
Wenn Zicken zu viel über Sex reden
Neu im Kino: "Brautalarm"
Podcast abonnierenIn diesem doch recht öden Unterhaltungsfilm treffen ein paar überspannte, stutenbeißerische Damen aufeinander, die selbst dann niemandem vom Hocker reißen, wenn sie alle möglichen Details über ihr Sexleben ausbreiten.
Wirft man einen Blick auf die amerikanischen Mainstream-Leinwände, stellt man fest, dass Männer die Sau rauslassen dürfen, während Frauen in den so genannten romantic comedies schmachtend auf den Märchenprinzen zu warten haben. Das soll sich nun ändern! Auch die Frau soll sich schlecht benehmen dürfen, Spaß haben, dabei Tabus brechen und sich hemmungslos gehen lassen.
Die Heldin von "Brautalarm", der weiblichen Antwort auf "Hangover" heißt Annie. Sie ist ledig, nicht mehr ganz jung und gerade von ihrem Freund verlassen worden. Kristen Wiig, Comedy-Star der amerikanischen Fernsehshow Saturday Night Live spielt sie mit einer nicht unsympathischen Mischung aus staksiger Unsicherheit und Selbstironie.
Annie ist der leicht überforderte Frauentyp, der gerne auf selbstausgeworfenen Bananenschalen ausrutscht. Dass Lillian sie zur Trauzeugin machen will und ihr obendrein die Organisation ihrer Hochzeit anvertraut, scheint also nicht die beste Idee zu sein. Schon bei der Verlobungsfeier wirkt Annie unsicher und peinlich berührt. Das mag aber auch daran liegen, dass es bei den Partygesprächen mit seltsam prüder Penetranz um Sex und Sperma geht.
Zwar reden die Heldinnen in diesem Film ohnehin ausgiebig über Oralpraktiken und allerlei Sekrete, aber so verkrampft, so brav aufgesagt, dass keine wirkliche Komik aufkommen kann. Ansonsten geht es in "Brautalarm" um das, was man von Frauen im amerikanischen Unterhaltungsfilm offenbar erwartet: Zickenterror. Er beginnt als gnadenloser Kampf zwischen Annie und ihrer perfekt gestylten und als Familienmutter reüssierenden Konkurrentin Helen.
Wer ist die beste Freundin der Braut? Wer hat die besten Ideen für die Party? Wer führt die Brautjungfern ins coolste Restaurant? Annie, das will die Komödienlogik, zieht zunächst bei allen Duellen den Kürzeren Etwa als ihr "Geheimtipprestaurant" bei den Damen eine Lebensmittelvergiftung auslöst - die sich ausgerechnet im Luxusladen für Brautkleider mit einer Kotz- und Durchfallkatastrophe entlädt. Welches Frauenbild wird hier mehr oder weniger pointenlos verkauft? Das der stutenbeißerischen, um Anerkennung ringenden, ihre Konkurrentinnen gnadenlos bekämpfenden, hysterischen Profilneurotikerin.
Nichts gegen Frauen, die mit harten Bandagen in den Ring steigen. Aber angesichts des anarchischen Witzes, mit dem etwa eine Serie wie "Desperate Housewives" ihre Heldinnen regelrechte Vorstadtschlachten führen ließ, wirkt "Brautalarm" wie ein Lachsack ohne Luft. Und dass Gerede über Sex nicht per se komödientauglich ist, sondern unter anderem gutes Timing und eben auch ein gewisses Niveau braucht, wurde uns in "Sex and the City" aufs beste vorgeführt. "Brautalarm" beschränkt sich hingegen darauf, seine Figuren vorzuführen, statt solidarisch mit ihnen zu entgleisen.
USA 2011, Regie: Paul Feig, Darsteller: Kristin Wiig, Maya, Rudolph, Rose Byrne, 125 Minuten
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