Wie Tiere Krankheiten übertragen

Der Hund gehört nicht ins Bett!

Ein Hund liegt auf einem Bett und guckt entspannt in die Kamera.
Sieht süß aus - aber sollte eigentlich in seinem eigenen Bett schlafen © Unsplash/ Cheryl Senko
Hendrik Wilking im Gespräch mit Ute Welty · 03.02.2018
Haustiere sind gut für die Seele - für den Körper der Tierbesitzer allerdings nicht immer. Denn Hund, Katze & Co. können auch Krankheiten übertragen. Der Epidemiologe Hendrik Wilking verrät, von welchen Tieren das größte Infektionsrisiko ausgeht.
Hunde, die Campylobacter-Bakterien übertragen, Katzen, die vom Toxoplasmose-Erreger befallen sind - Haustiere können krank machen.
Auf das Halten von Haustieren muss man Hendrik Wilking vom Berliner Robert-Koch-Institut zufolge dennoch nicht verzichten - mit einer Ausnahme: In einem Haushalt mit Kleinkindern seien Reptilien "ungünstig", warnte der Epidemiologe im Deutschlandfunk Kultur. Denn Reptilien trügen Salmonellen und könnten diese auch auf Menschen übertragen. "Gerade Kleinkinder, die krabbeln und die halt noch viele Sachen in den Mund nehmen, können halt so hohe Dosen von Salmonellen abkriegen, dass sie auch wirklich erkranken."

Küssen verboten

Generell rät Wilking im Umgang mit Haustieren zu gewissen Vorsichtsmaßnahmen: So solle man die Schleimhäute vor Kontakt mit dem Tier schützen - Küssen sei verboten. Und ins Bett gehörten Hund & Co. auch nicht, meint der Epidemiologe, der aber Verständnis dafür hat, wenn sich Menschen nicht an diese Regel hielten:
"Tierbesitzer lieben ihre Tiere, und sie haben sie gerne. Dieser soziale Kontakt und auch diese Tier-Mensch-Bindung ist ja auch was sehr Positives, und dann neigt man natürlich als Tierhalter ganz schnell dazu, das Tier auch zu schmusen, zu küssen, mit ins Bett zu nehmen", sagt er. "Das Tier findet das natürlich auch ganz toll – es ist schön warm unter der Bettdecke, auch das Tier genießt natürlich die Tier-Mensch-Bindung." Man solle sich aber bewusst sein, dass damit ein gewisses Infektionsrisiko verbunden sei, mahnt Wilking.
(uko)

Das Interview im Wortlaut:
Ute Welty: Sie streicheln den Hund, und der Hund streichelt Ihre Seele. So weit, so gut, so bekannt. Tierbesitzer leben in der Regel gesünder als Nicht-Tierbesitzer: Sie bewegen sich mehr, sie tragen Verantwortung, und oft genug ergeben sich über das Tier auch andere Kontakte zu Menschen. Aber Tiere übertragen auch Krankheiten. Damit beschäftigt sich Dr. Hendrik Wilking, Epidemiologe und stellvertretender Leiter des Fachgebietes für Gastrointestinale Infektionen, Zoonosen und tropische Infektionen am Robert-Koch-Institut in Berlin. Guten Morgen!
Hendrik Wilking: Ja, schönen guten Morgen!
Welty: Sie kommen gerade von einer entsprechenden Tagung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover mit der schönen Überschrift "Von Mann und Maus – Haus- und Heimtiere im One-Health-Kontext". Welches Haus- oder Heimtier ist denn besonders kritisch in diesem One-Health-Kontext?
Wilking: Ja, davon abgesehen, wie Sie schon gesagt haben, dass die Tiere uns einen großen Nutzen bringen, sind eigentlich fast alle Tiere auch mit einigen gewissen gesundheitlichen Risiken verbunden und deren Haltung zu dem Tierhalter. Und da kann man jetzt kein einziges Tier festmachen, was jetzt irgendwie besonders riskant wäre, sondern es gibt halt so ein paar Infektionskrankheiten, die von unterschiedlichen Tieren auf ihre Besitzer übertragen werden können, und das haben wir hier auf der Veranstaltung beleuchtet und das noch mal für die Fachöffentlichkeit herausgestellt.

