Westbalkan-Gipfel

Mit europäischer Perspektive die Vergangenheit hinter sich lassen

16.05.2018, Bulgarien, Sofia: Bojko Borissow, Ministerpräsident von Bulgarien, begrüßt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in der bulgarischen Hauptstadt
Annäherung: Bojko Borissow, Ministerpräsident von Bulgarien, begrüßt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Westbalkan-Gipfel in Sofia, wo die EU mit den Westbalkan-Staaten über ihre Beitrittsperspektive spricht © dpa / picture alliance / Stoyan Nenov/POOL Reuters
Theresia Töglhofer im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke  · 17.05.2018
Bereits seit zwei Jahrzehnten leben die Westbalkan-Staaten mit einer EU-Beitrittsperspektive. Allmählich vergehe dort der Europa-Enthusiasmus, warnt Theresia Töglhofer von der DGAP. Dabei bräuchten diese Länder gerade heute dringend die Unterstützung ihrer europäischen Nachbarn.
In Sofia fand heute der Westbalkan-Gipfel statt, auf dem sich die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedsländer mit den Regierungschefs der sechs Balkanländer trafen, die noch nicht Teil der Europäischen Union sind: Serbien, Montenegro, Mazedonien, Albanien, Bosnien und Herzegowina und das Kosovo.
"Diese Staaten haben seit fast 20 Jahren mittlerweile eine Beitrittsperspektive", sagt Theresia Töglhofer von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Schon heute wickelten sie über 60 Prozent ihres Handels mit der Europäischen Union ab und auch alles, was politische Reformen betreffe, sei auf einen EU-Beitritt ausgelegt, schätzt Töglhofer ein.
"Die Menschen schauen nach Europa und es gibt das Gefühl, dass man selber an der Peripherie ist", sagt Töglhofer, die selbst auch zeitweise in Kroation lebt. Doch man möchte teilhaben an den Versprechen der Europäischen Union wie Wohlstand oder Rechtssicherheit. "Man muss aber auch sagen, dass die Zustimmung zur Europäischen Union gesunken ist in den letzten Jahren." Der Enthusiasmus sei vor einigen Jahren spürbar gewesen, heute hingegen gebe es Zweifel, ob die EU sie überhaupt wolle.

Korruption bekämpfen und Justiz reformieren

Momentan verlassen vor allem junge, gutausgebildete Menschen diese Länder, die sich schwertun, dort Arbeit zu finden. "Das ist etwas, das sich in den letzten Jahren schon verschärft hat." Doch wenn man den EU-Beitrittsprozess voranbringen wolle, brauche man junge, gutausgebildete Menschen.
Ein Prozess der Vergangenheitsbewältigung in diesen Ländern sei dringend nötig, meint Töglhofer, und man sollte ihn auch nicht aufschieben. "Die europäische Perspektive trägt dazu bei, diese Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich andererseits mit ihr zu konfrontieren." Wichtig sei momentan deshalb vor allem, an der Rechtsstaatlichkeit zu arbeiten, dass die Korruption bekämpft wird und das Justizwesen reformiert, betont Töglhofer.
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