"Wir werden jetzt feiern!"

04.07.2012
"Wir haben ein neues Teilchen gefunden": Nach der Sensationsmeldung aus Genf spricht der CERN-Chef Rolf-Dieter Heuer im Interview über Higgs-Boson, die Grenzen unseres physikalischen Weltbildes und die Folgen des Fundes für die Wissenschaft.
"Wir haben ein neues Teilchen gefunden, das können wir klar sagen", sagte der Generaldirektor des Genfer Kernforschungszentrums CERN, Rolf-Dieter Heuer, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Die Evidenz dafür sei sehr überzeugend - und über die letzten anderthalb Jahre angewachsen. "Insofern habe ich da überhaupt keinen Zweifel."

Aus den Experimenten habe sich ergeben, dass es sich um ein Boson-Teilchen handeln müsse, sagte Heuer. Einschränkend fügte er hinzu: "Ich kann nur noch nicht sagen - ist es das Higgs-Boson, das zum Standardmodell gehört, oder ist es nur ein Boson, das noch Schwestern, Brüder oder Cousinen hat." Sollten sich verwandte Bosone entdecken lassen, würden damit die Grenzen des physikalischen Standardmodells überschritten.

Eine Folge der Entdeckung werde ein "erheblicher Wissensgewinn" sein, sagte der CERN-Direktor. "Wir werden mit der weiteren Untersuchung sehr viel mehr über das frühe Universum lernen."

Die verbreitete Bezeichnung "Gottesteilchen" hält Heuer für übertrieben. Andererseits spiele das Higgs-Boson-Teilchen tatsächlich eine ganz besondere Rolle. Es sei weder ein Kraft-, noch ein Materieteilchen, sondern einzigartig. "Es gehört mit zu den Ingredenzien dessen, was die Welt zusammenhält." Ohne das Higgs-Teilchen gäbe es keine Masse für die Elementarteilchen. Die Entdeckung werde unser tägliches Leben nicht beeinflussen, es werde aber das Denken über den Nutzen und die Möglichkeiten der Wissenschaft verändern.

Heuer hofft auf einen Schub für die Wissenschaft. Man brauche viel mehr junge Leute, die bereit seien, in die Forschung zu gehen. "Ohne Ingenieure, ohne Wissenschaftler kommen wir nicht weiter", sagte er. Heuer plädierte zudem für eine ausgewogene Balance von Grundlagen- und angewandter Forschung. Generell sei mehr Forschung vonnöten und auch "mehr Reden über Forschung", um für diese zu werben.

Sie können das vollständige Gespräch mit mindestens bis zum 04.12.2012 in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören. MP3-Audio


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