Wie die fränkische Adelsdynastie ihren Einfluss sicherte

02.02.2009
Erika Bestenreiner erzählt spannend und mitreißend vom Schicksal der Frauen aus dem Hause Coburg. Die fränkische Adelsdynastie schaffte es dank einer klugen Heiratspolitik, bis an die Spitze der mächtigsten Herrscherhäuser Europas vorzudringen.
Sie machten es alle: die Wittelsbacher, die Habsburger, die Bourbonen. Durch geschickte Heiratspolitik vermehrten sie den Einfluss ihrer Dynastien. Die Hohenzollern schafften es auf diese Weise sogar, aus dem weit verzweigten Fleckenteppich ihres Landes - ohne den Einsatz von Militär - ein zusammenhängendes Ganzes zu zimmern, das Königreich Preußen. Da wundert es nicht, wenn auch die kleineren Herzogshäuser zu diesem probaten Mittel griffen, um auf dem europäischen Parkett mitzuspielen.
Eine besonders glückliche Hand darin hatte eine unbedeutende Seitenlinie der Wettiner, das Haus Sachsen-Coburg-Gotha. Ab dem 18. Jahrhundert gelang es ihnen, innerhalb von nur drei Generationen auf die Throne Europas hoch zu heiraten. Indem sie ihre schönen und klugen Töchter mit den Königs- und Kaiserhäusern Russlands, Österreichs und Englands vermählten, erlebten sie einen beispiellosen Aufstieg und vergrößerten so ihren Machtbereich.

Eine von ihnen hat sogar einer ganzen Ära ihren Namen gegeben: Königin Viktoria von Großbritannien. Die Tochter einer Coburgerin hatte ihren Cousin zum Gemahl, gleichfalls einen Prinzen aus dem Hause Coburg. Seit damals geht die britische Königsfamilie direkt auf die kleine fränkische Dynastie zurück. Aus politischen Gründen allerdings nahm sie während des Ersten Weltkriegs den englischen Namen Windsor an.

Auch die Kaiserin von Mexiko, Charlotte von Belgien war eine Coburgerin ebenso wie die Kronprinzessin Stephanie von Österreich, die als Frau des schwermütigen letzten Kronprinzen der Habsburger dessen Selbstmord zu ertragen hatte oder Prinzessin Maria von Großbritannien, die als Königin von Rumänien in die Annalen einging.

Die erste glanzvolle Partie auf dem noblen Heiratsmarkt war für Juliane von Sachsen-Coburg vorgesehen. Sie wurde 1796 mit einem Enkel von Katharina der Großen, dem russischen Großherzog Konstantin, verehelicht. Der tragische Fall Julianes, die seit ihrem Übertritt zum russisch-orthodoxen Glauben Anna Feodorowna genannt wurde, steht beispielhaft dafür, dass in den "Zwangsehen" den Vermählten kein Glück beschieden war. Sie hatte ein denkbar schlechtes Los gezogen.

Denn ihr Gemahl entpuppte sich als haltloser Wüstling, unter dessen Demütigungen und Gewaltanfällen sie dauerhaft litt. Doch für ihre Eltern war die Allianz ein Segen. Schließlich beglich Katharina II. alle Schulden des verarmten Herzogtums. An Scheidung war deswegen lange nicht zu denken. Erst Jahre später, nachdem Juliane sich dauerhaft nach Deutschland gerettet hatte, gab die spätere Zarin dazu ihr Einverständnis.
Erika Bestenreiner hat zahlreiche historische Biografien geschrieben, namentlich über die Habsburger, über Sisi oder die skandalumwitterte Luise von Toscana, die an der Seite des sächsischen Kronprinzen der Liebe ihres Lebens folgte. In sieben Lebensgeschichten erzählt sie vom Schicksal der Coburgerinnen. Die oft verworrenen Familienverhältnisse werden anschaulich geschildert.

Dabei richtet die Autorin ihr besonderes Augenmerk auf die Umstände, unter denen die arrangierten Ehen zustande kamen ebenso wie auf die Folgen, die sie für die Frauen bedeuteten. Auch wenn das grundsätzlich keine neue Erkenntnis bietet, so ist es doch immer wieder eindrucksvoll zu sehen, welch hohen Preis die europäische Aristokratie in ihrer glanzvollsten Epoche für Macht und Reichtum bezahlte.

Rezensiert von Edelgard Abenstein
Erika Bestenreiner: Die Frauen aus dem Hause Coburg. Aus dem fränkischen Herzogtum auf die Throne Europas
Piper Verlag, München 2008
320 Seiten, 19,90 Euro