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Berliner Beuth-Hochschule
Ein Antisemit als Namensgeber

Hochschulen schmücken sich gerne mit den Namen derer, die sich in Wissenschaft und Technik verdient gemacht haben. So auch die Hochschule für Technik in Berlin mit ihrem Namenspatron Friedrich Wilhelm Beuth. Der war Wegbereiter der Ingenieurwissenschaften - aber auch Antisemit, was nun für einen Streit sorgt.

Von Manfred Götzke | 18.01.2019
    Ein riesiger Schriftzug "Beuth Hochschule" in Berlin vor der Beuth Hochschule für Technik Berlin in Wedding.
    60 Meter lang, 2 Meter hoch - die Beuth-Hochschule in Berlion würdigt ihren Namensgeber mit einem monumentalen Schriftzug aus Beton. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene )
    Sein Name wurde in Beton gegossen. In sehr viel Beton. Zwei Meter sind die einzelnen Buchstaben hoch – der gesamte Namenszug 60 Meter lang. Wohl keine andere Hochschule in Deutschland hat ihren Namenspatron so monumental gewürdigt wie die Beuth-Hochschule in Berlin. Dumm nur, dass der ganze Beton eigentlich so schnell wie möglich entfernt werden müsste, ginge es nach einigen Professoren und Studierenden wie etwa AStA-Chef David Czycholl.
    "Ich denke, dass der Antisemitismus von Beuth nicht tragbar ist. Und die Hochschule sollte durch ein klares Statement gegen Beuth auch ein klares Statement gegen Antisemitismus setzen."
    Czycholl und seine Kommilitonen stehen vor dem großen Hörsaal, in den die Hochschule an diesem Nachmittag Historiker und Antisemitismusforscher aus ganz Deutschland eingeladen hat. Und verteilen Flugblätter: Anti-Beuth. Studentische Initiative für einen schönen Hochschulnamen, steht auf da drauf.
    "Einen Namen, der so belastet ist, wie den, weiter zu tragen, ist extrem schwer und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das ohne Probleme machen können. Was wir definitiv tun sollten, ist, den Namen weiter aufzuarbeiten."
    "Ich würde ihn eindeutig zu den Judenfeinden der Zeit zählen"
    Friedrich Wilhelm Beuth, ein preußischer Beamter aus dem 19. Jahrhundert gilt als Wegbereiter der Ingenieurwissenschaften. Er war aber auch Antisemit. Als preußischer Staatsrat und Ministerialbeamter ging er gegen die Judenemanzipation vor. 1811 hielt er außerdem eine antisemitische Rede vor der als judenfeindlich bekannten "Deutschen Tischgesellschaft". Darin wünschte er den Juden den Tod. Achim Bühl, Professor für Techniksoziologie hat das vor einigen Monaten eher zufällig herausgefunden, als er ein Seminar zum Antisemitismus in der deutschen Romantik vorbereitet hat.
    "Es hat etwas gedauert, dass bekannt wurde, dass von den Protokollen dieser Deutschen Tischgesellschaft nicht nur von Arnim betroffen ist, der dort eine antisemitische Rede gehalten hat und Brentano, das haben wir schon früher gewusst, sondern dass es auch eine antisemitische Rede von Beuth gibt."
    Historisch belegte Tatsachen, auf die auf dem Symposium auch Uffa Jensen hinweist. Er ist Antisemitismusforscher an der TU Berlin.
    "Als Antisemitismusforscher würde ich ihn eindeutig zu den Judenfeinden der Zeit zählen, deswegen halte ich die Problematisierung seiner Positionen und Handlungen für gerechtfertigt. Ich halte solche Prozesse wie jetzt hier an der Beuth auch für wichtig, dass man eben diskutiert und Wissen schafft. Wir wissen jetzt auch viel mehr über Herrn Beuth also noch vor fünf, sechs Jahren."
    Pro und Contra Beuth als Namensgeber
    Jensen will als Außenstehender der Hochschule die Entscheidung, ob man Beuth nun aus dem Hochschul-Namen nimmt, nicht vorwegnehmen. Er sagt aber auch: Eine Bildungseinrichtung habe eine andere Verantwortung als etwa ein x-beliebiges Unternehmen mit historisch belastetem Namen. Und dennoch gibt es an der Hochschule Widerstand gegen eine Umbenennung. Allen voran von Reinhard Thümer. Er war 2008, als die Fachhochschule zur Beuth-Hochschule wurde, ihr Präsident.
    "Ich halte mehr davon, wenn man an Namen von verdienten Menschen festhält, und es gibt ja keine Zweifel, dass es Verdienste gibt von Beuth. Nicht dass man den Antisemitismus leugnen soll oder so, sondern ich bin der Meinung, die Fakten, die man nachlesen kann, wenn man die vor einem Gericht äußern würde, dann wäre es ein Freispruch."
    Im Oktober hat der emeritierte Ingenieur eine umstrittene Stellungnahme zu Beuth vorgelegt, die zu ganz anderen Schlüssen kommt als Antisemitismusforscher Jensen. Seine Nachfolgerin, Rektorin Gross nennt die Stellungnahme einen "wichtigen wissenschaftlich neuen Beitrag" zur Debatte. Was wiederum Achim Bühl aufregt, den Soziologen, der die Beuth-Problematik überhaupt erst aufgedeckt hat.
    Beuth-Haus, Beuth-Saal, Beuth-Kult
    "Die Hochschule tut sich auch deshalb so schwer damit, weil hier jahrelang ein Beuth-Kult betrieben wurde: Wir haben hier ein Beuth-Haus, einen Beuth-Saal, eine Beuth-Halle. Wir wissen ja schon gar nicht mehr wo wir hingehen sollen, wenn uns eine Ortsangabe gemacht wird, weil mittlerweile sogar schon die Klos Beuth heißen. Mit diesem Beuth-Kult muss zumindest was den Namen betrifft Schluss sein."
    Eine Entscheidung für oder gegen Beuth wird es auch nach dem Ende des Symposiums heute Nachmittag nicht geben. Der von der Hochschulleitung ausgerufene "Beuth-Diskurs" wird mindestens bis Ende des Sommersemesters weitergehen – früher werde nicht entschieden, sagt die Hochschulchefin.