Bei unseriösen Hundehaltungen drohen Campylobacter

Welty: Im vergangenen Jahr haben ja vor allen Dingen die Campylobacter-Infektionen Schlagzeilen gemacht, auch in den USA, und dort eben verursacht durch erkrankte Hundewelpen. Wie groß ist denn das Risiko, wenn der Hund zum Beispiel im Bett schläft?
Wilking: Ja, das ist schon so, dass die Hunde eigentlich jetzt nicht dasselbe Schlaflager mit dem Menschen teilen sollten, so was sollte man vermeiden, gerade für die Übertragung von Durchfallerregern. Bei Campylobacter muss man vorweg sagen, dass die meisten Leute, die in Deutschland an Campylobacter erkranken, das erst mal aus Lebensmitteln kriegen und nicht von ihren Haustieren.
Aber Haustiere, die aus unseriösen Haltungen kommen, aus Massentierhaltung, die diese Hundewelpen zu kommerziellen Zwecken dann verschicken, die können solche Erreger haben – so was kommt gerade in den USA vor –, und die übertragen dann diese Bakterien beim Kauf sozusagen auch auf die Tierbesitzer, und die erkranken dann auch. Das zeigt auch immer, dass gerade der Tierschutz dort recht wichtig ist und auch einen Effekt haben kann. Durch eine vernünftige Tierhaltung schützt man das Tier und auch noch den Menschen.
Welty: Ich meinte aber auch in Ihrer Stimme eine gewisse Nachsichtigkeit zu erkennen, was das Thema Hund im Bett angeht. Täuscht der Eindruck?
Wilking: Ja, es ist natürlich so, die Tierbesitzer lieben ihre Tiere, und sie haben sie gerne. Dieser soziale Kontakt und auch diese Tier-Mensch-Bindung ist ja auch was sehr Positives, und dann neigt man natürlich als Tierhalter ganz schnell dazu, das Tier auch zu schmusen, zu küssen, mit ins Bett zu nehmen. Oder das Tier findet das natürlich auch ganz toll – es ist schön warm unter der Bettdecke, auch das Tier genießt natürlich die Tier-Mensch-Bindung. Aber natürlich darf man nicht ganz außer Acht lassen, dass damit halt auch gewisse Risiken verbunden sind, jetzt nicht nur bei Hunden, auch bei Katzen vielleicht für andere Erreger oder auch Reptilien. Das sollte man halt schon irgendwie bedenken und achthaben.

Schwangere und Katzen - da ist Vorsicht geboten

Welty: Die vielleicht bekannteste Erkrankung im Zusammenhang mit Katzen, das ist die Toxoplasmose, die vor allem für Schwangere gefährlich ist. Welche Personengruppen sollten ohnehin vorsichtig sein?
Wilking: Genau, bei Toxoplasmose sind es die Schwangeren, weil sich nämlich die Plasmaparasiten bei Infektionen der Schwangeren halt auf das Ungeborene übertragen können. Auch andere Personen sollten ein bisschen vorsichtig sein wegen Toxoplasmose, also auch stark immunsupprimierte Menschen, Menschen, die gerade ein neues Organ erhalten haben, also transplantiert haben. Dort kann es auch zu schweren Krankheitsverläufen kommen durch diese Parasiten, und einige Menschen versterben dort auch jährlich dran in Deutschland.
Welty: Würden Sie so weit gehen und sagen, lieber kein Tier, wenn Kinder in derselben Wohnung leben?
Wilking: Bis auf eine Ausnahme würde ich das nicht sagen, nein. Die Tiere …
Welty: Und die Ausnahme?
Wilking: … profitieren natürlich von der Tierhaltung und so. Die eine Ausnahme ist halt, so ganz kleine Kinder in demselben Haushalt mit Reptilien, das ist ungünstig. Reptilien tragen Salmonellen und können sie auf ihre Tierbesitzer übertragen. Das ist für uns Erwachsene und auch für ältere Kinder über fünf nicht so ein großes Problem, weil die es halt nicht in dieser Menge tun, als dass sie da krank werden. Aber gerade Kleinkinder, die krabbeln und die halt noch viele Sachen in den Mund nehmen, können halt so hohe Dosen von Salmonellen abkriegen, dass sie auch wirklich erkranken. So wird in einigen Ländern auch davon abgeraten, Reptilien in Haushalten mit Kindern unter fünf Jahren zu halten.

