Wie die Seele einer Stadt

Von Karl-Ludolf Hübener · 03.07.2009
Hinter seinem mürrischen Wesen verstecke sich letztlich ein weiches Gemüt, so entschuldigten Bekannte den "Mann mit den traurigen Augen": gemeint ist Juan Carlos Onetti, geboren am 1. Juli 1909 in Montevideo. Andere beschrieben den Schriftsteller als humorvollen, schüchternen, trinkfreudigen und sarkastischen Mann. Legenden haben ihn begleitet bis zu seinem Exil in Madrid, wo er die letzten Lebensjahre im Bett zubrachte.
Eine düstere, beklemmende Atmosphäre prägt sein ganzes Werk. In seinen Romanen und Erzählungen geht es immer wieder um Geschichten des Scheiterns und der unerfüllten Liebe, um Gewalt, Einsamkeit, Altern und Tod. Schauplatz ist zumeist die fiktive Stadt Santa Maria, ein Mikrokosmos mit verfallenden Werften, schmutzigen Straßen und heruntergekommenen Bars. Es ist eine Welt der Dekadenz, in der man auch etwas von der "Schwermut Montevideos" (Onetti) entdecken kann.