. Außerdem repräsentiert sie ja den Rat und die Kommission der Europäischen Union und zum anderen ist auch eines sehr deutlich: Wichtig ist – und das ist ja nicht einfach, das zu repräsentieren -, dass die 27 Außenminister und die 27 Regierungschefs der EU mit einer Stimme sprechen, und wenn ich mir ansehe, wie Guido Westerwelle durch Lateinamerika getourt ist, dann hat sie ein hohes Maß, ein wesentlich höheres Maß an politischer Erfahrung und am Vorgehen.
Brink: Wolfgang Kreissl-Dörfler, er sitzt für die SPD im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments, und wir sprachen über die Nahost-Reise der EU-Außenbeauftragten Ashton. Vielen Dank für das Gespräch.
Kreissl-Dörfler: Ja, dankeschön.
Nun reist die EU-Außenministerin Catherine Ashton in die Region und zum ersten Mal wird das der Fall sein, und sie will die verfahrenen Friedensgespräche wieder in Gang bringen.
Doch bevor die EU-Außenministerin Catherine Ashton in den Gaza-Streifen reisen will und dort übrigens nicht mit der Hamas reden will, reist sie natürlich nach Israel, und ich spreche jetzt mit Wolfgang Kreissl-Dörfler. Er sitzt für die SPD im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments. Einen schönen guten Morgen!
Wolfgang Kreissl-Dörfler: Guten Morgen, Frau Brink.
Brink: Was kann die EU-Außenministerin Catherine Ashton in Israel bewirken?
Kreissl-Dörfler: Ich glaube, die EU-Außenministerin oder die Hohe Repräsentantin der Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union kann zum einen schon mal den gemeinsamen Standpunkt aller Außenminister und des Europäischen Rates vertreten, und sie weiß auch, dass sie die Unterstützung des Europäischen Parlamentes, die große Unterstützung des Europäischen Parlamentes hier hat.
Brink: Was heißt denn das konkret? In der Vergangenheit waren sich die Europäer ja nicht immer einig, und jetzt sagen Sie, sie sprechen mit einer Stimme?
Kreissl-Dörfler: Ja, das ist in der Tat so. Der spanische Außenminister, der auch den Ratsvorsitz führt, hat ja noch einmal sehr deutlich gemacht in Cordoba in der letzten Woche, dass er sehr wohl und klar und deutlich auch Israel auffordern will, die Abmachungen, die ja bisher getroffen waren, kein Siedlungsbau mehr – das ist ja auch so klar für Ost-Jerusalem -, dass das so eigentlich nicht hinnehmbar ist, und natürlich auch klar und deutlich ist, dass die EU sehr, sehr nachdrücklich den Wiederaufbau unterstützt und natürlich auch die Zwei-Staaten-Lösung.
Brink: Hat sich denn die EU auch in Gestalt der EU-Außenministerin so deutlich geäußert wie die Amerikaner? Immerhin hat ja Außenministerin Clinton in einem Gespräch mit Israels Präsident Netanjahu schon sehr deutliche Worte angesichts dieses neuen Siedlungsbaus geäußert.
Kreissl-Dörfler: Jetzt hat natürlich die Europäische Union eine andere Position nicht in der politischen Darstellung, sondern auch in ihrer Stärke und ihrer Aussagekraft wie die US-Regierung. Aber eines wird auch deutlich sein: Catherine Ashton spricht sich sehr gut auch mit Hillary Clinton ab, und sie wird auch die deutlichen Worte finden, so hoffe ich jedenfalls, die auch der Rat gefunden hat, dass Israel dieses Siedlungsbauten einstellen soll.
Brink: In der kommenden Woche soll es eine Wiederaufnahme der israelischen-palästinensischen Gespräche geben – sollte. Das ist nun sehr gefährdet. Man spricht von der schwersten Krise der letzten 20 Jahre. Catherine Ashton dringt ja auf eine Wiederaufnahme der Gespräche. Das klingt so wahr wie hilflos. Welche Unterstützung von Seiten Europas hat sie denn anzubieten?
Kreissl-Dörfler: Europa kann ja nach wie vor am Wiederaufbau und an der Ausgestaltung der Situation in Palästina ja auch mitwirken und entscheidend ist auch, dass die Konflikte, die ja existieren, auch regional zu lösen sind. Darum besucht ja Catherine Ashton auch Syrien, Jordanien, sie besucht auch Ägypten.
Es ist wichtig, dass wir auch deutlich machen als Europäische Union, wir sind bereit, weiter Hilfestellungen zu leisten - es gibt ja auch Handelsabkommen mit Israel – und dass wir natürlich auch darauf dringen, dass die Palästinenser selbst Mahmud Abbas in den Verhandlungen wieder unterstützen und ihm nicht dauernd in den Rücken fallen.