Exotische Tiere übertragen exotische Krankheiten

Welty: Die Deutschen sind ja längst über Hund, Katze, Maus hinaus und halten sich vermehrt eben auch exotische Tierarten, Reptilien zum Beispiel. Welche neuen Probleme schafft das?
Wilking: Natürlich gibt es einen gewissen Hang zu sehr ausgefallenen Haustieren. Man möchte sich vielleicht auch ganz gerne damit profilieren, exotische Tiere, vielleicht auch aus dem Ausland, und natürlich kann man sich damit auch Erreger, die vielleicht aus dem tropischen Bereich kommen, die erst mal hier nicht so heimisch sind, mit importieren.
Es gibt zum Beispiel einen Ausbruch von Affenpocken, den es mal gegeben hat in den USA, wo ein Nagetier aus Afrika in die USA als Haustier importiert wurde und dann in einer Haustierhandlung Hunde angesteckt hat, und diese Hunde wurden dann ziemlich weit in den USA verbreitet, verbracht. Tierbesitzer haben sich dann an diesen Hunden angesteckt, und da sind halt ziemlich viele Leute an diesen Affenpocken in den USA erkrankt. Das zeigt halt auch, dass natürlich bei ein bisschen ausgefallenen Tiere, exotischen Tiere auch ein gewisses Infektionsrisiko mit einhergeht.

Kontakt mit Schleimhäuten vermeiden

Welty: Wovon raten Sie dringend und grundsätzlich ab – Küssen verboten?
Wilking: Ja, der Kontakt mit Schleimhäuten, also jetzt Mund, zu den Tieren, also jetzt auch bei bestimmten Tieren – Vögeln, aber auch unsere klassischen Haustiere wie Hund und Katze – sollte vermieden werden. Es sollten auch getrennte Schlafbereiche geschaffen werden. Da sollte halt eine Trennung erfolgen, die irgendwie auch ein bisschen rational ist, und Schwangere sollten bei der Katzenhaltung speziell während ihrer Schwangerschaft aufpassen auf die Hygiene. Und bei kleinen Kindern sollte man aufpassen, weil die durch ihr Krabbeln und durch die Aufnahme über den Mund in ihrer Alterszeit besonders gefährdet sind.
Welty: Der Epidemiologe Hendrik Wilking kümmert sich um das gesunde Miteinander von Mensch und Tier. Dafür und für dieses Gespräch sage ich danke schön, wobei mich jetzt noch interessiert, ob Sie denn ein Haus- oder ein Heimtier haben?
Wilking: Nein, habe ich leider nicht. Meine Frau und meine Kinder, wir schaffen es leider nicht, in einer Großstadt wie Berlin jetzt ein Tier adäquat zu halten und haben uns gerade kein Heimtier angeschafft.
Welty: Auch Verzicht kann eine gute Entscheidung sein.
Wilking: Ja, aber auf der anderen Seite vermisse ich es auch ein wenig.
Welty: Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall, ob mit oder ohne Tier, vielleicht kommt ja eins zu Besuch, ein schönes Wochenende!
Wilking: Genau, vielen herzlichen Dank! Ihnen auch!
Welty: Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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