Wieder Krise in Wuppertal

Intendantin Abbrederis verlässt das Theater vorzeitig

Die scheidende Intendantin des Wuppertal Schauspielhauses, Susanne Abbrederis
Die scheidende Intendantin des Wuppertal Schauspielhauses, Susanne Abbrederis © picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd
Von Stefan Keim · 05.10.2016
Die Wuppertaler Bühnen kommen aus der Krise nicht heraus. Gerade erst ist die Oper wieder auf Erfolgskurs. Nun geht die Schauspielintendantin.
Sie hat wahrhaftig keine Bäume ausgerissen. Wegweisende künstlerische Arbeiten hat Susanne Abbrederis am Wuppertaler Schauspiel nicht gezeigt. Aber sie hat mit einem neunköpfigen Winzensemble ein Programm geboten, das einem großen Teil des Publikums gefiel. Die Auslastung in ihrer kleinen Spielstätte lag bei um die 80 Prozent. Dennoch geht sie zwei Jahre vor Ende ihres Vertrags – vor allem aus wirtschaftlichen Gründen.

Ausgehungertes Theater

Der Hintergrund: 2019 sind die Rücklagen der Wuppertaler Bühnen aufgebraucht. Dann bekommt das Dreispartenhaus ein dickes Problem. Denn die bankrotte Stadt hat ihre Zuschüsse gedeckelt. Sie werden nicht gekürzt, aber auch nicht erhöht. Auch die Tarifsteigerungen für die Mitarbeiter muss das Theater selbst tragen. Was bedeutet: Immer weniger Geld für die Kunst.

Das Beratungsunternehmen Actori hat ein Konzept entwickelt, mit dem der Spielbetrieb bis 2021 gesichert wäre. Dafür müssen die Bühnen höhere Einnahmen erzielen, runter gespart bis zum Existenzminimum wurden sie ja schon. Das Schauspiel sollte eine Premiere mehr herausbringen und öfter im Opernhaus spielen. Weil da mehr Zuschauer hinein passen als die 152 Leute im Theater am Engelsgarten, einer umgebauten Lagerhalle. Dazu sah sich Susanne Abbrederis anscheinend nicht in der Lage. So trennt man sich "im gegenseitigen Einvernehmen" im nächsten Sommer. Und Wuppertal braucht dringend eine neue Schauspielleitung.

Spießig und altbacken

Von Anfang war die Intendantin sehr zögerlich bei der Bespielung des Opernhauses. Mit neun Schauspielern ist das auch nicht so einfach. Ihr Scheitern in Wuppertal hat zwei Seiten. Einerseits: Es ist ein Irrglaube, man könne die Theater immer weiter aushungern und gleich bleibende Leistungen verlangen. An vielen Bühnen kämpfen die Theatermacher bis über die Grenze zur Selbstausbeutung hinaus, um das Angebot zu erhalten. Irgendwann geht selbst das nicht mehr. Andererseits: Ein kreativer Wahnsinn, wie ihn das noch kleinere Schlosstheater Moers immer wieder entfaltet, war in Wuppertal unter Leitung von Susanne Abbrederis nie zu spüren. Spielplan und Ästhetik wirken – mit gelegentlichen Ausnahmen – spießig und altbacken.

Wuppertal will eine Findungskommission einrichten. Das ist im Prinzip löblich, aber für nächsten Sommer einen seriösen Kandidaten zu finden, scheint abenteuerlich. Schließlich muss es jemand sein, der mit enormem wirtschaftlichem Druck klar kommt, ein überzeugendes künstlerisches Konzept bietet und sich von den unsäglichen kulturpolitischen Diskussionen in der Stadt nicht irre machen lässt.
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