Brink: Nun reist sie ja – wir haben es gehört – auch in den Gaza-Streifen, will dort überprüfen, wie die Hilfsangebote, die Hilfsgelder aus Europa dort verwendet werden, aber sie spricht nicht mit der Hamas.
Kreissl-Dörfler: Es ist ja natürlich so, dass die Hamas jetzt wirklich eine fundamentale Organisation ist, eine fundamental-islamistische, und zum anderen ist es auch so, dass die EU schon überprüfen muss, was mit ihren Hilfsgeldern geschieht, gerade auch im Gaza-Streifen. Und wir wollen auch nicht die Hamas unnötig aufwerten. Das gehört auch mit dazu. Wir wollen sie auch nicht aufwerten, sondern für uns ist der Verhandlungspartner Mahmud Abbas von der Fatah.
Brink: Welche Druckmittel haben denn die Europäer überhaupt gegen beide Seiten, gegen Israel und die Palästinenser, um sie denn zu bewegen, an den Tisch der Gespräche zurückzukehren?
Kreissl-Dörfler: Ich glaube nicht, dass sich beide Seiten es leisten können, grundsätzlich auf die Europäer und die europäische Vermittlung zu verzichten. Wir haben ja eine klare Nachbarschaftspolitik für den Mittleren und Nahen Osten, und wir verhandeln ja auch mit Ägypten, mit Syrien, mit Jordanien und anderen Staaten dort, und Catherine Ashton wird auch weiterreisen nach Moskau, wo es das Vierertreffen wieder geben wird, EU, Russland, USA und die Vereinten Nationen, und da sprechen wir sehr wohl mit einer klaren und deutlichen Stimme und wir repräsentieren ja 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern.
Brink: Sie haben es erwähnt: Am Ende ihrer Nahost-Reise wird Ashton in Moskau am Treffen des Nahost-Quartetts teilnehmen. Das Nahost-Quartett vereint die EU, die USA, Russland und die Vereinten Nationen. Dort soll die Initiative wiederbelebt werden. Was soll Europa da anbringen?
Kreissl-Dörfler: Europa soll zum einen seine wirtschaftliche Kraft mit einbringen und natürlich auch die Fähigkeit, mit vermitteln zu können auch als neutraler Gesprächspartner. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir zum Beispiel den brasilianischen Präsidenten stärker mit ins Spiel bringen, der ja sehr gute Kontakte im Nahen Osten auch hat.
Es ist noch einmal klar und deutlich zu machen, dass der Konflikt nur regional letztendlich gelöst werden kann. Hier kann die Europäische Union mit einer Stimme sprechen, die Unterstützung mit einbringen, aber auch klar und deutlich machen, dass sie ein völkerrechtswidriges Vorgehen nicht dulden wird. Auch das haben wir.
Brink: Also wie den israelischen Siedlungsbau?
Kreissl-Dörfler: Zum Beispiel, der ja nicht abgedeckt ist, und Ost-Jerusalem ist in dieser Form ja auch nicht von der EU mit anerkannt worden. Eines ist schon klar: manchmal gewinnt man den Eindruck, dass es Leute gibt – ob das jetzt in Palästina ist, oder auch in Israel -, die eigentlich an einem Friedensprozess und einer Zwei-Staaten-Lösung nicht interessiert zu sein scheinen. Auch das muss man sich einmal ansehen, was denn da passiert.
Brink: Catherine Ashton als neue EU-Außenministerin verfügt über wenig diplomatische Erfahrung. Ist das in dieser verfahrenen Situation gerade in einer Region wie im Nahen Osten nicht ein Makel?
Kreissl-Dörfler: Ich würde nicht sagen, dass sie nicht über die Erfahrung verfügt. Sie hat ja als Kommissarin für den Außenwirtschaftsbereich schon einiges auch an Erfahrungen sammeln können. Außerdem repräsentiert sie ja den Rat und die Kommission der Europäischen Union und zum anderen ist auch eines sehr deutlich: Wichtig ist – und das ist ja nicht einfach, das zu repräsentieren -, dass die 27 Außenminister und die 27 Regierungschefs der EU mit einer Stimme sprechen, und wenn ich mir ansehe, wie Guido Westerwelle durch Lateinamerika getourt ist, dann hat sie ein hohes Maß, ein wesentlich höheres Maß an politischer Erfahrung und am Vorgehen.
Brink: Wolfgang Kreissl-Dörfler, er sitzt für die SPD im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments, und wir sprachen über die Nahost-Reise der EU-Außenbeauftragten Ashton. Vielen Dank für das Gespräch.
Kreissl-Dörfler: Ja, dankeschön.