Winckelmann-Haus in Stendal

Geschlossenes Museum im Jubiläumsjahr

Sachsen-Anhalt, Stendal: Das Winckelmann-Museum in der Hansestadt Stendal. Eigentlich sollte das Museum in Stendal längst fertig saniert sein - schließlich wird 2018 das Jubiläum zum 250. Todestag des Archäologen gefeiert. Seit Juni 2017 wird das Museum umgebaut. Die dortigen Ausstellungen befassen sich mit dem Leben und Wirken des in Stendal geborenen Gelehrten und Archäologen Johann Joachim Winckelmann (1717 - 1768).
Aus 2,3 Millionen Euro Sanierungskosten wurden 3,3 Millionen für das Winckelmann-Museum in der Hansestadt Stendal. © picture alliance / dpa / Peter Gercke
Von Christoph Richter · 21.11.2018
Eigentlich sollte das seit drei Jahren geschlossene Geburtshaus des Archäologen Johann Joachim Winckelmann in Stendal längst fertig saniert sein. 2018 wird sein 250. Todestag gefeiert. Wegen Bauverzögerungen ist inzwischen von Insolvenz die Rede.
"Hier kommt man herein, das ist das große Freigelände − hier entsteht unser neuer Winckelmann-Park. Und hier sehen Sie den Glas-Gang, der das Familienmuseum und die Winckelmann-Ausstellung verbindet ."
Baustellenbesichtigung in Stendal. Max Kunze, Vorsitzender der Winckelmann-Gesellschaft und Archäologe, führt durch das Gelände. Überall Staub, Werkzeug, Baumaterialien. Nur Baulärm ist keiner zu hören.
"Wir eröffnen am 7. Dezember." − "Das passiert wirklich?" − "Definitiv", sagt Max Kunze fast ein wenig trotzig. Auch wenn die Arbeiten am Museum nur zäh vorangehen.
"Schauen Sie, wir sind das Winckelmann-Museum und die Winckelmann-Gesellschaft. Wir betreiben für die Stadt das Museum. Wir sind Mieter. Die Stadt ist der Vermieter. Wir sind für den Bau nicht zuständig."
Wegen der Bauverzögerungen ist inzwischen von Insolvenz die Rede. Die hofft aber die Betreiberin des Museums, die Winckelmann-Gesellschaft, noch abzuwenden.
"Ursprünglich war ja ein Eröffnungstermin im Mai anvisiert. Da hatten wir natürlich gedacht, im Winckelmann-Jubiläumsjahr Einnahmen zu bekommen. Wir leben davon, wir sind ein Verein. Wir müssen wirtschaftlich arbeiten, wir sind auf die Eintrittsgelder angewiesen, das entfällt alles."
Eine Schautafel zeigt die Pläne für den Umbau des Winckelmann-Museums in Stendal.
Eine Schautafel zeigt die Pläne für den Umbau des Winckelmann-Museums in Stendal.© Deutschlandradio / Christoph Richter

