Wie ist der Euro noch zu retten?

27.04.2013
Portugal, Griechenland, Zypern … Die Liste der schwächelnden Eurostaaten wird immer länger. Wer ist der nächste? Wie viele milliardenschwere Rettungsschirme kann die EU noch aufspannen? Diese Fragen stellen sich immer mehr besorgte EU-Bürger, auch nach der umstrittenen Rettungsaktion für Zypern, bei der erstmals auch die Sparer zur Kasse gebeten werden.
"Der Euro war eigentlich eine gute Idee, nur zu wenige haben sie verstanden", sagt Heiner Flassbeck. Der Wirtschaftswissenschaftler und Buchautor war bis Ende 2012 Chefvolkswirt der UNCTAD, der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung in Genf. Seit Jahren warnt der streitbare Ökonom vor dem Auseinanderbrechen der Eurozone und nimmt dabei besonders Deutschland ins Visier. Wir Deutschen glaubten, dass wir die Musterknaben der Finanzkrise seien. In der Tat sei Deutschland am besten durch die Krise gekommen, aber nur, in dem wir uns folgenschwere Wettbewerbsvorteile erkauft hätten: durch eine rigide Sparpolitik, wettbewerbsverzerrende Dumpinglöhne – und damit durch eine hohe Exportquote. Wir lebten bewusst "unter unseren Verhältnissen", gäben Kredite an die Defizitländer, deren Märkte einbrächen – eine verhängnisvolle Schuldenspirale: "In der Krise wird der Gläubiger stark und der Schuldner schwach; der Gläubiger diktiert, was der Schuldner zu schaffen hat und begreift nicht, dass er der Teil des Prozesses ist."

Man müsse den schwachen Ländern Anreize bieten, positive Impulse, damit sie ihren Binnenmarkt wieder stärken. "Wenn dies von innen nicht möglich ist, dann müssen sie aussteigen und ihre eigene Währung abwerten."

Dann aber rolle auch auf Deutschland "ein wirtschaftlicher Tsunami der höchsten Kategorie" zu. Ein schmerzfreier Ausstieg der Defizitländer, wie ihn die neue Partei "Alternative für Deutschland" propagiere, sei eine fahrlässige Illusion.

Sein Fazit: "Der Euro kann nur überleben, wenn alle Mitgliedsländer gleich wettbewerbsfähig sind. Das bedeutet: Die Löhne in Deutschland müssen deutlich steigen, um das Lohndumping der vergangenen Jahre auszugleichen. Außerdem muss man in ganz Europa die Sparprogramme einstellen und das Wachstum stimulieren. Sonst wird die Rezession unkontrollierbar, und die Schulden werden explodieren. Wenn die deutsche Regierung ihren Kurs nicht ändert, wird der Euro auseinanderfliegen."

Wie ist der Euro noch zu retten? - Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9:05 bis 11 Uhr mit dem Ökonomen Heiner Flassbeck. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800-22542254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:
Über Heiner Flassbeck