Eine Million Euro Mehrkosten

Ursprünglich waren 2,3 Millionen Euro für den Umbau veranschlagt. Doch der Boom der Bauwirtschaft hat die Preise nach oben getrieben. Das habe alle Kalkulationen über Bord geworfen, sagen die Verantwortlichen der Winckelmann-Gesellschaft. Aus 2,3 Millionen Euro Sanierungskosten wurden 3,3 Millionen.
Für den größten Teil der Mehrkosten ist das Land Sachsen-Anhalt aufgekommen. Die Stadt Stendal muss lediglich zehn Prozent des Nachschlags zahlen, insgesamt 100.000 Euro. 50.000 Euro hat man bereits zur Verfügung gestellt. Doch jetzt gibt es Streit um den Rest. Sachsen-Anhalts CDU-Kulturminister Rainer Robra kann mit dem Kleinmut der Lokalpolitiker wenig anfangen:
"Wir hatten die Stadt Stendal schon vor Monaten gebeten, uns frühzeitig über Probleme, die immer eintreten können, zu informieren. Es gibt immer Schwierigkeiten, an jedem Bau. Aber ich hätte mir eine andere Kommunikationskultur gewünscht. Und hoffe sehr, dass der Eröffnungstermin – im zweiten der großen Jubiläumsjahre – gehalten werden kann."
Zur Erinnerung: 2017 feierte man den 300. Geburtstag von Johann Joachim Winckelmann. 2018 jährt sich der Todestag zum 250. Mal. Klaus Schmotz, Oberbürgermeister von Stendal, möchte sich zum Streit um das Geld für das Winckelmann-Museum nicht äußern.
Erst nach mehrmaligen Interview-Anfragen steht Bauamtsleiter Georg Wilhelm Westrum zur Verfügung und weist die Kritik des Kulturministers zurück. Die Verzögerung der Sanierungsarbeiten seien einerseits den rasant gestiegenen Baukosten geschuldet, andererseits sei man unvorhergesehen auf morsche Balken und Grundwasserprobleme gestoßen.
"Es ist ein Altbau. Und man stößt beim Altbau immer wieder auf Dinge, die vorher nicht erkennbar waren. Man konnte nicht in der Tiefe analysieren, wie sieht es an der oder der Stelle aus."
Sachsen-Anhalt, Stendal: Das Schild am Eingang zum Winckelmann-Museum in der Hansestadt Stendal
Schwierige Zusammenarbeit?© picture alliance / dpa / Peter Gercke

Blockadehaltung der Stadträte?

Ein weiteres Problem: die höchst schwierige Zusammenarbeit mit der Winckelmann-Gesellschaft, die während der Arbeiten mit immer neuen Forderungen gekommen sei, so Westrum.
Die fehlenden 50.000 Euro will die Stadt Stendal – so ist in einer Beschlussvorlage nachzulesen – aus den Vergnügungssteuer-Einnahmen gegenfinanzieren. Doch ob der Stadtrat dem zustimmen wird, ist derzeit ungewiss. Gerade von Seiten der CDU gibt es offenbar Widerstände.
Die Blockadehaltung der Stadträte sei nur eine Seite der Medaille, sagt Linken-Politiker Wulf Gallert. Das ganze Hin und Her wäre vermeidbar gewesen, wenn man wie geplant bereits vor drei Jahren das Geld zur Verfügung gestellt hätte. Als Hauptschuldigen hat Gallert die SPD und deren früheren Kultusminister Stephan Dorgerloh ausgemacht.
"Er hat versucht, das Projekt richtig zu untergraben. Für ihn gab es nur ein kulturelles Projekt: Das war die Luther-Dekade. Und alles Geld, was im Landeshaushalt verfügbar war, sollte da reingehen."

Für Fans ein Wallfahrtsort

Dabei war auch Winckelmann ein wichtiger Wegbereiter. Er begründete den europäischen Klassizismus, betont Archäologe Max Kunze, der Herausgeber einer umfassenden Gesamtausgabe zu Winckelmann, die derzeit in Vorbereitung ist:
"Durch sein Werk und sein neues Denken für die Kunst zielte er auf eine neue Epoche, die Klassik, die Deutschland geprägt und die schönsten geistigen und kulturellen Blüten hervorgebracht hat."
Das Geburtshaus des Archäologen und Aufklärers Johann Joachim Winckelmann ist ein langgestrecktes Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert. Heute ein Museum. Auch wenn im Inneren nichts mehr original erhalten ist, für Winckelmann- und Archäologen-Fans ist es ein Wallfahrtsort. Im oberen Geschoss befindet sich eine weltweit einzigartige Forschungsbibliothek, die demnächst öffentlich zugänglich sein soll.
"Man findet alle Erstausgaben zu Winckelmann, auch die vielen ausländischen Ausgaben, die es gibt − bis hin nach China und Japan. Wir haben die ganze Literatur über Winckelmann, die Kunsthistoriker, Archäologen, die Kulturwissenschaftler oder Ästhetiker schreiben, alles das ist hier versammelt."
Die Türen dazu sind allerdings verschlossen, seit nun drei Jahren schon. Ob man das Museum und die Bibliothek am 7. Dezember öffnen wird, ist noch nicht sicher.
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